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Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi

Titel: Schwarze Schiffe - Kommissar Ly ermittelt in Hanoi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Luttmer
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Tasche und rief im Präsidium an. Es sollte jemand zur Bar hinunterfahren, sich diesen Schuppen genauer ansehen, alle Gäste der Barakudabarüberprüfen und dann auch bitte gleich seinen Roller zurück ins Präsidium bringen. Außerdem sollten sie Xuan verständigen, damit er mit seinen Männern nach dem Schnellboot suchte. Er sollte endlich einmal seine Arbeit machen. Dann stellte er das Telefon aus. In dieser Nacht wollte er nichts mehr hören. Ly spürte die Hände des Cyclofahrers auf der Lehne über seinem Kopf und das weiche Rumpeln unter den Rädern. Er schloss die Augen und döste langsam weg.
    *
    Die Unruhe ließ Ly am nächsten Morgen nicht lange schlafen. Das Gefühl, dass ihm etwas entging, nagte immer mehr an ihm. Er stand auf und kochte sich einen Kaffee. Dann schaltete er sein Mobiltelefon ein und rief Xuan an. Er erreichte ihn nicht und hinterließ, dass er sich so schnell wie möglich bei ihm melden sollte. Kaum hatte er aufgelegt, klingelte es. Es war Thuy.
    »Ich habe die ganze Nacht versucht, dich zu erreichen. Wo warst du? Wer war diese Frau?«
    Thuy war vollkommen hysterisch, und es vergingen ein paar Sekunden, bis Ly wusste, wovon sie redete. Ihre Freundin, dieses Lästerweib, hatte sie angerufen und erzählt, dass sie Ly mit einer Frau im Hue-Restaurant getroffen hatte.
    »Ich war gestern Abend mit Huong unterwegs«, sagte Ly.
    »Und da stellst du dein Handy aus, ja?«
    »Na und?«
    »Gib mir Huong«, forderte sie mit schriller Stimme.
    »Sie schläft.«
    »Und diese Frau. Wer war das?«
    »Was willst du eigentlich? Du bist auch mit irgendwelchen Schweizer Kerlen unterwegs.« Den letzten Satz bereute er schon, während er ihn aussprach.
    »Meinst du vielleicht, mir macht das Spaß, andauernd von zu Hause weg zu sein? Damit ernähre ich die Familie. Und du, du hast nichts Besseres zu tun, als mit anderen Frauen … Ach Scheiße.«
    »Thuy, so habe ich das nicht gemeint. Da ist nichts. Sie ist eine Informantin«, sagte Ly, aber Thuy hatte schon aufgelegt. Ly war sich nicht sicher, ob sie seine versöhnlichen Worte noch gehört hatte. Was war er nur für ein Idiot. Er rief sie zurück, aber sie nahm nicht ab. Schlimmer noch, sie drückte den Anruf weg.
    Er versuchte es noch zweimal. Dann duschte er kalt und weckte Huong. Er wollte sie zu Minh bringen, bevor er ins Präsidium ging. Gestern Nacht hatten sie Glück gehabt, auch wenn dieser Vorfall wohl kaum etwas mit seinen Morden zu tun hatte. Trotzdem. Er durfte sich keine Unaufmerksamkeit mehr leisten. Als sie auf die Straße traten, beobachtete er die Umgebung genau, musterte Passanten und vorbeifahrende Fahrzeuge. Er hatte das unbestimmte Gefühl, beobachtet zu werden. Zu Fuß gingen sie die Thu-Xuong-Gasse hinunter, wo vor den Minihotels die Frühstücksstände aufgebaut waren. Sie entschieden sich für banh mi pa te , Baguette mit warmer Fleischpastete, und aßen im Gehen, etwas, das er eigentlich verabscheute.
    *
    Ly wartete, bis Huong in Minhs Wohnung verschwunden war. Dann nahm er den Weg vorbei am See des zurückgegebenen Schwertes. An seinem Ufer spielten Männer Mahjong. Es war stickig. Die Sonne kam an diesem Morgen nicht gegen die klebrige graue Dunstdecke aus Luftfeuchtigkeit und Abgasen an.
    Er sah sie zu spät. Sie hatte ihn bereits mit ihren kleinen, scharfen Augen entdeckt. Es blieb ihm auch nichts erspart. Mit offenen Armen stolperte eine seiner vielen alten Tanten auf ihn zu.
    »Ly, mein Lieblingsneffe«, rief sie und kniff ihn fest in die Wange, etwas, was Erwachsene bei Kindern taten. Er hatte das damals schon gehasst.
    »Tante, bitte, lass das.«
    »Komm, Ly, sei nicht so«, sagte sie und kniff gleich noch einmal zu. Ly sah sich um und hoffte, dass niemand sie beobachtete.
    »Erzähl, mein Neffe, welchem Gangster schnüffelst du gerade hinterher?«
    »Ich schnüffele nicht.«
    »Ach, bist du nicht mehr bei der Polizei?« Die alte Dame verschränkte die Arme vor der Brust, in ihren Augen blitzte es schelmisch.
    Ly musste jetzt doch lachen. Bevor er sich abwandte und weiterging, drückte er kurz ihre Hand. Eigentlich mochte er sie ja.
    In Höhe der kleinen, runden Kaffeebude gegenüber der Post entdeckte er seine Vespa, liederlich hingeworfen zwischen Fahrrädern und anderen Rollern auf der Ladefläche eines Pick-ups der Verkehrspolizei. Er fluchte. Die Vespa sollte längst im Präsidium stehen.
    Und überhaupt, wie gingen sie mit seinem schönen, alten Stück um?
    Der Fahrer des Wagens saß, sonnenbebrillt, hinter dem Steuer

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