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Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Titel: Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Luttmer
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ist, wenn du diesen Mörder nie findest?«
    »Natürlich erwische ich ihn.« Er klang nicht besonders überzeugend. Die Frage weckte seine schlimmsten Ängste.
    »Kannst du den Fall nicht einfach abgeben?«
    »Du meinst, ich soll mich erpressen lassen? Einfach aufgeben, weil ein Krimineller das so möchte?«
    »Ja.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Papa, du bist viel zu idealistisch.« Huong stützte ihr Kinn in die Hände und zog eine Schnute. »Gangster gibt es sowieso. Wenn du die einen verknackst, kommen die Nächsten.«
    Ly sah seine Tochter irritiert an. »Ich wusste nicht, dass du so zynisch sein kannst. Dafür bist du noch viel zu jung.«
    »Ich bin nur realistisch. Dein Beruf ist vollkommen überflüssig.«
    »Wie bitte?«
    »Was kann die Polizei schon ausrichten? Es geht doch immer nur ums Geld. Wer zahlen kann, den lassen sie laufen.«
    »Nicht alle Polizisten sind korrupt.«
    »Ja, du vielleicht nicht, weil Mama genug Geld verdient. Ohne Mamas Einkommen kämen wir aber nicht über die Runden. Dann könntest du es dir auch nicht leisten, keine Schmiergelder anzunehmen. Und futsch wäre dein Idealismus.«
    Ly schluckte. Meist liebte er Huongs Offenheit, aber manchmal erschreckte ihn ihre direkte Art.
    »Und letztendlich spielst du das Spiel doch auch mit«, fügte sie hinzu.
    Ly sah sie fragend an.
    »Du nimmst zwar nichts an, aber du verteilst. Und wenn du nur dem Arzt im Krankenhaus extra Geld gibst, damit er Großmutter gut behandelt. Da trägst du auch zu diesem System bei, über das du immer so schimpfst.«
    »Was sollte ich denn sonst machen?«
    »Nichts. Ich meine ja nur, dass du auch mitmachst«, sagte Huong und fügte etwas beleidigt hinzu: »Du könntest auch meiner Lehrerin mal was zustecken. Dann wäre das in der Schule alles viel einfacher für mich.«
    Ly zog die Brauen hoch. Um schnell das Thema zu wechseln, bevor er aus dieser Diskussion nicht mehr herauskam, sagte er: »Ich kenne da eine gute Bar. Hast du Lust?«
    »Klar.«
    *
    Ly musste eine Weile suchen, bis er die Barakudabar fand. Er war lange nicht dort gewesen. Sie lag versteckt in einer Seitengasse in Phuc Tan.
    Die meisten Tische waren unbesetzt. Nur am langen Tresen standen einige Gäste. Am Billardtisch stach eine Frau lustlos auf die Kugeln ein. Sie war blond und groß. Mit dem Queue in der Hand kam sie auf Ly zu und musterte ihn mit einem professionellen Lächeln. Ihr langes blaues Kleid betonte ihren Bauchansatz und ihre ansonsten schlanke Figur. »Na Süßer«, sagte sie mit hartem Akzent und ließ ihre violett lackierten Fingernägel über seine Brust gleiten. Dann sah sie Huong hinter ihm auftauchen, rollte genervt die Augen und verzog sich. Huong kicherte. »Eine russische Nutte. Wo bringst du mich denn hier hin? Wenn das Mama wüsste.«
    Ly war die Situation unangenehm. Er hatte die Bar nicht zwielichtig in Erinnerung. Beim letzten Mal hatten hier vor allem Ausländer herumgehangen und auf den Flachbildschirmen über der Theke Fußball geschaut. Russische Nutten waren ihm nicht aufgefallen. Und überhaupt,was war eigentlich los im Land des ehemaligen großen sozialistischen Bruders, wenn sich seine Frauen nun schon im armen kleinen Vietnam anboten?
    »Verrat bloß deiner Mutter nichts«, beschwor er Huong. Jetzt hatte sie mal wieder etwas gegen ihn in der Hand. Und so, wie er sie kannte, würde sie es zum geeigneten Zeitpunkt geschickt gegen ihn ausspielen.
    Er holte am Tresen Bier und Cola und schob seine Tochter durch den Raum auf die Terrasse. In den Bäumen leuchteten rote Lampions, die ein warmes Licht spendeten. Die Kühle des Stromes stieg zu ihnen auf. Sie waren hier genau zwischen den beiden Stadtbrücken. Über der Chuong-Duong-Brücke flimmerten die silberroten Fäden des Verkehrs. Die Long-Bien-Brücke lag ruhig und schwarz da.
    »Das wollte ich dir zeigen«, sagte er.
    »Abgefahren.«
    »Die einzige Bar der Stadt mit Terrasse zum Fluss.«
    »Davon sollten sie mehr bauen. Oder gleich eine Promenade wie in Saigon.«
    »Vergiss es. Der Fluss ist unberechenbar. Wenn es in den Bergen regnet, kann der Wasserpegel innerhalb weniger Stunden um mehrere Meter ansteigen. Die Terrasse hier müssen sie sicherlich jedes Jahr neu machen.« Die Hanoier hatten sich immer schon vom Roten Fluss abgewandt und ihn hoch eingedeicht.
    »Schade.«
    »Aber mein Kollege vom Wasserschutz könnte uns beide sicher mal mit auf eine Bootstour nehmen.«
    »Dieser Xuan, der immer bei Minh im bia hoi rumhängt?« Huong schaute ihn nicht besonders

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