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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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einmal?«
    Rathbone wünschte, er hätte eine Lüge parat, die wenigstens einen geringen Trost bot, aber die hatte er nicht. Er wusste nicht, ob jemand die Matrosen vermisste. Sie waren vielleicht in irgendeinem Ort in Südengland an der Pest gestorben oder wahrscheinlich längst auf einem anderen Schiff wieder unterwegs auf dem Meer. Es verbreitete sich kein Schrecken, kein Schrei nach Quarantäne, Evakuierung, Feuer, um die Pest auszubrennen, sie zu exorzieren, als käme sie direkt aus der Hölle. Aber Monk sprach von der Leere, die Hesters Tod in seinem Leben hinterlassen würde, und Rathbone wusste das.
    Und er dachte darüber nach, ob er zulassen sollte, dass er Margaret ebenso sehr liebte – denn das tat er doch, oder? Mit aller Macht der Gefühle, die er besaß. Er setzte sich über alle Selbsterhaltungsinstinkte hinweg, denen er sein ganzes Leben lang gefolgt war. Es war ein Verleugnen geistiger Gesundheit, die endgültige Verrücktheit.

    Hatte er eine Wahl? Kann man entscheiden, ob man lieben will oder nicht? Ja, womöglich. Man konnte dem Leben den Rücken zukehren und ein Schattendasein wählen, eine Erstarrung der Seele.
    Er hatte sich von Hester abgewandt, und sie war so klug gewesen, ihn abzulehnen, vielleicht genau aus dem Grund. Monk besaß den geistigen Mut, etwas zu empfinden, und sie wusste das und schätzte es so unendlich hoch ein, wie es ihm gebührte. Jetzt würde Monk für immer vernichtet werden, wenn sie starb.
    Margaret war in Sicherheit, so sicher, wie etwas Warmes, Lebendiges und Verletzbares je in Sicherheit sein konnte. Wenn er am Leben teilhaben und nicht Zuschauer sein wollte, würde er zulassen müssen, dass er liebte. Vielleicht war es die Natur der Sorge, dass man nichts dagegen tun konnte. Man hatte keine Wahl, die eigene Natur hatte diese Wahl bereits getroffen. Wenn man einen Rückzieher machen konnte, war man nicht wirklich engagiert.
    Er hatte Monk nie mehr bewundert als in diesem Augenblick, denn der hatte den Mut aufgebracht, alles aufs Spiel zu setzen. Dieses Empfinden wurde von einem dermaßen tiefen Mitleid begleitet, dass es in seinem Innern eine neue Leere entstehen ließ und diese mit einer Hilflosigkeit füllte, die schmerzte wie ein Messerstich. Es gab nichts zu sagen und zu tun, als Monk sich umdrehte und zur Tür ging. Ihre Freundschaft reichte tiefer, als Rathbone sich bislang eingestanden hatte, und sie lief Gefahr, zerstört zu werden, denn ein Teil von Monk selbst würde verloren gehen.
    Wenn Freundschaft ihn dermaßen schmerzen konnte, was, um alles in der Welt, war dann mit der Liebe?
    Â 
    Den Rest des Tages kümmerte er sich um andere Arbeiten, die er liegen gelassen hatte, um sich auf den Fall Gould vorzubereiten, ebenso den nächsten Vormittag.
    Doch in Gedanken war er stets mit Margaret beschäftigt.
Zeit war kostbar, sehr viel kostbarer, als er bislang geglaubt hatte. Er hatte gezögert, sie zu fragen, ob sie ihn heiraten wolle, was ebenso feige wie dumm war. Er hatte ihr geschrieben und den Brief durch einen Boten zustellen lassen. Er hatte sie heute zum Abendessen eingeladen, denn er wollte nicht warten, bis diese Krise überstanden war – ob sie gut ausging oder unersetzlichen Verlust brachte –, sondern ihr seine Gefühle gestehen und um ihre Hand anhalten.
    Als er sich ankleidete, betrachtete er sich ungewohnt kritisch im Spiegel. Er wurde sich überrascht bewusst, dass er es als selbstverständlich betrachtete, dass sie seinen Antrag annahm. Erst in diesem Augenblick kam ihm in den Sinn, dass sie ja auch Nein sagen konnte.
    Dann erkannte er, warum sein Magen nervöse Sprünge machte und seine Kehle so eng war. Nicht, weil sie ablehnen konnte. Sowohl die Gesellschaft als auch ihre persönlichen Umstände geboten ihr anzunehmen, und er war sich ganz sicher, dass es keinen anderen Freier gab, dem sie zugeneigt war. Sie war viel zu ehrlich, als dass sie zugelassen hätte, dass er dann um sie warb. Sie würde seinen Antrag annehmen. Die Frage, die in ihm bohrte, war, ob sie ihn liebte. Sie würde loyal sein, denn Loyalität war ihre Natur. Sie würde freundlich sein, ausgeglichen und großzügig im Geiste, aber so wäre sie jedem gegenüber. Das reichte ihm nicht. Dass sie so zu ihm wäre, nicht weil sie ihn liebte, sondern weil es für sie eine Frage der Ehre war, wäre eine umso größere Qual, die er nicht

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