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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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gehen, gibt sich hilfsbereit und besorgt, trägt meine Tasche von einem Raum zum anderen, reicht mir ungefragt Taschentücher und Bonbons und holt mir in der Mensa einen Pfefferminztee, den ich in kleinen Schlucken trinke. Auch schirmt sie mich von allen anderen ab, indem sie für mich antwortet, wenn jemand wissen will, warum ich mich erbrochen habe. Ich werde nicht schlau aus ihr; erst schreibt sie sich mit Fiona Briefchen über mich, dann spielt sie meine Beschützerin. Ich fühle mich noch zu elend, um nachzufragen.
    »Warum wohl«, schnauzt sie Patrick an, der die ganze Zeit blöd grinst. »Warum kotzt man denn? Entweder man hat was Falsches gegessen oder sich einen Virus eingefangen. Sucht euch ein anderes Thema und lasst Valerie in Ruhe.«
    Sie war es nicht, denke ich. Wer sich so fürsorglich verhält, schreibt keine blutigen Drohungen in Ringbücher. Vielleicht war auch die SMS mit der unterdrückten Rufnummer neulich nicht von ihr; wir haben nie darüber gesprochen. Ebenso gut kann sich jemand ihr Handy geschnappt und die Nachricht heimlich an meine Nummer geschrieben haben, sie ist ja bei Alena gespeichert und daher schnell zu finden. Wenn man so etwas geschickt anstellt, kann es ganz schnell gehen, ohne dass es der andere merkt, die gesendete SMS wird gleich nach dem Sendevorgang gelöscht und fertig. Wenn ich nur wüsste, wer so etwas macht.
    Nach der Schule begleitet Alena mich wie selbstverständlich nach Hause, fragt gar nicht erst, ob sie mit nach oben kommen darf. Eigentlich wollte ich mich bei Corvin melden, nach der Englischstunde habe ich ihn nicht mehr gesehen, Frau Bollmann dirigierte ihn gleich beim Pausenklingeln in Richtung Lehrerzimmer, vergewisserte sich nur kurz, ob es mir besser gehe. Zwei Mal hat mein Handy inzwischen schon vibriert, ich wage nicht nachzusehen, nicht in Alenas Gegenwart, aber ich hoffe so sehr, dass wenigstens eine SMS von Corvin dabei ist.
    Niemand ist zu Hause, Alena geht mir gleich voraus in die Küche und setzt Teewasser auf, nimmt zwei Becher aus dem Schrank und legt in jeden einen Beutel Kamillentee. Eigentlich will ich das nicht, mein Magen ist ja in Ordnung, aber ich lasse sie gewähren. Ich will herausfinden, ob ich meine Freundin falsch eingeschätzt, ihr zu Unrecht misstraut habe. Wir trinken den Tee am Küchentisch, ich stelle eine kleine Schale Kekse bereit und greife auch selber zu, damit sie sieht, so krank bin ich nicht. Aber als ich mir einen Keks in den Mund schiebe, würgt es mich doch wieder, nur mühsam bekomme ich ihn hinunter.
    »Ich würde mich gern hinlegen«, sage ich leise und Alena nickt, bringt mich in mein Zimmer, wo ich mich ins Bett lege und die Augen schließe. Alena setzt sich davor wie meine Mutter früher, wenn ich als Kind krank war und sie mir Geschichten vorgelesen hat, streicht mir übers Haar, ich will das nicht, ziehe mich aus ihrer Berührung und rücke meine Kissen zurecht. Die Luft im Zimmer kommt mir stickig vor.
    »Du musst nicht die ganze Zeit hier bleiben, auch wenn es lieb von dir ist«, versichere ich. »Wenn ich mir wirklich einen Virus eingefangen habe, sollst du dich nicht anstecken.«
    »Mit dir teile ich doch alles«, scherzt sie und beugt sich zu mir herunter, um mich auf den Mund zu küssen, eine Idee zu lange, zu feucht, beinahe meine ich, ihre Zungenspitze an meiner zu fühlen, beim nächsten Wimpernschlag ist sie wieder weg, beschwören kann ich es nicht. »Notfalls auch eine Magen-Darm-Grippe. Dann legen wir uns einfach zusammen ins Bett und lassen die Schule Schule sein.«
    Ich lächle gequält anstelle einer Antwort, will das Gespräch auf etwas anderes lenken, weg von mir, von ihr, weg von unseren Befindlichkeiten. Mein Handy, ich will meine Nachrichten lesen, Corvin ist klug genug, mich nicht anzurufen, aber wenn ich den ganzen Nachmittag nicht antworte, wird er alarmiert sein, sich Sorgen machen oder Schlimmeres vermuten. Eine SMS geht immer. Nicht, wenn Alena so an mir klebt. Zum Glück richtet sie sich wieder auf, im Liegen werfe ich einen Blick aus dem Fenster. Das schwülwarme Wetter und der tief hängende graue Himmel passen zu meiner Stimmung, in meiner rechten Schläfe beginnt es zu pochen, Gewittermigräne.
    »Bald kommt der Herbst«, sage ich dennoch und deute auf die Linde vor dem Haus, deren Blätter sich an den Spitzen bereits leicht gelblich zu verfärben beginnen. »Langsam muss ich überlegen, wie ich meinen Achtzehnten feiern will.«
    »Hast du schon eine Idee?«
    »Wenn ich genug Kohle

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