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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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übrigens ähnlich, auch bei den Jüngeren.«
    »Er ist ja auch cool«, sage ich. »Verknöcherte Lehrer haben wir genug. Endlich mal einer, der uns versteht, bisher waren da ja nur Sie.«
    »Danke, Valerie.« Sie lächelt flüchtig, gleich darauf wird sie jedoch wieder ernst. »Mir ist nur aufgefallen, dass Ihr Name im Zusammenhang mit ihm besonders häufig fällt. Verstehen Sie mich nicht falsch – niemand nimmt es Ihnen übel, wenn Sie sich vielleicht sogar ein wenig in Herrn Schwarze verguckt haben. So etwas passiert wahrscheinlich jeden Tag an jeder Schule und ist erst mal nichts Außergewöhnliches. Ich möchte Sie nur bitten, etwas vorsichtiger mit Ihren Gefühlen umzugehen, um Herrn Schwarze nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Es ist wirklich ein bisschen peinlich für ihn, wenn Sie überall erzählen, wie sehr Sie ihn mögen.«
    Der Boden schwankt unter mir. Jetzt auch noch sie. Ich bin aus Glas, die ganze Welt scheint durch mich hindurchsehen zu können. Sie stülpen mein Innerstes nach außen und zeigen mit den Fingern auf mich. Ich muss mich dagegen wehren, sie sollen aufhören damit.
    »Das mache ich nicht«, bringe ich irgendwie hervor, mein Gesicht fühlt sich heiß an. »Ich habe nur mal zu den anderen gesagt, dass ich ihn nett finde, als Lehrer. So wie gerade zu Ihnen, weiter nichts.«
    »Valerie.« Frau Bollmanns Lippen werden schmal. »Seien Sie doch bitte vernünftig. Ich bin nicht die Erste, die Sie darauf anspricht, das weiß ich; die ganze Schule redet bereits darüber. Valerie und Herr Schwarze, heißt es immer wieder. Sie können ihn damit in eine sehr unangenehme Situation bringen, und ich kann mir kaum vorstellen, dass es das ist, was Sie möchten.«
    »Gar nichts möchte ich, wirklich!« Ich muss aufpassen, nicht zu schreien; ein paar andere Schüler drehen sich bereits nach uns um. Ganz kurz schließe ich die Augen und versuche mich zu sammeln. Es ist doch Frau Bollmann, die hier vor mir steht und mit mir redet, meine Lieblingslehrerin, der ich immer vertraut habe. Vielleicht hat sie die Gerüchte nur aufgeschnappt und will mich warnen, um mich zu schützen. Ich könnte mich ihr anvertrauen, ihr sagen, welchem Spießrutenlaufen ich ausgesetzt bin. Sie ist die Einzige, die dem ein Ende bereiten könnte.
    Aber was soll ich ihr sagen? Zugeben, dass Corvin und ich uns schon vor Schulbeginn und in einem ganz anderen Zusammenhang kennengelernt haben? Dass wir uns rettungslos ineinander verliebt haben und uns nicht trennen wollen, sondern warten, bis ich mein Abi in der Tasche habe, um dann ganz offiziell zusammen zu sein? Soll ich erwarten, dass sie mir abnimmt, Corvin und ich würden einander platonisch lieben?
    Bilder von ihr tauchen vor mir auf, Bilder mit Corvin. Wie sie bei der Hofaufsicht seinen Arm streichelt. Ihn im Café anstrahlt, mit ihm lacht. Irritiert ist, weil ich im selben Raum sitze, als fühlte sie sich ertappt. Das Foto heute an der Tür des Cafés. Wenn sie so über mich denkt, kann es auch von ihr gewesen sein, dann verfolgt auch sie mich, neidet mir seine Liebe, will ihn für sich, will mich auslöschen, aber das kann nicht sein, nicht Frau Bollmann. Für sie wäre es doch ganz einfach, Corvin für sich zu gewinnen. Ich glaube, ich werde verrückt, kann nur um mein Leben rennen, jeden Verdacht abwehren, sonst drehe ich durch.
    »Da ist nichts, wirklich«, beteuere ich erneut. »Ich finde ihn einfach nur nett und der Unterricht bei ihm macht Spaß, das ist alles. Ich würde nie etwas tun, was Herrn Schwarze in Schwierigkeiten bringt.«
    Noch immer ist ihr Mund schmal und zwischen ihren Augenbrauen hat sich eine senkrechte Falte gebildet. Immer wieder gehen Schüler an uns vorbei, verlangsamen ihren Schritt, wenn sie ganz nah an uns sind, beobachten uns, tuscheln, zeigen heimlich mit dem Finger auf mich, kichern.
    »Jetzt muss schon Frau Bollmann unsere Valerie bremsen«, höre ich jemanden sagen. »Von alleine hört sie nicht auf.«
    »Sie merkt nicht, wie peinlich sie ist.«
    »Sie soll was mit Schwarze am Laufen haben.«
    »Er ist viel zu schade für sie.«
    »Sie ist schuld, wenn er gehen muss.«
    »Das wird ihr noch leidtun.«
    »Eines Tages kaufen wir sie uns.«
    Zischend dringen die geflüsterten Worte in meine Ohren, in meinen Kopf, mir wird schwindlig, ich will hier weg. Zu Hunderten scheinen sie mich zu umringen, ihre Gesichter wie verzerrte Fratzen vor meinen Augen. Übelkeit steigt in mir auf, fieberhaft blicke ich mich nach einem Fluchtweg um, aber plötzlich

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