Schwarze Themse
er hüpfende Schritte hörte. Im nächsten Augenblick verlangte Scuffs Stimme zu wissen, was mit ihm los sei.
»Reden Sie nicht mehr mit mir?«
Monk blieb stehen, so verdutzt war er darüber, wie sehr er sich freute, den Jungen zu sehen. »Ich war ganz in Gedanken«, entschuldigte er sich.
»Wenn Sie so feste nachdenken, laufen Sie am Ende noch direkt in den Fluss«, meinte Scuff empört. »Und was suchen Sie jetzt?«
Monk lächelte ihn an. »Wie wärâs mit einer Pastete? AnschlieÃend muss ich rausfinden, wo die Witwe von dem Mann auf dem Schiff wohnt, demjenigen, der umgebracht wurde.«
»Der in den Laderaum gestürzt ist und sich den Schädel eingeschlagen hat?«, fragte Scuff. »Hodge?«
»Ja.«
»Wie wollen Sie das anstellen?«
»Den Bediensteten im Leichenschauhaus fragen, wo sie sich den Leichnam angeschaut hat.«
Scuff schauderte übertrieben. »Der sagt Ihnen nichts. Geht Sie nichts an. Aber wir könnten Crow bitten. Der kriegtâs bestimmt raus.« Jetzt war er eifrig bei der Sache.
»Glaubst du?«
»Ja! Kommen Sie. Wir kaufen âne Pastete, ja?« Scuff machte ein hoffnungsvolles Gesicht.
Monk tat mit Freude, was von ihm erwartet wurde. Eine Dreiviertelstunde später gingen sie wieder die StraÃe hinunter zum Fluss zurück, und der Wind wehte ihnen ins Gesicht. Crow dachte sich eine ziemlich lebhafte und unwahrscheinliche Geschichte aus, um dem Leichenschauhauswärter die notwendigen Informationen zu entlocken. Er fragte Monk nicht
einmal, warum er die Adresse der Witwe wissen wollte. Er schien es als Art berufliche Gefälligkeit zu betrachten.
Sie kamen am Leichenschauhaus an, und Monk und Scuff blieben drauÃen, während Crow hineinging. Fünfzehn Minuten später tauchte er wieder auf, sein schwarzes Haar flatterte im Wind, und ein siegreiches Lächeln entblöÃte strahlende Zähne. »Hab sie!«, sagte er und winkte mit einem Zettel in der Hand.
Monk dankte ihm, nahm das Papier, las, was darauf stand, und steckte es dann in die Tasche.
»Und jetzt?«, fragte Crow interessiert.
»Jetzt gebe ich Ihnen die beste Pastete aus, die ich mir leisten kann, und eine Tasse heiÃen Tee, und dann muss ich meinen Geschäften nachgehen und Sie den Ihren überlassen«, antwortete Monk mit einem Lächeln.
»Sie sind ja mächtig zufrieden mit sich«, sagte Crow misstrauisch.
»Nicht ganz«, antwortete Monk ehrlich. »Die Sache ist noch nicht abgeschlossen. Möchten Sie jetzt eine Pastete oder nicht?«
Er bewirtete sie groÃzügig, erlaubte aber nicht, dass einer der beiden ihn begleitete. Scuff erhob energisch Protest, Monk sei allein auf sich gestellt nicht sicher, er brauche jemanden, der ihn beriet und ihm den Rücken freihielt. Obgleich Monk ihm widerstrebend zustimmte, verwehrte er ihm doch energisch, ihn zu begleiten. SchlieÃlich akzeptierte Scuff es und ging stattdessen â nur dieses eine Mal â mit Crow.
Monk brauchte etwas mehr als eine Stunde, um das kleine Backsteinhaus zu finden. Es stand mitten in einer langen Reihe gleich aussehender Häuser in der Nähe der Docks in Rotherhithe. Als auf sein Klopfen hin die Tür geöffnet wurde, erkannte er die Frau sofort wieder, sowohl wegen ihrer Ãhnlichkeit mit Newbolt als auch, weil er ihr ja bereits im Leichenschauhaus begegnet war.
»Ja?«, fragte sie argwöhnisch und überlegte, wo sie ihn schon einmal gesehen hatte.
»Guten Morgen, Mrs. Hodge«, begann er respektvoll. »Ich hoffe, Sie können mir helfen ...«
»Ich kann niemandem helfen«, erwiderte sie, ohne zu zögern, und wollte schon die Tür schlieÃen.
»Ich würde mich gerne dafür erkenntlich zeigen«, sagte er und zwang sich zu einem Lächeln. Sie war ungehobelt und kurz angebunden, aber sie hatte vielleicht Angst, und egal, wie die Beziehung zu ihrem Mann gewesen war, sein Verlust schmerzte sie sicher ebenso wie die Schmach, dass er durch seine Trunkenheit zu Tode gekommen war. »Ich bedaure Ihren Verlust, Mrs. Hodge«, fügte er ziemlich ehrlich hinzu. »Es ist schrecklich, wenn einem die Frau oder der Mann wegstirbt. Ich glaube, ein AuÃenstehender kann das nicht begreifen.«
»Sie haben jemanden verloren?«, fragte sie überrascht.
»Nein, aber ich habe Glück. Ich hätte beinahe meine Frau verloren, und erst spät gestern Abend
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