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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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und geomantischen Raumstrukturen. Die ganze Welt ist von ihnen überzogen. In China hat man die Kraftlinien einst Drachenpfade genannt, hierzulande sprechen die Kundigen von Ley-Linien oder Drachenlinien. Tatsächlich sind sie Rupturen in der Schöpfung, die beim Sturz Satans entstanden. Die zügellose Energie der großen Schlange tritt dort zum Vorschein – wie Blut, das aus einer Wunde quillt. Der Rosengarten, den Ihr bereits kennengelernt habt, liegt auf dem Kreuzungspunkt solcher Rupturen. Ebenso wie dieser Turm. Bedient man sich ihrer Kräfte, ist es, als würde man den Boden, auf dem man steht, zur Ader lassen. Es …« Abraham von Worms hielt inne, als habe er bereits zu viel gesagt. Dann seufzte er. »Leider muss ich mich dieser Kräfte bedienen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich gesucht werde.«
    »Mephisto deutete an, dass er Sie nicht finden …«
    »Nennt seinen Namen nie wieder!«, unterbrach ihn der alte Jude scharf. »Nicht nur
er
sucht nach mir. Auch einige meiner Kollegen, die nicht vor Mord zurückschrecken würden, um meine Geheimnisse für sich zu gewinnen.«
    »Umso mehr danke ich Ihnen, dass Sie mich als vertrauenswürdig einstufen.«
    »Gib dich keinen Illusionen hin«, bemerkte Millepertia schnippisch. »Sobald du uns verlässt, löschen wir dir die Erinnerung an unser Versteck aus dem Gedächtnis.«
    Lukas lag bereits eine unfreundliche Antwort auf der Zunge, doch Abraham von Worms hob mäßigend die Hand. »Ich möchte Euch bitten, dieses Prozedere als reine Vorsichtsmaßnahme anzusehen.
Er
 …« Der Zauberer deutete vielsagend zum Boden. »… ist überaus trickreich. Aus welchen Gründen er Euch auch immer zu uns brachte – einer von ihnen ist ohne Zweifel jener, über Euch unseren Aufenthaltsort ausfindig zu machen.«
    Lukas atmete tief ein. Der Gedanke war ihm auch schon gekommen. »Und was, wenn ihm das gelingen sollte?«
    »Da der Höllenpakt ausschließt, dass
er
uns selbst ein Leid antun darf, wird er möglicherweise versuchen, uns zu einer Torheit zu verleiten. Oder er könnte auf den Gedanken kommen, unsere Gegner auf uns aufmerksam zu machen«, antwortete der Zauberer ernst. »Was auch immer ihm einfällt: Es könnte uns am Ende das Leben kosten. Was dann mit unseren Seelen passiert, wisst ihr ja bereits.«
    »Und jetzt?«
    »Mille wird Euch das Zimmer zeigen, das Ihr für die Dauer Eures Aufenthaltes beziehen werdet. Danach möchte ich Euch um Eure Gesellschaft bitten. Es gibt einiges zu bereden.«
    Lukas nickte. Tatsächlich knurrte sein Magen, außerdem fühlte er sich, als habe er die Nacht durchgemacht – und vielleicht hatte er das ja auch?
    Millepertia strich sich ihr Haar hinter die Ohren und deutete brüsk zu einer Wendeltreppe, die neben einem brusthohen Abakus mit zahlreichen Steinkugeln hinauf zur Galerie führte.
    Als Lukas ihr nach oben folgte, stellte er mit Verwunderung fest, dass manche der Regale auf dem Rundgang aus Stalakmiten bestanden, zwischen denen auf unterschiedlicher Höhe Steinplatten eingefügt waren. Auch auf ihnen ruhten unzählige alte Bücher und Schriften in hebräischer, griechischer und lateinischer Sprache und zwischen ihnen derart viele Kristalle aus unterschiedlichen Mineralien, dass einige von ihnen als Buchstützen dienten.
    Millepertia öffnete eine niedrige Tür. »Hier, dein Zimmer.«
    Lukas ging an ihr vorbei und sah sich um. Der Raum war klein; Tageslicht fiel durch ein schießschartenartiges Fenster auf einen altertümlichen Bettkasten. Ein einfacher Schrank, ein Tisch und ein Stuhl rundeten die schlichte Einrichtung ab.
    »Ich hole dir gleich was zu essen. Aber denke ja nicht, dass du hier wie ein Fürst bewirtet wirst«, blaffte Millepertia.
    Lukas stellte den Rucksack auf dem Stuhl ab und blies sich die Haare aus der Stirn. »Warum diese Feindseligkeit?«
    »Weil wir abgesehen von dem, was du uns erzählt hast, rein gar nichts über dich wissen.«
    Irgendetwas in ihrem Blick sagte ihm, dass das nicht die ganze Wahrheit war. »Dann frag mich.«
    Sie neigte ihren Kopf. »Ich will wissen, woher du stammst. Wo lebst du? Was machst du? Wer bist du?«
    Lukas verlor sich einmal mehr in den faszinierend grünen Augen der Hexe. Sie funkelten im Licht des Fensters wie kleine Smaragde. »Oha, läuft das jetzt auf einen Seelenstriptease hinaus? Also gut, ich beantworte dir deine Fragen, wenn du mir im Anschluss mehr über dich erzählst.«
    »Offenbar vergisst du, dass du
unser
Gast bist – nicht umgekehrt.«
    »Ja, aber auch

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