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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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mit Lösungen zu mir nach Hause.«
    »Das kann ich nicht, weil ich sie nicht habe.«
    »Du wirst sie besorgen«, zischt sie weiter. »Im Besorgen bist du doch ein Profi, oder? Morgen Abend um acht stehst du bei mir vor der Tür, wenn dir dein Leben lieb ist.« Dann tritt sie abrupt einen Schritt zurück und auch die anderen geben mir den Weg frei. Meine Schritte hallen durch den Saal, ich warte darauf, dass das Hohngelächter der anderen das Geräusch übertönt, doch nur ein Flüstergewirr dringt undeutlich an meine Ohren. Zum Glück habe ich jetzt meinen Bio-Grundkurs, da ist kaum jemand von denen drin.
    Am darauffolgenden Tag schiebt mir Fiona gleich in der ersten Stunde einen Zettel zu. »Heute um zwanzig Uhr«, steht darauf. »Wir warten.« Ich lege ihn unter meinen Ringbuchblock, antworte aber nicht. Wenige Minuten später fühle ich mein Handy vibrieren, eine SMS mit demselben Inhalt ist von Manuel eingegangen, das Gleiche wiederholt sich noch mehrmals am Tag, stumm, immer nur schriftlich und von verschiedenen Absendern, einige mit unterdrückter Rufnummer. Niemand redet mit mir außer Alena, deren Nähe mich verrückt macht, weil sie immerfort so tut, als wäre alles ganz normal. Ich komme mir vor wie mein eigener Schatten, schleiche durch diesen Tag wie zum Schafott, fast die ganze Nacht lang habe ich wach gelegen und bin bei aller Müdigkeit ständig auf der Hut, wittere bei jeder Bewegung, jeder Geste der anderen Böses, vor allem in Corvins Stunde. Ein letztes Mal geht er mit uns den Klausurstoff durch, bekräftigt jedoch erneut, dass auch einige unvorbereitete Aufgaben aus früheren Monaten darunter sein können. Er scheint nicht zu bemerken, dass alle Augen sich immer wieder auf mich richten wie Gewehrläufe.
    »Wann triffst du dich heute mit ihm?«, fragt mich Alena am Nachmittag. Sie hat sich nach Unterrichtsschluss ganz selbstverständlich an meine Seite geheftet und nicht einmal mehr nachgefragt, ob mir das recht sei.
    »Überhaupt nicht«, antworte ich und versuche meine Nervosität zu verbergen. »Hör auf, ständig danach zu fragen.«
    »Dann hast du nicht verstanden, wie ernst es ist«, sagt sie mit gedämpfter Stimme. »Sie wollen die Klausuraufgaben, oder sie tun dir etwas an, ist das immer noch nicht bei dir angekommen? Du weißt nicht, wozu Fiona fähig ist. So schwer kann es doch nicht sein, die zu besorgen, wenn Schwarze dich wirklich so sehr liebt.«
    »Schwarze liebt mich nicht und ich liebe ihn nicht. Punkt.«
    »Die Bollmann muss es nicht mal mitkriegen«, fährt Alena unbeirrt fort. »Aber wenn du wirklich willst, dass die anderen dich endlich in Ruhe lassen, musst du mal was für sie tun!«
    »Ihr seid so dumm und kleingeistig!«, widerspreche ich. »Selbst wenn ich was mit ihm hätte, könnt ihr es euch doch an allen zehn Fingern ausrechnen: Wenn ich Corvin die Klausur abluchsen würde, müsste er doch denken, ich hätte mich nur an ihn rangeschmissen, um für uns alle bessere Noten rauszuschlagen, und er würde sich ausgenutzt fühlen. Außerdem wäre es verboten.«
    »Nicht verbotener als das, was ihr sowieso schon treibt.«
    »Wir treiben nichts«, antworte ich mechanisch, und im Moment stimmt es sogar, selbst unser letzter Kuss ist mehr als zwei Wochen her. »Trotzdem ist es absurd, was ihr von mir verlangt. Wenn ich so etwas tun würde und es käme heraus, dass alle die Aufgaben vorher kannten, gäbe es null Punkte für alle. Ich glaube nicht mal, dass wir dann noch nachschreiben dürften, und die Arbeit zählt fünfundzwanzig Prozent der Gesamtnote. Es wäre viel zu riskant.«
    Alena schüttelt den Kopf.
    »Ich glaube beinahe, du hast sie schon«, stößt sie hervor, und plötzlich sehe ich Tränen in ihre Augen treten. »Schwarze hat dir längst alles verraten, aber du willst die Lösungen für dich allein und gönnst sie niemandem. Corvin Schwarze und du, ihr seid wie zwei Schmetterlingspuppen in einem Kokon, ganz umeinander gesponnen, nichts und niemand kommt an euch heran, für euch gibt es nur euch beide. Verdammt, ich bin so enttäuscht von dir, Valerie.« Sie setzt sich auf mein Bett und verbirgt ihre Augen hinter den Händen, atmet geräuschvoll ein und aus.
    »Wieso denn enttäuscht?«, frage ich gereizt. Vom Wohnzimmer her höre ich den Staubsauger aufheulen. Meine Mutter hat heute frei und scheint unsere ganze Wohnung umzukrempeln, sogar Sissy ist irritiert und kommt durch die angelehnte Tür in mein Zimmer gejagt, um auf meinen Schreibtisch und von dort auf meinen

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