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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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versuche, es aus meinen Gedanken zu vertreiben, Oleg ist nichts als ein blöder Macho, das kann er nicht ernst meinen. Er meint es ernst.
    Die Mensa füllt sich rasch mit Schülern aus allen Jahrgängen der Oberstufe, Fiona und Yuki steuern mit ihren Tabletts unseren Tisch an, zwei Plätze sind noch frei. Oleg stellt sein Gesicht zurück auf harmlos, springt auf, rückt ihnen die Stühle zurecht und lädt sie mit einer theatralischen Geste ein, sich zu setzen.
    »Der neue Lehrer ist der Hammer !«, beginnt Fiona sofort. »Stellt euch vor, wir haben ihn eben vor dem Sekretariat getroffen, als wir was wegen unseres Stundenplans fragen wollten. So ein cooler Typ, sag ich euch! Yuki fummelte so mit ihrem Handy rum, und ihr wisst ja: Die meisten Lehrer hätten es gleich einkassiert. Herr Schwarze ist da ganz anders! Er kam gleich so angeschlendert, hey, zeig mal, was für’n Modell hast du denn?, fragte er und ließ sich erst mal von Yuki alle Apps zeigen.«
    »Was ist daran cool?« Oleg verzieht das Gesicht. »Er ist ein Schleimscheißer. Macht einen auf lässig, tut so als ob er unser Freund sein will und duzt euch in der Pause. Ein Lehrer kann kein Freund sein. Das sind alles Arschlöcher, werdet ihr schon noch merken.« Wieder dieser Blick. Trotz der Hitze wird mir kalt, wenn ich ihn ansehe.
    »Brauchst du immer noch jemanden, der dich erzieht?«, kontert Fiona. »Schwarze hat doch selber gesagt, dass wir schon fast erwachsen sind, warum soll er dann nicht auch so mit uns reden? Er wollte wissen, wie viele Stunden wir heute haben und wo man hier in der Nähe essen gehen kann. Echt, mit dem kann man reden wie mit einem Kumpel!« Sie lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück und zupft ein paar ihrer roten Haarsträhnen zurecht. »Bin gespannt, ob wir den mal abends irgendwo unterwegs treffen. Könnt ihr euch vorstellen, wo er so hingeht?«
    »Bestimmt in ganz tolle Clubs«, vermutet Yuki und dreht nachdenklich ihre Spaghetti um die Gabel. »Achtzehn müsste man sein …!«
    »Kriegt mal eure Hormone wieder in den Griff, Mädels«, erwidert Oleg. »Der Mann ist euer Pauker, da läuft nix mit Engtanzen in der Schmusebar. Und wenn doch, kann er was erleben.«
    »Reg dich mal ab«, kontert Yuki. »Fiona hat nur gesagt, dass er ein sympathischer Lehrer ist. Keiner hat was an den Hormonen.«
    »Echt mal«, meint auch Büsra. »Denkst du, wir sind so blöd, uns in einen Lehrer zu verknallen?« Sie schnalzt mit der Zunge und schüttelt den Kopf.
    Ich wage kaum aufzuschauen. Schiebe meine Gabel in den Mund und wickle neue Spaghetti auf, wieder und wieder, kaue stumm, starre auf meinen Teller, ab und zu zwinge ich mich zu einem Lächeln oder Nicken, wenn das Gespräch am Tisch es erfordert. Meine Kehle fühlt sich an, als hätte ich einen Tennisball verschluckt. Es ist so ungerecht; Fiona und Yuki haben ihn getroffen, während ich den ganzen Tag vergeblich nach ihm suche. Alena langt mit ihrer Gabel in meinen Teller, will meine Pilzsoße probieren, sie selber hat Bolognese genommen, sie fragt mich nicht, sondern wickelt seelenruhig Nudeln auf ihre Gabel und schiebt sie sich in den Mund, fixiert mich dabei mit ihren Augen, zu lieb, zu dicht, zugleich provozierend, alles auf einmal, sie auch noch, ich komme mir vor wie im Fadenkreuz. Am liebsten würde ich aufspringen, nur raus hier, so weit weg wie möglich, niemand ahnt, was in mir vorgeht, was ist das nur für ein Chaos in mir? Wie leicht Fiona und Yuki Corvin in ein Gespräch verwickeln konnten und ich war nicht dabei, weil ich schon in Alenas Fängen hier gesessen habe; sie konnten mit ihm genauso locker reden wie ich vor wenigen Tagen im Flugzeug, vielleicht sogar noch unbekümmerter, Fiona mit ihrer irischen Herkunft hat vielleicht besonders viel mit ihm gemeinsam, er wird sie interessant finden, und ich muss zusehen, wie sie sich näherkommen. Oder Yuki mit ihrer stillen, vernünftigen Art, ihren sanften Mandelaugen.
    Ich muss ihn treffen, allein mit ihm reden, unbedingt. Ich muss wissen, woran ich bin, vielleicht fällt es mir leichter, ihn zu vergessen, wenn ich von ihm höre, dass ich mir alles nur eingebildet habe. Aber die letzten beiden Stunden habe ich Chemieunterricht, und auch auf dem Weg zum Labor begegne ich Corvin nicht. Vielleicht ist er schon weg.
    In den Tagen darauf bin ich in der Schule vor allem damit beschäftigt, mir nicht anmerken zu lassen, was in mir vorgeht. Irgendwie in den Alltag zu finden. Englisch haben wir im Moment noch durchgehend bei Frau Bollmann;

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