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Schwarze Stunde

Schwarze Stunde

Titel: Schwarze Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feher
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keinen Vater, der mit mir hierhergekommen ist, ich bin immer allein gegangen. Aber du, du bekommst wohl immer alles, was du willst, wie? Einen Vater, der sonntags mit dir spielen geht, während die Mutter für euch ein schmackhaftes Mittagessen zaubert, und der dein Zimmer renoviert; du bekommst jeden Jungen, den du haben willst, und dann wirfst du ihn weg, sobald du genug von ihm hast. Du bekommst sogar Corvin Schwarze, nach dem sich alle in der Schule die Augen ausweinen. Aber nichts und niemanden bist du bereit zu teilen.«
    »Hör auf«, unterbreche ich sie. »Ich habe dir erzählt, wie Corvin und ich uns kennengelernt haben. Mit uns hat das überhaupt nichts zu tun. Und es war schwer genug, ihn mir aus dem Kopf zu schlagen.«
    Sie rückt so dicht an mich heran, dass sich beinahe unsere Gesichter berühren. »Verschaffe uns die Klausuraufgaben«, beschwört sie mich. »Ich möchte auch mal in der ersten Reihe stehen und eine Traumnote bekommen, wie du und Fiona.«
    »Das kann ich nicht. Schon allein, weil Corvin sie mir nicht geben würde. Begreife das endlich, Alena.«
    Sie schlingt ihre Arme um mich.
    »Tu es wenigstens für mich«, bettelt sie. Ihr Atem streift mein Gesicht; unwillkürlich schnuppere ich nach Alkohol, sie benimmt sich wie eine Betrunkene. Aber ihr Atem riecht nur nach dem Zimtkaugummi, den sie vorhin im Mund hatte.
    »Das geht auch nicht«, beharre ich. »Komm, lass uns lieber zurückgehen und noch ein bisschen lernen, so wie du es vorgeschlagen hast. Ich weiß doch auch nicht mehr als du, aber ich kann dich abfragen, wenn es um Grammatik und Vokabeln geht. Komm.« Ich versuche, behutsam ihre Arme von meinem Körper zu nehmen. Was für ein romantischer Platz; denke ich, als ein leichter Wind durch meine Haare streicht; der Regen hat endlich nachgelassen. Mit Corvin würde ich mich hier in einem der Aussichtstürme verbarrikadieren und wir würden uns küssen, bis wir fast keine Luft mehr bekommen, würden herumalbern wie zwei Viertklässler, und dann …
    Alena küsst mich. Hält ihre Arme einfach weiter fest um mich gelegt und drückt ihre Lippen auf meine, das hat sie schon oft getan, aber dieses Mal spüre ich, dass sie mehr will, mehr meint, wieder rollen Tränen über ihre Wangen und benetzen mein Gesicht, als ihre Zunge meine Lippen teilt und meinen Mund erforscht.
    »Ich liebe dich«, murmelt sie, ohne ihren Mund von meinem zu lösen. »Seit einer Ewigkeit schon liebe ich dich, und ich will dich nicht hergeben, nie, an niemanden.«
    »Alena.«
    Sie küsst jetzt meinen Hals, mein Schlüsselbein, ich packe ihren Kopf und will ihn wegdrücken, aber ich habe nicht gewusst, wie viel Kraft in ihr steckt, wenn sie wirklich etwas will, sie hört nicht auf.
    »Er soll dich nicht besitzen«, sagt sie und schlingt ihre Arme erneut um mich, hält mich im Klammergriff, ich komme nicht frei, die Wackelbrücke schwankt gefährlich, ich habe das Gefühl, gleich zu fallen. »Von allen Menschen auf der Welt nicht ausgerechnet er. Wir beide gehören zusammen, Valerie, du und ich. Nur wir beide.«
    Mein Handy piept in meiner Jackentasche, das Kurzmitteilungssignal. Der Termin um acht bei Fiona fällt mir wieder ein, das Ultimatum. Ich will nicht nachsehen, wer geschrieben hat, könnte jetzt ohnehin nicht antworten mit Alena neben mir, die mir gerade gestanden hat, dass sie mich liebt und nun völlig neben sich steht. Aber plötzlich löst sie ihre Umklammerung ein wenig, zieht mein Handy hervor und springt ein paar Schritte zurück.
    »Was soll das?«, frage ich und versuche es ihr wieder zu entreißen. »Was willst du mit meinem Telefon? Gib es zurück.«
    »Was ich damit will?« Ohne mir zu antworten, drückt sie auf den Tasten herum, blickt mit hochgezogenen Augenbrauen auf das Display und nickt.
    »Da haben wir es«, bemerkt sie. » Habe einen neuen Song geschrieben, den ich dir unbedingt vorspielen muss. Wenn ich nur wüsste, wann … Dein C. C., das ist dein Corvin, wer sonst? Warte, ich finde bestimmt noch mehr.«
    »Alena, hör auf! Du hast kein Recht, mein Handy zu filzen.«
    »Ach nein? Ich habe aber ein Recht darauf, dass du mir die Wahrheit sagst. Und jetzt stelle ich fest, dass du mich seit Wochen belügst. Du hast doch was mit ihm! Oder wie soll er dir seinen neuen Song vorspielen, der bestimmt ein Liebeslied für dich ist? Vor dem ganzen Kurs vielleicht?«
    Unter mir scheint sich der Boden aufzutun, jetzt kann ich nicht mehr ausweichen, jetzt hat sie den Beweis schwarz auf weiß. Zugleich

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