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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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auf unendlich.
    »Valerie und Herr Schwarze«, flüstert sie. »Meine beste Freundin mit unserem Lehrer.«
    »Eben nicht«, beschwöre ich sie. »Gerade habe ich versucht dir klarzumachen, dass nichts zwischen uns läuft. Glaubst du mir nicht? Du musst mir glauben.« Jetzt bin ich es, die ihre Hand beinahe zerquetscht. »Du glaubst mir doch, und vor allem hältst du vor den anderen dicht, ja?« Erneut schweigt sie lange. Die stickige Luft im Zimmer lässt mir den Schweiß ausbrechen, aber ich kann mich nicht rühren, um das Fenster zu öffnen. Dann atmet sie plötzlich aus.
    »Was denkst du von mir?«, fragt sie und zieht ihre Hand aus meiner, um ihren Arm um meine Schultern zu legen, drückt mich an sich und streichelt meine Haare, wie eine Mutter es bei ihrem Kind machen würde, das getröstet werden muss. »Meine Güte, du steckst in einer richtig beschissenen Lage, bist verliebt, kannst ihn nicht haben und siehst ihn auch noch jeden Tag. Da brauchst du mich doch.« Sie presst mir einen Kuss auf die Schläfe. Ich will das nicht, es ist mir zu eng, ich wünsche mich in Corvins Arme, Alenas Vanille-Aprikose-Duft löst erneut einen Widerwillen in mir aus, besonders wenn ich an Corvins männlichen, sportlich-eleganten Duft denke, den Geruch seiner Haut. Ich fühle ihre Brust neben meiner, zu weich, zu nah, aber ich harre aus, auf keinen Fall darf ich sie jetzt abweisen, vor den Kopf stoßen, irgendwann muss sie mich loslassen. Aus dem Wohnzimmer dringen leise die Geräusche des eingeschalteten Fernsehers zu uns hindurch, mein Vater wird nicht hereinkommen, nachdem er Alenas Schuhe neben meinen im Korridor gesehen hat, wenigstens das.
    »Natürlich brauche ich dich«, sage ich leise. »Versprich mir nur, dass du dichthältst. Ich weiß, dass du es tust, und es gibt auch nicht wirklich etwas zum Tratschen, nur versprich es mir trotzdem.«
    Wie zufällig streicht ihre Hand über meinen Bauch, als sie sich von mir löst.
    »Ich verspreche es«, sagt sie. »Du kannst dich absolut auf mich verlassen, egal was passiert.«

12.

    V on nun an achte ich in der Schule noch mehr als vorher darauf, nur ja nicht aufzufallen, mich durch nichts zu verraten, durch keinen Blick, keine Geste, kein verstohlenes Lächeln in Corvins Richtung, wenn er uns unterrichtet. Noch geschieht dies in nur wenigen Stunden pro Woche oder auch nur für einzelne Phasen; die meisten Stunden haben wir zum Glück weiterhin bei Frau Bollmann.
    Für Corvin und mich wird es in den folgenden Wochen immer schwieriger, uns heimlich zu treffen. Alena lässt mich in der Freizeit kaum aus den Augen, nur wenn sie zur Fahrschule geht, habe ich etwas Zeit für mich und kann Corvin sehen oder wenigstens mit ihm telefonieren. Einmal lädt er mich zum Essen in ein verschwiegenes kleines Restaurant an der Havel ein, in ein Landhaus irgendwo draußen im Umland, ein Ort, der sich erst nach längerer Autofahrt durch verwunschene Wälder vor unseren Augen auftat.
    »Woher kennst du diese Plätze nur alle?«, frage ich ihn und spiele dabei auf den See im Märkischen Oderland an, das Kino in Bernau und jetzt dieses Lokal. Wir haben beide Paella bestellt und essen nur mit der Gabel, damit wir einander an der freien Hand halten können.
    »Ich muss erfinderisch sein, wenn ich mich in Liebesangelegenheiten so aufs Glatteis wage«, scherzt er.
    »Ich glaub dir kein Wort«, entgegne ich lachend. »Bestimmt hast du schon scharenweise Damen hierher ausgeführt.«
    »Genau«, sagt er, legt seine Gabel hin und trinkt einen Schluck von seinem Weißwein, ehe er sich über den Tisch beugt, um mich zu küssen. »Letzten Monat dich, vor zwei Wochen dich, vorgestern dich, gestern dich und heute dich.«
    »Und morgen?«
    Er nimmt mein Gesicht in seine Hände, seine Daumen streicheln meine Wangen. »Dich und dich und dich«, flüstert er zwischen weiteren Küssen. »Ich komm doch gar nicht mehr von dir los, Valerie. Das ist ja das Schlimme.«
    Später finde ich eine SMS auf meinem Handy, ich habe gar nicht gemerkt, dass eine Nachricht eingegangen ist. Ich liebe ihn mehr als du , steht dort. Sind wir beobachtet worden? Es ist unwahrscheinlich. Unsere Treffen dauern nie länger als zwei bis drei Stunden, und immer fühlen wir uns gehetzt, beide. Wenn Alena Fahrstunden hat, kann sie uns überall entdecken, und Corvin ist nicht vor seinen Kollegen sicher, die alle so mobil sind wie er und vielleicht ähnliche Plätze mögen. Bislang jedoch hat uns niemand offiziell erwischt, und bislang hat Corvin

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