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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Obdach war, es konnte den Unterschied zwischen Überleben und Erfrieren bedeuten.
    Er gab keinen Kommentar dazu ab, Durban ebenso wenig. Für diese wenigen Stunden oder Tage waren sie beide Polizisten, die ein einziges Ziel verfolgten. Ihr Einvernehmen und ihr gemeinsames Vorhaben war ein Band, das stärker war als Bruderschaft.
    Sie betraten die Seitengassen hinter den Docks und gingen von Haus zu Haus, fragten stets diskret, folgten jeder Auskunft über Männer, die krank waren oder womöglich mit Geld um sich schmissen. Sie nannten keine Namen, denn sie wollten niemanden warnen. Die Lügen gingen ihnen leicht und erfinderisch über die Lippen, weil die Notwendigkeit es gebot.
    Gegen ein Uhr in der Nacht waren sie durchgefroren und erschöpft und hatten ein halbes Dutzend Spuren verfolgt, die im Nichts endeten. Durban stand in einer Gasse, in der der Wind durch die schmalen Schlitze zwischen den Häusern heulte, das Gesicht halb beleuchtet von einer Laterne, die an der Wand einer Absteige hing. Er zog die Schultern hoch und zitterte. Wortlos sah er Monk an.
    Â»Eine noch?«, fragte Monk. »Wir könnten Glück haben. Irgendjemand muss sie gesehen haben.«

    Durban bemühte sich, die Augen offen zu halten.
    Â»Wir könnten auch hier schlafen.« Monk lächelte.
    Durbans Miene entspannte sich, sein Blick wurde für einen Augenblick weicher. Er richtete sich auf, stampfte mit den Füßen auf, um den Kreislauf wieder in Gang zu bringen, und ging voran.
    Die Besitzerin, eine dünne, hagere Frau mit müdem Gesicht und grauem Haar, das sich aus einem unordentlichen Knoten löste, wollte sie nicht hereinlassen. Dann sah sie das Geld in Monks Hand und änderte ihre Meinung.
    Â»Sie müssen teilen!«, warnte sie die beiden. »Aber auf dem Boden ist sauberes Stroh, und sie sind aus dem Wind raus.« Sie nahm die paar Pence, steckte sie in eine tief in ihren voluminösen Röcken verborgene Tasche und führte sie dann in ein kleines Zimmer im hinteren Teil des Hauses. Es war so primitiv, wie sie es beschrieben hatte, und bereits von zwei Männern bewohnt, aber es war einigermaßen warm.
    Monk suchte sich einen Platz auf dem Stroh, um sich hinzulegen, schob einiges davon zusammen, um eine Art Kissen zu haben, und versuchte zu schlafen. Müde genug war er, und vom Laufen durch endlose Gassen in der feuchten Luft und dem heftigen Wind, der vom Wasser her wehte, taten ihm sämtliche Muskeln weh. Er dachte frierend an sein Bett und daran, wie Hester neben ihm lag, nicht nur an ihren warmen Körper, sondern auch an die tiefere Wärme ihrer Gedanken, Träume, und diese Gedanken machten den stinkenden Raum mit seinen unruhigen, hoffnungslosen Männern zu einer regelrechten Hölle.
    Er trieb in eine Art Halbschlaf, aber dieser dauerte nicht lange. Er fror zu sehr, und der Boden war zu kalt, um sich richtig zu entspannen. Er ertrug den Gedanken nicht, wo Hester jetzt war, wie viel schwerer sie es hatte, in wie viel größerer Gefahr sie schwebte. So lag er im Dunkeln, lauschte auf das Rascheln des Strohs und den schweren Atem der Männer und zwang sich, konzentriert nachzudenken.

    Er setzte alles, was er wusste, zusammen und versuchte, einen Sinn darin zu finden. Wohin würde ein Matrose an Land gehen? In den Tavernen, Bordellen und Absteigen an diesem Flussabschnitt hatten sie es bereits versucht. Sie hatten eine Menge Männer getroffen, die denen von der »Maude Idris« ähnelten, aber nicht die Richtigen. War es eine aussichtslose Aufgabe, eine, der sich nur ein Verzweifelter oder ein Narr annahm?
    Was waren ihre Alternativen? Überall Polizeikräfte mobilisieren und die Männer jagen, als wären sie Mörder, die frei herumliefen? Würde man sie so erwischen? Oder sie so weit in den Untergrund treiben, dass man sie niemals fand? Und wie viele Menschen würden sie inzwischen anstecken?
    So trieben seine Gedanken dahin, als er plötzlich wieder wach war. Er hörte das Kratzen von Rattenpfoten und zuckte zusammen. Im Zimmer nebenan hustete jemand immer wieder rau und stoßweise. Sie suchten doch nach jemandem, der krank war! So fing die Pest doch an, oder nicht, in der Lunge, ähnlich wie Lungenentzündung? Ihm war zu kalt, um sich zu bewegen, aber eigentlich sollte er hinübergehen und nachsehen, ob das ein Mitglied der Mannschaft war oder womöglich sogar jemand, den sie bereits angesteckt hatten.
    Zitternd

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