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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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See. Dachte doch, Sie von der Wasserpolizei wüssten das.«
    Â»Kapitäne haben ein Zuhause«, antwortete Durban. »Manchmal sogar eine Frau und Familie. Wo ist McKeever?«

    Â»Unten«, antwortete Newbolt. »Ihm geht’s nicht gut. Wir hätten lieber ihn gehen lassen und den Koch dabehalten sollen!« Er grinste freudlos.
    Durbans Miene erhellte sich. »Ich muss ihn sprechen.« Er schaute Atkinson an. »Bringen Sie mich runter.«
    Monk trat vor, um ihn daran zu hindern, und Durban fuhr ihn an, er solle bleiben, wo er war. Atkinson warf Newbolt einen Blick zu und gehorchte dann. Orme und Newbolt blieben ebenfalls an Deck. Keiner sagte ein Wort.
    Boote fuhren vorbei, am Himmel kreisten die Möwen. Sie hörten die Rufe der Männer, die am Ufer arbeiteten. Die Tide ging zurück, floss immer schneller an ihnen vorbei, Treibgut und Abfall mit sich spülend. Die Dreckspatzen versammelten sich an der Böschung. Orme warf Monk einen argwöhnischen Blick zu und schaute wieder weg.
    Schließlich erschien Durban wieder in der Luke, Atkinson direkt hinter ihm. Durban ging mit leicht rollendem Gang und bleichem Gesicht zu Monk hinüber. »Nicht viel zu sehen«, sagte er knapp. »Wir könnten noch eine lange Suche vor uns haben.« Dann wandte er sich an Newbolt: »Man wird Ihnen einen Liegeplatz zuweisen. Bis dahin bleiben Sie an Bord.« Ohne weitere Erklärungen gab er Orme ein Zeichen und trat an die Reling.
    Monk folgte ihm. Sie sprachen erst wieder, als das Boot sie an Land abgesetzt hatte und Orme und seine Männer zum Schiff zurückgekehrt waren, um Wache zu halten.
    Â»Wenn Louvain sie in Gravesend abgemustert hat, können sie überall sein«, sagte Durban grimmig. »Wir haben viel Arbeit vor uns.«
    Â»Er kann unmöglich gewusst haben, was es war«, sagte Monk. Sie gingen nebeneinander her zur Straße. »Kein vernünftiger Mann würde so etwas entfesseln, egal, wie hoch der Profit ist. Wenn die Krankheit sich ausbreitet, gibt es nichts mehr, keine Klipper, keine Fracht, keinen Handel und kein Leben. Louvain ist ein harter Mann, aber er ist nicht verrückt.«

    Â»Er hat es nicht gewusst«, meinte auch Durban. »Jedenfalls nicht zu dem Zeitpunkt, als er die Männer abgemustert hat. Ich stimme Ihnen zu, dass er schlau ist, zeitweise auch brutal, aber er respektiert die Gesetze der See, er weiß, dass ein Mann gegen die Natur nicht gewinnen kann. Der Sieg wäre nur von kurzer Dauer, und Louvain hat mehr getan, als sich zu halten, er hat Gewinne gemacht und ein Imperium aufgebaut.« Er trat an den Bordstein, zögerte und ging über die Straße, indem er sich wieder südwärts wandte. »Er ist der Typ, der sich bereitwillig einer Geliebten entledigt, wenn sie ihn nicht mehr interessiert, was ich für wahrscheinlicher halte, als dass er sich um die abgelegte Freundin eines anderen Mannes kümmert. Aber ich würde trotzdem wetten, dass er nicht gewusst hat, was sie hatte, sonst hätte er etwas anderes getan, sie womöglich sogar umgebracht und sie mit ungelöschtem Kalk irgendwo beerdigt.«
    Monk schauderte bei dem Gedanken, aber er glaubte dasselbe wie Durban. »Wir müssen diese Männer finden.«
    Â»Ich weiß.«
    Â»Wohin sind sie wohl?«
    Durban warf ihm einen kühlen Blick zu. »Das ist zehn Tage her. Wo wären Sie, wenn Sie ein Jahr lang auf See gewesen wären?«
    Â»Ich würde gut essen, mächtig viel trinken und mir eine Frau suchen«, antwortete Monk. »Außer wenn ich Familie hätte, dann würde ich nach Hause gehen.«
    Durban kniff die Lippen fest zusammen. Er nickte, Wut und Kummer hielten ihn so fest im Griff, dass er kein Wort herausbrachte.
    Â»Wie sollen wir das herausfinden?«, fuhr Monk fort. Sie hatten keine Zeit, Gefühlen nachzugeben, dafür war später Zeit – falls es ein Später gab.
    Â»Wir besorgen uns ihre Namen«, antwortete Durban. »Das ist zumindest ein Anfang. Dann suchen wir sie.« Sein Gesicht war fast ausdruckslos, nur um den Mund herum lag eine
schwache, fast verletzte Trauer, als begreife er, welches finstere Tal sie durchschreiten mussten.
    Sie schwiegen auch, als sie sich auf dem schmalen Pflaster an Pfandleihern, Schiffszimmerleuten, Krämern, Seilern, Segelmachern, Metallwarenhändlern und Schmieden – all den Vertretern der Gewerbe am Ufer – vorbei ihren Weg bahnten.

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