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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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im Lügen, und sie hatte ihn noch nie zuvor angelogen. Ihre vollkommene Offenheit war eine der Eigenschaften, die er am meisten an ihr liebte, und sie erkannte klar, dass er ihr entglitt. Er war verletzt. Würde sie ihn wegen dieser Sache verlieren?
    Sie wandte sich ab, die Kehle schnürte sich ihr zu, und in ihren Augen brannten Tränen. Wie lächerlich. Für solches Selbstmitleid war keine Zeit.
    Er wollte etwas sagen, schwieg dann jedoch ebenfalls.
    Sie sah ihn wieder an und wartete.
    Plötzlich ging ein »Pst!« durch den Raum.

    Huntley kam zurück. »Ich würde sagen, Sir Oliver, es geht gleich weiter. Glauben Sie, wir könnten uns entschuldigen, bevor … oh. Es tut mir sehr Leid, Miss … ehm … ich wollte nicht …« Er ließ den Satz unvollendet, weil er nicht wusste, wie er sich herauswinden sollte.
    Zumindest ihm konnte sie helfen. »Keineswegs«, sagte sie und versuchte, zu lächeln. »Es ist ein wenig langweilig, nicht wahr? Ich glaube wirklich, die Flöte allein hat wenig Anziehungskraft.«
    Erleichterung breitete sich auf seinem Gesicht aus. Die Spannung zwischen den beiden bemerkte er überhaupt nicht. »Haben Sie vielen Dank. Sie sind sehr verständnisvoll.« Er wandte sich Rathbone zu.
    Dieser zögerte.
    Â»Bitte.« Margaret wies in Richtung Ausgang, der Huntleys Gedanken so offensichtlich beherrschte. »Ich muss zu meiner Gastgeberin zurück, sonst wird sie meine mangelnde Begeisterung noch bemerken.«
    Rathbone hatte keine Wahl, er musste Huntley begleiten und Margaret verletzt zurücklassen, als hätte sie eine Verbrennung erlitten.
    Â 
    Rathbone verbrachte einen elenden Abend und fuhr nach Hause, sobald er sich entschuldigen konnte. Margaret hatte sich irgendwie verändert, und das beunruhigte ihn zutiefst. In der Nacht wachte er, verwirrt und immer unglücklicher, mehrmals auf. Hatte er sich die ganze Zeit in ihr getäuscht? War sie nicht der zutiefst ehrliche Mensch, für den er sie gehalten hatte? Dabei war er sich bei ihr doch so sicher gewesen! Gewiss hatte die Klinik Rechnungen zu begleichen, aber so viele auf einmal und so große?
    Selbst wenn das stimmte, war es nicht die ganze Wahrheit. Sie log. Er wusste nicht, warum oder in welchem Punkt, aber die Offenheit zwischen ihnen war verschwunden. Sie kleidete sich anders, gewagter, mehr wie alle anderen, als wäre es ihr
wichtig, was die Gesellschaft von ihr hielt, der sie sich ohne ein Wort der Erklärung ihm gegenüber anpassen müsste.
    Wieso war sie überhaupt zu diesem Konzert gegangen? Sie verabscheute solche gesellschaftlichen Anlässe doch genauso wie er. Er war nur dort gewesen, weil Huntley ihn eingeladen hatte und er aus Höflichkeit nicht hatte ablehnen können.
    Der Morgen verlief kaum besser und brachte keine Ruhe in seine Gedanken. Er ging wie immer in sein Büro und stellte persönliche Angelegenheiten mit der disziplinierten Konzentration hintenan, die er sich im Laufe der Jahre angeeignet hatte. Aber alle Willensanstrengung, so mächtig sie auch war, konnte ihm nicht die Verwirrung und das Gefühl des Verlusts nehmen.
    Es war ziemlich spät am Nachmittag, das Tageslicht schwand bereits, und Regen hatte eingesetzt, als sein Sekretär hereinkam und ihm meldete, Mr. William Monk wünschte, ihn zu sehen. Die Angelegenheit sei so dringlich, dass er sich durch die Tatsache, dass Sir Oliver für den Rest des Tages noch andere Verabredungen hatte, nicht hatte abwimmeln lassen. Er wollte einfach nicht gehen und sich nicht einmal hinsetzen.
    Rathbone schaute auf seine Uhr. »Sie sollten Mr. Styles ersuchen, einen Augenblick Geduld zu haben. Bitten Sie ihn um Verzeihung, und sagen Sie ihm, es habe einen Notfall gegeben. Und dann schicken Sie Mr. Monk herein, aber sagen Sie ihm, dass ich höchstens zehn Minuten für ihn habe.«
    Â»Ja, Sir Oliver«, sagte der Sekretär gehorsam, doch mit geschürzten Lippen. Er hieß die Verschiebung von Verabredungen nicht gut, besonders solche mit zahlenden Mandanten. Und zu diesen gehörte Monk nicht. Aber er nahm auch bereitwillig Anweisungen entgegen, und Gehorsam war ihm oberste Lebensregel, also tat er, wie ihm geheißen.
    In dem Augenblick, in dem Monk durch die Tür trat, wusste Rathbone, dass es sich bei der Angelegenheit, die Monk zu ihm geführt hatte, um etwas sehr Ernstes handeln musste.
Monk war kaum wiederzuerkennen. Seine Eleganz

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