Schwarze Tränen: Roman (German Edition)
schritt Abraham von Worms auf ihn zu. »Wie Millepertia … Mille bereits sagte: Es gibt niemanden, dem Mephistopheles ohne Grund erscheint.«
»Ach ja?« Wie so oft siegte Lukas’ Stolz über seine Vernunft. »Ich habe langsam die Schnauze voll von Teufeln und Zauberern. Dieser verdammte Höllenhund ist mir in Staufen erschienen. Er konnte mir nicht einmal selbst sagen, warum er dort aufgetaucht ist.«
»In Staufen?« Millepertia musterte ihn aufmerksam, dann fragte sie zögernd: »Und wer bist du?«
»Mein Name ist Lukas Faust.« Er wand sich unter ihrem Blick. »Angeblich bin ich ein Nachfahre dieses Alchimisten aus der frühen Renaissance. Dieser …«
»… Doktor Faust?« Abraham von Worms trat argwöhnisch näher und betrachtete ihn von oben bis unten. Sein Blick fiel auf den Einband des zerstörten Höllenzwangs. Er runzelte die Stirn. »Gut.« Er hob mahnend den Finger. »Ich bitte Euch nun, uns genau zu berichten, was sich in Staufen zugetragen hat. Und ich rate Euch, bei der Wahrheit zu bleiben. Wittere ich auch nur den Hauch einer Lüge, sorge ich persönlich dafür, dass Ihr diesen Ort nicht lebend verlassen werdet.«
Lukas schluckte. Stockend berichtete er, was ihm seit Freitagmittag widerfahren war. »Ich habe wirklich keine Ahnung, wie ich in diesen Schlamassel geraten bin«, endete er.
Abraham von Worms und Millepertia tauschten misstrauische Blicke.
»Und bei den Resten des Grimoires in Euren Händen handelt es sich tatsächlich um den Höllenzwang Eures Vorfahren?«
»Na ja, um das, was davon übrig ist.« Bereitwillig reichte Lukas dem Zauberer das zerrissene Buch. »Den Rest hat mir Agrippa von Nettesheim aus den Händen gerissen.«
»Der schleimige Raffzahn lebt also noch.« Abraham nahm die Überreste des Folianten an sich und blätterte sie interessiert durch. »Und der Sukkubus hat tatsächlich behauptet, von Faust persönlich geschickt worden zu sein?«
»Ja.« Lukas spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg. Die Sache mit der Dämonin wurde ihm zunehmend peinlich. Vor allem, da die Angelegenheit abermals vor dieser Millepertia zur Sprache kam.
Tatsächlich wandelte sich das Misstrauen in ihrem Blick in Verachtung. »Männer.«
»Vielen Dank«, gab Lukas gereizt zurück. »Eine Frau, die selbst einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat, ist im Gegensatz zu mir selbstverständlich über jeden Zweifel erhaben.«
Wütend maßen sich beide mit Blicken. Es war Millepertia, die zuerst ihre Lider senkte. »Bitte, Abraham, schick ihn weg«, wandte sie sich nun an ihren Beschützer.
Abraham reagierte nicht. Stattdessen betrachtete er die Überreste des Höllenzwangs von allen Seiten und fuhr sich nachdenklich durch den Bart. »Ich frage mich, was unser gemeinsamer vierbeiniger Bekannter damit bezweckt hat, Euch ausgerechnet hierherzubringen. Der hinterhältige Ziegenbock weiß genau, dass ich mich schon lange aus der Welt zurückgezogen habe. Ich möchte mit ihm und den Ränken meiner Kollegen nichts mehr zu schaffen haben.« Er sah wieder auf. »Und Ihr seid wirklich keinen Höllenpakt eingegangen, junger Faust?«
»Nein, bin ich nicht.«
»Es gibt Möglichkeiten, das zu überprüfen«, zischte die Hexe, doch Lukas ließ sich nicht einschüchtern. »Jederzeit gern«, konterte er. »Seit gestern bin ich ja von Fachleuten auf diesem Gebiet nur so umringt.«
»Ihr beide ermüdet mich.« Abrahams Blick wanderte von Millepertia zu ihm. »Ihr«, er deutete diesmal auf Lukas, »haltet Eure lose Zunge künftig im Zaum. Und du«, er nickte Millepertia zu, »vergiss nicht, dass auch du einst Hilfe erhalten hast.«
Die junge Frau funkelte den Zauberer empört an und murmelte leise: »Das war etwas anderes.«
Abraham wandte sich wieder an Lukas. »Wohlan denn, ich werde Euch eine Nacht Quartier gewähren. Und sei es nur, damit ich diese Schrift studieren kann. Wenn Ihr die Wahrheit sprecht, so haben sich gestern in Staufen außergewöhnliche Dinge zugetragen. Die Seele von Johann Faust schmort seit bald fünfhundert Jahren in der Hölle. Nicht einmal die Engel könnten ihm dort noch helfen. Erweist sich Euer Bericht jedoch als wahr, würde das meine bisherigen Studienergebnisse grundlegend in Frage stellen. Wenn ich die Lektüre beendet habe, werde ich entscheiden, wie ich weiter mit Euch verfahre.«
Lukas seufzte. »Danke. Auch wenn ich nicht weiß …«
»Das wird sich finden.« Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, wandte Abraham sich ab und marschierte, den Folianten
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