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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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Mit Büchern kannte sich Graziellas Onkel bestens aus – und sie womöglich auch –, weshalb es sicher ein Leichtes für sie gewesen war herauszufinden, was mein Hammett wert war. Und wie viel er mir persönlich bedeutete, hatte ich in dem Interview ja mehrfach und ausdrücklich betont. Und dann hatte ich zu allem Überfluss auch noch eine neckische kleine Bemerkung darüber einfließen lassen, dass ich etwas mehr vom Einbrechen verstand, als ich gemeinhin zugab. Und obwohl das nicht gerade eine bahnbrechende Neuigkeit war – schließlich hatte ich bereits Jahre zuvor recht erfolgreich meine Memoiren veröffentlicht –, war mir nun klar wie Kloßbrühe, dass dieses charmante Kleinod journalistischer Glanzleistungen ausgereicht hatte, Graziellas Interesse an mir zu wecken – zumindest insofern, als dass sie beschloss, mein Talent auf die Probe zu stellen, indem sie mich mit einem kleinen Trick dazu brachte, in den Buchladen einzusteigen.
    Eitelkeit und Ego. Ich gebe es unumwunden zu, aber ich habe von beidem mehr als genug, und es war bestimmt nicht das erste Mal, dass sie sich gegen mich verschworen und ich mich unversehens bis zum Hals in einem dampfenden Misthaufen wiederfand.
    Mit ausgestrecktem Mittelfinger salutierte ich dem grienenden Schwachkopf in der Hochglanzbroschüre – mein Alter Ego, das so gedankenlos die Saat meiner heutigen Probleme gesät hatte. Ich sage Ihnen, sollte ich den Kerl je in die Finger bekommen, konnte er sich auf was gefasst machen.
    Fürs Erste jedoch wanderte das Heftchen wieder unters Bett und ich zurück in den Flur. Die Porzellankatze putzte sich immer noch vor der verschlossenen Tür, und ich bildete mir ein, in ihren Augen etwas aufblitzen zu sehen – einen Anflug von hochmütiger Überlegenheit, als kenne sie ein finsteres Geheimnis, von dem ich keine Ahnung hatte. Es juckte mir im Fuß, einen bedauerlichen kleinen Unfall zu provozieren, auszuholen und das kleine Drecksding mit einem genüsslichen Fußtritt in eine Trilliarde Scherben zerspringen zu lassen. Aber ich riss mich zusammen. Das wäre gemein und unnötig und würde zudem einen Höllenlärm machen. Und außerdem, bei meinem Pech würden die Überreste der grünen Knopfaugen noch unter den zerborstenen Porzellanscherben hervorlugen und mich süffisant anstarren, wie die letzte bissige Bemerkung eines zu meinen Ungunsten ausgegangenen Streitgesprächs.
    Angewidert verzog ich die Lippen und gab mir große Mühe, vollkommen unbeteiligt zu wirken, dann richtete ich den Strahl meiner Taschenlampe nach vorne und öffnete die Tür, die das Katzenviech bewachte. Dahinter erwartete mich ein weiterer Futon, diesmal als Sessel, auf dem sich zahllose plüschige Kissen tummelten. Daneben stand ein Sitzsack, davor ein Transistorradio. An der Wand hing ein auf Leinwand gezogener großformatiger Druck – das omnipräsente Porträt von Audrey Hepburn. Audrey rauchte eine Zigarette in einem langstieligen Halter, und wenn sie nicht aufpasste, lief sie Gefahr, dass die Asche auf die Wedel einer Grünlilie rieselte, die auf der darunter stehenden Konsole vor sich hin welkte.
    Ich drehte mich um und sah auf der anderen Seite des Zimmers eine Küchenzeile mit Einbauschränken und davor einen runden Tisch mit einer Tischdecke in fröhlich kariertem Gingham-Muster. Auf der lag ein Durcheinander aus Spielkarten, einige offen, andere verdeckt, und daneben ein Kartenschlitten aus Plastik. Zwei Weingläser standen da, neben einer halb vollen Flasche Bordeaux, und im Aschenbecher waren einige ausgedrückte Zigarettenkippen. Sah aus, als hätte Graziella noch ein bisschen mit ihrem haarigen Handlanger geübt, ehe die beiden das Casino ausgenommen hatten.
    Gerade wollte ich nach einer der Spielkarten greifen, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung mehr erahnte als sah, und als ich aufschaute, fiel mein Blick auf ein schief hängendes Schiebefenster oberhalb der Küchenspüle. Mein Taschenlampenstrahl spiegelte sich im Fenster, genau wie meine durchscheinenden Umrisse. Aber irgendwas an meinem verschwommenen Doppelgänger kam mir komisch vor – fast, als stünde da eine zweite Gestalt hinter der ersten, wie ein Geist in einem schlecht eingestellten Fernseher. Und dann, ganz plötzlich, war es gar nicht mehr komisch, sondern wurde abrupt und äußerst bedauerlich unkomischer, als ich es mir je hätte vorstellen können, weil mir nämlich jemand einen harten, trockenen Schlag gegen den Hinterkopf versetzte.
    Meine Beine gaben nach, und ich

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