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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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»Es tut mir Leid«, sagte er freundlich. »Ich habe auf Ihre Kosten meiner Empörung freien Lauf gelassen, und die Situation für Sie unmöglich gemacht.« Es war ein Eingeständnis der Tatsachen, keine Frage.
    Â»Unmöglich war sie vorher schon«, räumte sie ein und weigerte sich, darüber nachzudenken, dass dieser Satz eine sehr viel tiefere Bedeutung hatte als der Verlust der Spenden am heutigen Abend. »Ich habe das starke Gefühl, dass Mr. Taverner womöglich bereits seinen Beitrag zum Unterhalt der Klinik leistet und dass Mrs. Taverner davon weiß.«
    Â»Ich wage zu behaupten, dass es ihre Art der Zustimmung ist, dass sie am heftigsten widerspricht«, stimmte er ihr zu. Dann zögerte er. »Margaret, wird Ihre Mutter auf Lady Hordern hören und ihr glauben? Muss ich in ihren Augen um einiges ehrbarer werden, damit sie mir erlaubt, Sie wiederzusehen? Sollte ich« – er schluckte – »mich entschuldigen?«
    Â»Wagen Sie es nicht!« Sie hob den Kopf ein wenig höher. »Ich werde selbst mit Mama sprechen.«
    Es war genau das, was Hester auch gesagt hätte, mutig, wütend und unklug, aber aus dem Herzen gesprochen. Hatte Margaret das Gefühl, dass sie Hester für ihn doubelte, dass sie quasi als Ersatz hier war und nicht um ihrer selbst willen? Denn dem war nicht so. Das wusste er mit überwältigender Sicherheit. Er liebte Margarets Mut und ihre Ehrlichkeit, die ihn
an Hester erinnerten, aber sie hatte auch noch andere Qualitäten, etwa Sanftheit und Ehre, Bescheidenheit und eine innere Liebenswürdigkeit, die nichts mit irgendjemandem sonst zu tun hatten. Man liebte nicht jemanden, weil er einen an jemand anderen erinnerte!
    Â»Sicher«, antwortete er. »Daran hatte ich nicht gedacht. Hätten Sie nicht das Gleiche gesagt?«
    Sie drehte sich mit weit aufgerissenen, fragenden Augen zu ihm um.
    Â»Hätten Sie?«, wiederholte er. »Mir ist nur wichtig, was Sie sagen.«
    Â»Tatsächlich?«
    Â»Ja, natürlich.« Eine leise Angst überkam ihn, wie weit er sich verpflichtete.
    Sie wandte den Blick wieder ab und lächelte mit strahlenden Augen. »Ich fürchte, wir waren bislang noch nicht sehr erfolgreich darin, Spender zu ermuntern, nicht wahr?«
    Â»Bisher war ich nur eine Belastung«, räumte er ein. »Ich werde mich bemühen, es besser zu machen.« Er bot ihr seinen Arm, und sie hakte sich unter. Zusammen gingen sie auf eine große Gruppe zu, bereit, es erneut zu versuchen.

5
    Hester kam gegen halb neun in die Portpool Lane, es war der dritte Morgen, seit Monk den Auftrag von Clement Louvain angenommen hatte. Als Erstes setzte sie sich mit Bessie in die Küche und nahm eine heiße Tasse Tee und eine Scheibe Toast zu sich, während sie sich anhörte, was in der Nacht passiert war.
    Als es noch ein Bordell war, war hier nur sehr selten gekocht worden. Die meisten Prostituierten, die es bewohnt hatten, hatten sich auf der Straße irgendetwas zu essen gekauft, bevor
die Arbeitsstunden begannen. Selten waren mehr als drei oder vier Personen zur gleichen Zeit zu versorgen gewesen: nur Squeaky Robinson selbst, ein paar Frauen, die kamen, um zu putzen und zu waschen, und ein paar Männer, die sich um Freier kümmerten, die grob wurden und rausgeworfen werden mussten oder ihre Rechnungen nur zögerlich bezahlten. Es war nie notwendig gewesen, das, was einst eine Familienküche gewesen war, zu vergrößern. Mit der Wäscherei verhielt es sich anders, die war riesig und gut ausgestattet; es gab zwei Waschkessel, um die unzähligen Laken zu kochen, und einen separaten Raum zum Trocknen.
    Bessie sah sehr müde aus. Sie hatte das Haar so fest aus dem Gesicht gekämmt, dass es wehtun musste, aber einige lange Strähnen waren nachlässig festgesteckt, als habe sie sie gereizt nach hinten geschoben, damit sie aus dem Weg waren. Ihre Haut war blass, und ab und zu konnte sie ein Gähnen nicht unterdrücken.
    Â»Die ganze Nacht auf gewesen?«, bemerkte Hester, mehr als Feststellung denn als Frage.
    Bessie trank mit einem zufriedenen Seufzer einen dritten Schluck Tee. »Den beiden von vor ein paar Nächten geht’s allmählich besser«, antwortete sie. »Ein armes Huhn, sie braucht nur ein bisschen Essen und ein paar Nächte anständigen Schlaf. Kann sie morgen wieder wegschicken. Die Stichwunden heilen gut.«
    Â»Gut.« Hester nickte.

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