Schwarze Schilde
dem Fluss flackerten zahlreiche, halb erloschene Lagerfeuer. Niemand kam ihnen entgegen, und im feindlichen Lager regte sich nichts.
Hael wies seinen Kommandeuren ihre Plätze zu. Er stellte sie von links nach rechts in den günstigsten Abständen zueinander auf. Den ganz außen gelegenen rechten Platz, der traditionell ein Ehrenplatz war, wies er Harakh und dessen Truppe zu, die überwiegend aus den erfahrensten Veteranen bestand. Sie waren der größten Gefahr ausgesetzt, wenn die Armee eingekreist wurde, denn dann stürmte der Feind gegen ihre ungedeckte Flanke an.
Urplötzlich erwachte das gegnerische Lager zum Leben. Trompeten, Trommeln und Flöten erklangen. Alarmrufe gellten durch die Luft. Endlich hatte man die Nevaner erspäht. Soldaten strömten aus den Zelten, stießen kriegerische Schreie aus und versuchten, sich in Kampfstellung zu begeben. Haels Armee war bedeutend geordneter, und jetzt verfingen sich die ersten Sonnenstrahlen auf den Bronzespitzen der langen Speere. Die Offiziere besaßen Langschwerter aus Bronze, deren Schneiden mit Stahl beschichtet waren. Hael dachte an das riesige Stahlvorkommen, das er in der Wüste entdeckt hatte und fragte sich, wie es sein mochte, eine noch größere Armee anzuführen, die mit Waffen aus Stahl ausgerüstet war. Eine derartige Truppe war sicherlich unbesiegbar, vorausgesetzt, sie wurde mit Verstand eingesetzt. Niemand konnte sich ihr entgegenstellen.
Die Omianer hatten den ersten Schrecken überwunden. Als sie vollständig versammelt waren, erkannten sie, wie klein die nevanische Armee war. Sie grölten und verspotteten die Gegner. Es wurden Kriegslieder angestimmt. Ein fetter Bursche auf einem Cabo stellte sich vor den Omianern auf und hielt eine Ansprache. Immer, wenn er eine Pause einlegte, erscholl lauter Jubel, und die Krieger schwenkten die Waffen.
Die Nevaner schwiegen. Jeder Mann hatte sein Schild vor sich gestellt, stützte sich mit einer Hand darauf und umklammerte mit der anderen den Speerschaft. Die Soldaten in den ersten drei Reihen trugen Bambusbrustpanzer, die mit Haut überzogen und mit Pech gestrichen worden waren, um Feuchtigkeit abzustoßen. Die Beine wurden durch Schienen geschützt, die Köpfe durch harte Lederhelme, die mit Bronzenieten besetzt waren. Die folgenden Reihen trugen keine Beinschienen. Die Krieger in den letzten Reihen waren mit Wurfspeeren bewaffnet und hatten nur leichte Schilde und Helme. Unter den Fußsoldaten befanden sich keine Bogenschützen.
Die Omianer schickten niemanden vor, um Verhandlungen zu führen. Der Sieg schien ihnen so sicher, dass sie keine Zeit mit Gesprächen verschwenden wollten. Trommelwirbel erklangen, und die Armee setzte sich in Bewegung. Die Offiziere schritten voran, wandten sich aber immer wieder um, traten ein Stück zurück, schwenkten die Schwerter und brüllten Befehle, um die Männer in Reih und Glied zu halten.
»Schilde hoch!« riefen die nevanischen Offiziere. Die Männer steckten die Arme durch die Riemen und hoben die ovalen Schilde bis fast in Augenhöhe. Pfeile flogen aus den Reihen der Gegner herüber. Hael fiel auf, dass die meisten von den Flanken abgeschossen wurden, wo die Bogenschützen – ausnahmslos ohne Rüstungen – ein Stück hinter den anderen Soldaten hergingen und hin und wieder stehen blieben, um zu schießen. Die Nevaner hielten sich die Schilde über die Köpfe, und so konnten die Pfeile wenig Schaden anrichten.
Hael hatte sein Cabo auf einem Hügel dicht hinter der Armee angehalten. Er blickte suchend zu den Feinden hinüber, konnte Gasams Truppen aber nirgends entdecken. Dann fiel ihm am anderen Ufer des Flusses etwas auf. Er zog das Fernrohr aus der Tasche und richtete es auf die Anlegestelle der Fähre. Dort stand ein hoher, nicht besonders standfest aussehender Turm, auf dem sich winzige Gestalten versammelt hatten. Dann griffen die Omianer an, und er hatte keine Zeit mehr, sich auf das Ufer zu konzentrieren.
Mit lauten Schreien stürmten die Omianer voran, Wurfspeere schleudernd. Nevanische Wurfspeere waren die Antwort, und dann trafen beide Armeen aufeinander. Gesenkte Speere stießen gegen Schilde, Schwerter fielen herab, Äxte schlugen zu. Die Omianer besaßen kaum Rüstungen, aber sie hatten längere Speere, die es den Gegnern erschwerten, sie zu erreichen. Hartnäckig verteidigten die Nevaner jeden Zoll des Bodens. Eine größere Gruppe der Gegner bewegte sich auf die rechte nevanische Flanke zu, wo die Krieger sich bemühten, die Schilde zwischen
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