Schwarze Schilde
wieder und wieder benutzen.
»Seht nur, mein König!« rief ein Krieger, der sein Cabo neben Hael zügelte. Er wies auf eine kleine Gruppe Männer, die am Ufer des Flusses stand. »Ein paar von ihnen sehen genauso aus wie Ihr!«
Überrascht blickte Hael in die gewiesene Richtung. Er sah hohe schwarze Schilde, hinter denen Männer standen, die aus Bronze gegossen zu sein schienen. Hael rief ein paar Häuptlinge zu sich und ritt im Schritt auf die Gruppe zu, die ihm mit trotzigen Blicken entgegensah. Es waren höchstens zwölf Männer, die zum Teil noch die geflochtenen Zöpfe der jungen Krieger trugen. Während der Schlacht waren sie Hael nicht aufgefallen. Sicherlich hatten sie im Lager gewartet.
Er hielt vor ihnen an und betrachtete sie prüfend. Endlich glaubte er, zwei der Krieger wieder zu erkennen. »Luo? Pendu? Seid ihr es wirklich?« Sie verzogen keine Miene. Konnte es sich bei diesen grausam aussehenden Burschen tatsächlich um die Freunde handeln, die sie einst gewesen waren? Allerdings hatte sich auch Hael verändert. Niemand blieb ewig jung.
»Hael!« stieß Pendu hervor, der sich nicht besonders erfreut anhörte. »Es stimmt also! Du bist zum Anführer feiger Bogenschützen und Caboreiter geworden.« Es war eigenartig, nach so vielen Jahren den heimischen Inseldialekt wieder zu hören.
»Diese Männer ritten um die halbe Welt, um heute hier zu kämpfen«, erklärte Hael. »Bringt ihnen Respekt entgegen. Eine armselige Begrüßung von zwei Brüdern aus der Nachtkatzengruppe.«
Luo schnaubte verächtlich. »Die alten Bruderschaften gibt es nicht mehr, Hael. In unserem neuen Leben ist kein Platz für sie. Du hast gut daran getan, damals zu fliehen. Ein Narr wie du hätte nicht lange zu leben gehabt, als unser König die Herrschaft übernahm.«
»Ich bin nicht geflohen«, erinnerte er sie. »Ich wurde verbannt. Dafür sorgten Gasam und Larissa. Sagt mir, hat Gasam es geschafft, ganz allein einen Langhals zu töten? Niemand außer mir war je dazu in der Lage, und ich bin sicher, daran hat sich bis heute auch nichts geändert. Immer ließ er andere das ausführen, was er nicht wagte.«
»Du redest wie der Knabe, der du einst warst, Hael«, entgegnete Pendu. »Gasam ist unser König, und er hat uns an die Macht geführt. Wer bist denn du dagegen?«
»Eine gute Frage. Wo ist Danats, mein alter Chabas-fastan?«
»Er ist tot«, antwortete Luo. »Im Kampf um die Inseln gefallen.«
Hael senkte den Kopf. Er und Danats waren wie Brüder gewesen. »Und Raba?«
»Raba führt eine Truppe Shasinn von den Gewitterinseln an. Er ist ein treuer Diener des Königs, und hat ebenso wenig Verwendung für dich wie wir«, antwortete Luo. »Los jetzt, Hael, wir sind Krieger und keine weißhaarigen Ältesten, die herumsitzen und über alte Zeiten schwatzen. Wirst du uns töten? Du bist zwar kein Shasinn mehr und hast sicher vergessen, wie man mit dem Speer umgeht, aber ich bin sicher, deine feigen Anhänger können uns aus sicherer Entfernung mit Pfeilen durchbohren.«
Als hätte er die Beleidigung nicht gehört, fragte Hael: »Was wurde aus Tata Mal?«
»Der König ließ ihn töten«, erklärte Pendu. »Gemeinsam mit allen anderen Geistersprechern. Sie waren seine Feinde, und als solche müssen sie sterben.«
»Dann hat er die Shasinn vernichtet«, sagte Hael tief betrübt. »Wir waren ein Volk der Sitten und Gebräuche. Die Geister herrschten über uns und teilten uns ihren Willen durch die Geistersprecher mit. Das hat Gasam zerstört. Es gibt auch keine Kriegerbruderschaften mehr? Auch keine Häuptlinge, nur noch Gasam. Keine Geistersprecher. Ihr seid die Werkzeuge eines einzigen Mannes geworden, eines Mannes, den ihr einst verachtet habt.«
»Das stimmt nicht!« widersprach Pendu, aber er hörte sich verunsichert an. »Wir sind ein Volk von Eroberern! Das hat uns unser König vor Augen geführt und durch seine Taten bewiesen. Die Geistersprecher hielten uns in Angst. Wir durften nichts unternehmen, weil wir immer Angst haben mussten, eines ihrer dummen Tabus zu brechen! Jetzt sind wir frei, minderwertige Völker zu unterdrücken und sie unter unseren Füßen zu zertreten.«
»Und wo ist dieser wunderbare Mann?« erkundigte sich Hael. »Ich sehe ihn nicht.«
Pendu lächelte grimmig. »Er war hier, ist aber in die Stadt des Sieges zurückgekehrt.«
»Hier?« wunderte sich Hael. »Wo denn?«
»Dort«, sagte Luo und deutete zum anderen Ufer hinüber. Unzählige Körper trieben auf den Wellen, einige schlugen wild
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