Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Schilde

Schwarze Schilde

Titel: Schwarze Schilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Stammes bewacht hatte. Er schritt eine halbe Stunde lang dahin, da er genügend Abstand zwischen sich, die Krieger und die Cabos bringen wollte.
    Dieses Vergnügen hatte er sich in den letzten Jahren nur selten gegönnt. Er genoss es, ganz allein mit seiner Umwelt in Verbindung zu treten. Als er weit genug gegangen war, blieb er stehen und öffnete dem Land Herz und Verstand. Unbewußt nahm er die typische Haltung seines Volkes ein: Er stützte sich auf den Speer, die Sohle des einen Fußes gegen das Knie des anderen gestemmt. Auf diese Weise standen die Shasinn stundenlang still und hatten so den Beinamen ›Storchenvolk‹ erhalten.
    Allmählich spürte er die Nähe etlicher Kreaturen. In der Steppe, in den Bergen oder auf seiner Heimatinsel konnte das geradezu überwältigend sein, aber hier verhielt es sich anders. Es gab weniger Tiere, und um diese Jahreszeit schliefen viele noch in ihren Höhlen. Die große Ansammlung von Menschen hatte viele Lebewesen erschreckt, und sie hatten sich zurückgezogen. Zu seiner Erleichterung hielten sich keine Erdfledermäuse in der Nähe auf. Seit jener ersten, schrecklichen Nacht waren sie ihnen nicht noch einmal begegnet.
    Etwas drängte sich in sein Bewusstsein, und er wandte das Gesicht nach Südosten. Da war es wieder: ein schwaches, beunruhigendes Gefühl, dass nicht unbedingt von einem Tier herrühren musste. Menschen? Nur selten verursachten Menschen diese Schwingungen, höchstens primitive Völker, die im tiefsten Wald oder im Hochgebirge hausten und der Natur noch eng verbunden waren – Menschen, mit denen verglichen die Matwas und Amsi bereits die Höhen der Zivilisation erklommen hatten. Aber jetzt fühlte es sich anders an.
    Er schritt in die Richtung, aus der ihn die Schwingungen erreichten; er spürte die Steine des Wüstenbodens unter den bloßen Füßen. Der Speer schwang bei jeder Bewegung mit, und Hael trabte eine Weile vor sich hin. Schließlich blieb er stehen. Es war noch immer da, in der Ferne, aber weiter weg, als er vermutet hatte. Er wäre der Sache gerne auf den Grund gegangen, wusste aber, wie dumm das sein würde. Seufzend drehte er sich um und ging zum Lager zurück. Wieder ein Geheimnis, aber er fühlte sich so gut wie ein Mann, der gerade Verbände von Augen und Ohren genommen hatte.
    Hael betrat das Lager und ging auf sein Zelt zu. Ein paar Häuptlinge erwachten. »Im Südosten ist etwas«, erklärte er. »Zu weit entfernt, um nachzusehen. Wahrscheinlich kommen wir morgen in Sichtweite. Haltet euch bereit.« Mit diesen Worten kroch er in das schlichte Zelt und rollte sich in seine Decke ein. Der Speer stand aufrecht wie ein stummer Wächter am Eingang. Die Häuptlinge zweifelten nicht an seiner Aussage. Sie alle wussten, dass Hael anders als andere Männer war. Er spürte Dinge, die niemand sonst wahrnehmen konnte. Wenn er sagte, Lebewesen befänden sich außer Sichtweite und würden sich nähern, dann stimmte es. Dies war einer der Gründe, weshalb sich so viele unterschiedliche, feindliche Stämme zusammengetan und ihre Streitigkeiten beigelegt hatten, um ihm zu folgen. König Hael verfügte über große, geheimnisvolle Kräfte. Diese Völker hatten keine Götter, glaubten aber an zahlreiche Geister. Und die Geister verliehen Hael Kraft.
    Am nächsten Morgen sandte Hael Späher nach Südosten. Sie hatten Befehl, so viel wie möglich herauszufinden und dann zurückzukehren. Für diese Aufgabe wählte er ausgesprochen zuverlässige Krieger aus. Gegen Nachmittag kehrten einige von ihnen zurück und berichteten, dass sie nichts entdeckt hatten. Das beunruhigte Hael. Er wusste, dass er sich nicht geirrt hatte. Und dieses Etwas hatte sich innerhalb einer oder zwei Meilen Entfernung aufgehalten. Vielleicht, dachte er, hat es sich vor Sonnenaufgang entfernt.
    Während des Tages ruhten sich die Männer aus, säuberten ihre Kleidung und Ausrüstung oder setzten Waffen instand und kümmerten sich um die Cabos. Sie striegelten das glänzende Fell, polierten oder färbten die Hörner und bemalten die Köpfe und Körper mit Zeichen, die böse Geister fernhalten sollten.
    Als das Abendessen zubereitet wurde, erschollen Rufe aus den Reihen der Wachen. Die Krieger, die im Wasser herumplantschten, beeilten sich, wieder in ihre Kleider zu kommen und ergriffen die Waffen. Hael sah sich besorgt um. Wo blieben die Späher?
    »Reiter nähern sich!« rief einer der Wächter.
    »Aus welcher Richtung?« entgegnete Hael.
    »Aus Südosten!«
    »Unterhäuptlinge!« rief

Weitere Kostenlose Bücher