Schwarze Schilde
Hael mit einer Stimme, die überall in der Oase zu hören war. »Sammelt eure Männer! Haltet euch bereit, um aufzusitzen, bleibt aber hier. Häuptlinge, sitzt auf und kommt zu mir.« Die Krieger beeilten sich, seinen Anweisungen Folge zu leisten. Ein junger Mann brachte das Cabo des Königs, und Hael sprang in den Sattel. Der gespannte Bogen und ein Köcher mit hundert Pfeilen hing bereit. Das Langschwert baumelte am Sattelknauf. Mit aufgestütztem Speer ritt Hael langsam zum südöstlichen Ende der Oase, von seinen Häuptlingen gefolgt.
»Sie sind in jener Senke, mein König«, erklärte der Wächter, als sie das offene Land überblickten. »Sie ritten entlang der tiefen Rinne, betraten sie und sind noch dort.«
»Wie viele?« wollte Hael wissen.
»Vierzig oder fünfzig, Herrscher, aber sie reiten auf …«
»Worauf reiten sie?«
»Seht nur!« schrie einer der Häuptlinge aufgeregt.
Die Reiter hatten die Rinne verlassen und erklommen den Abhang vor der Oase, ungefähr zweihundert Schritt von den Häuptlingen entfernt. Sie trugen weite Gewänder und hielten lange Lanzen in den Händen. Das interessierte die Beobachter nicht sehr, denn die Fremden ritten auf zweibeinigen Tieren.
»Was ist das?« fragte Jochim. »Mordvögel? Stäuber?« Die Mordvögel waren furchterregende Kreaturen und die schlimmsten Raubtiere der Steppe. Ihre Verwandten, die Stäuber, waren zwar ebenso groß, gehörten aber zu den Pflanzenfressern.
»Die Rasse habe ich noch nie gesehen«, sagte Hael. »Und ich habe auch nicht von Männern gehört, die auf Vögeln reiten. Cabos, Nusks und Buckler, aber doch keine Vögel.« Gebannt beobachtete er die sich nähernden Männer. Wenigstens vermutete er, dass es sich um Männer handelte. Unter den weiten Gewändern, die in den Farben der Wüste gehalten waren – grau, hellbraun, graubraun und schwarz – konnte man keine genauen Umrisse ausmachen. Eine Kapuze bedeckte die Köpfe der Reiter. Das Gefieder der Vögel entsprach farblich den Gewändern der Reiter, und sie bewegten sich mit seltsam hüpfenden Schritten, während die Köpfe bei jedem Schritt vor- und zurückpendelten. Wenn es sich nicht um Mordvögel handelte, musste diese Rasse jedoch eng mit ihnen verwandt sein. Nur die Schnäbel waren schmaler, und die Augen lagen tief in den knochigen Höhlen. Die Beine der Tiere waren weder so kräftig wie die der Mordvögel, noch so dünn wie die der Stäuber. Sie endeten in gefährlich aussehenden Klauen und wirkten, als seien sie zu großer Geschwindigkeit fähig.
Die Fremden ritten in einer scheinbar ungeordneten Gruppe, obwohl ein einzelner Reiter auf einem schwarzen Vogel sie anführte, während die übrigen ihm folgten. Urplötzlich, und – ohne dass Hael ein sichtbares Signal bemerkte – blieben alle Vögel stehen. Es war ein unheimlicher Anblick, als besäßen die Tiere nur ein einziges Gehirn. Dann ritt der Anführer ein Stück voraus und hielt an. Seine Gefährten blieben zurück.
»Ich reite ihm entgegen und rede mit ihm«, erklärte Hael. »Folgt mir und bleibt stehen, wenn ich es euch befehle. Ich werde unter vier Augen mit ihm sprechen.«
Die Cabos setzten sich gemächlich in Bewegung. Die Vogelreiter waren hundert Schritt von der Oase entfernt stehen geblieben. Zahlreiche Krieger tauchten hinter Hael und seinen Häuptlingen am Rande der Grünfläche auf. Sie hielten die Bögen mit gespannten Pfeilen lässig gesenkt. Hael wusste, dass kein Mensch und kein Vogel entkommen würde, wenn ihn die Fremden hinterhältigerweise angreifen sollten. Fünf Sekunden nach der ersten feindseligen Geste wären sie tot. Sie mochten sich in Sicherheit wiegen, aber bestimmt waren sie nie zuvor solchen Bogenschützen begegnet. Hundert Schritt war die Mindestentfernung für Neulinge, die Haels Armee beitraten.
»Bleibt hier stehen«, befahl Hael, als sie dreißig Schritt von dem Anführer der Fremden entfernt waren. Die Häuptlinge hielten an, und der König ritt weiter. Knapp drei Schritte vor dem Reiter zügelte er sein Cabo. Das Tier mochte den Vogel nicht, lehnte sich aber nicht gegen Haels Hilfen auf. Der Vogelreiter saß so reglos wie die Statue am Wasserbecken. Dann stieß er die Lanze mit dem Schaft in den Boden, wo sie leicht schwankend stecken blieb. Die daran befestigten bunten Bänder flatterten im Wind. Hael folgte seinem Beispiel. Der Fremde sagte etwas, und wiederholte es noch einmal. Beim zweiten Mal verstand Hael, dass es sich um einen Dialekt der Sprache des Südens handelte, die
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