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Schwarze Sonne Afrika

Titel: Schwarze Sonne Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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Seine Mutter ließ darauf die Spindel am Faden hinab. Dann setzte sich Ehoro schnell darauf, und die Mutter zog ihn nach oben. Als sie oben waren, setzte Ehoros Mutter ihnen eine große Schüssel mit Essen vor. Ehoro aß wenig. Ahun aber steckte immer nach einem Bissen für den Mund einen in die Tasche, bis auch die Tasche voll war. Als Ehoro und Ahun gegessen hatten, sang Ehoro: »Mutter! Mutter! Laß die Spindel hinunter, wir wollen wieder hinuntergehen!« Dann setzten sie sich auf die Spindel und fuhren wieder hinunter. Als sie unten waren, trennten sie sich. Ehoro ging auf seine Farm.
    Ahun aber lief in den Busch zum Erri (Elefant) und sagte: »Laß alle, alle Tiere zusammenkommen. Ich weiß einen guten Platz, wo es viel Essen gibt.« Der Erri rief alle Tiere. Alle Tierekamen zusammen. Als sie zusammengekommen waren, zog Ahun den Beutel mit der Speise Ehoros heraus und sagte: »Ist das nicht gute Speise?« Alle sagten: »Ja, das ist gute Speise.« Die Tiere sagten: »Gewiß ist das gute Speise.« Ahun sagte: »Wir alle haben unsere Mütter getötet, geschlachtet und aufgegessen. Nur Ehoro hat das nicht getan. Ehoro hat seine Mutter nahe am Himmel versteckt. Da macht sie ihm gute Speise. Jeden Tag fährt er zu ihr empor und läßt sich von ihr gute Speise geben. Wenn ihr wollt, können wir alle dahin gehen und es sehen!« Die Tiere sagten: »Gewiß wollen wir das sehen!« Ahun sagte: »So kommt mit!«
    Alle Tiere gingen mit Ahun zu der Stelle. Als sie dort angekommen waren, sang Ahun: »Meine Mutter, schicke die Spindel herab.« Ehoros Mutter dachte, es sei Ehoro dort unten, der sang, und ließ die Spindel am Faden hinab. Alle Tiere setzten sich schnell darauf und wurden in die Höhe gezogen. Als sie oben angekommen waren, schlugen sie Ehoros Mutter tot und schlachteten sie.
    Nach einiger Zeit hatte Ehoro seine Arbeit auf der Farm beendet. Er sagte (bei sich): »Ich bin hungrig und werde hingehen, um zu essen.« Er ging an die Stelle. Er sang: »Meine Mutter, schicke die Spindel herab!« Als die Tiere das hörten, ließen sie die Spindel hinab. Ehoro setzte sich darauf. Die Tiere zogen ihn hinauf. Dann töteten sie auch Ehoro selbst und schlachteten ihn. Sie aßen Ehoro und seine Mutter auf.
    Jeder, der etwas zu verbergen hat, soll es bei sich behalten und niemand, auch nicht seinem besten Freund, erzählen.

Die Nupe

    Die Yoruba sind auf dem rechtem Ufer des unteren Niger ansäßig, sie teilen sich mit dem Königreich Benin die heilige Stadt Ife. »Hier erblühte in alten Zeiten die schwarze Seele und Imagination zu schönster Reife, sie schuf Mythen, verfaßte Gebete und entwickelte herrliche Kunstformen« (L. S. Senghor 1971). Den Yoruba gegenüber, zwischen Niger und Benue, liegt das Land Nupe. Für die Ethnologen und Sagenforscher ist es kaum weniger interessant.
    1275 ist eine Dynastie des Nupelandes durch Invasion der Yoruba zerstört worden. König Edegi (1369 – 1437) machte Ost-Nupe frei von Tributen (an das Igarreich) und befreite dann West-Nupe vom Druck der Yorubaherrschaft. Lange Zeit galt Nupe als »das Bollwerk der atlantischen und der sudanischen Kultur gegen den Ansturm des Islam« (Frobenius), und ohne seinen Schutz wären auch die anpassungswilligeren Yoruba jener Religion ausgeliefert gewesen.
    Nupe hatte keinen Drang zu Eroberungen. Alte matriarchalische Vorstellungen lebten in ihm fort: beim jährlichen Totengedenktag, an dem manistische Priester die Ahnherren anriefen, sollen bei den einfachen Familien z. T. nur die Mütter erwähnt worden sein; bei regierenden Familien galt freilich die Abfolge der Söhne und Brüder. Wenig ist davonüberliefert, denn 1806 kamen die Fulbe ins Land und mit ihnen der Malem-Dando (islamische Autorität). Man verwüstete das Land und räumte mit den alten Sitten auf. Vordem hatten die Nupe Ereignisse ihrer Geschichte auf Leder geschrieben; mit dem Islam kam andere Schrift und Papier ins Land, und erst seit der Zeit datiert exakte Historiographie.

    Einem Priester des alten tellurischen Manismus, der sich vor den Fulbe in die Berge rettete, danken wir die Niederschrift der Herrscherabfolge. Denn bei jedem von ihnen hat er (wie im Jahresgebet) hinzugefügt, wie lange einer regiert habe. Dann wurde resümiert: »Söhne Edegis, die ihr 22 Köpfe durch 366 Jahre 9 Monate über die Nupe geherrscht habt. Malem-Dando hat euch (d. h. die Nachkommen) ausgewiesen.«
    Das aus alten Legenden und Jahresgebeten gebildete Geschichtswerk rankt sich um Edegi, der Nupe vom

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