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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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mehr, aber seid ganz unbesorgt, ich werde mich des Problems zügig annehmen.«
    »Ich hoffe es.« Lukas fischte sein Handy hervor und rief die Website der Heidelberger Touristeninformation auf. »Na super«, knurrte er missmutig. »Die Kirche schließt bereits in einer Dreiviertelstunde.« Er wickelte die doppelläufige Muskete in den Tarnmantel, überlegte kurz, ob er sie wieder laden sollte, und entschloss sich dagegen.
    Gemeinsam verließen sie das Appartement in Richtung Innenstadt. Spätestens als sie die dichtbebaute Altstadt mit ihren verträumten Gassen, den Museen und kleinen Galerien erreicht hatten, bereute es Lukas, zu geizig gewesen zu sein, auch für Abraham neue Kleider zu kaufen. Der Zauberer wirkte in jeder Hinsicht unzeitgemäß, und Studenten und Touristen gleichermaßen sahen sich nach ihnen um. Zwanzig Minuten später erreichten sie den von alten Häusern gesäumten Marktplatz, der bis hinüber zum Hotel
Zum Ritter,
dem ältesten noch erhaltenen Gebäude in Heidelberg, mit Menschen aller Altersgruppen und Nationalitäten gefüllt war. In der Mitte des Platzes thronte die imposante Heiliggeistkirche und erweckte mit ihren soliden Strebepfeilern aus rotem Sandstein den Eindruck, für die Ewigkeit erbaut worden zu sein. Der hohe Glockenturm der Hallenkirche mit der barocken Turmhaube ragte stolz zum blauen Himmel auf, und von dem dunklen Dach flatterten soeben einige Tauben zum Marktplatz herab. Die Stimmung auf dem Platz war entspannt, und jeder hier genoss die Wärme der Septembersonne. Als sie den Herkulesbrunnen passierten, sah sich Lukas misstrauisch um. Früher hatte er sich hier gern mit anderen Straßenkünstlern getroffen, doch von seinen Schuldnern war zum Glück keiner vor Ort.
    Erleichtert eilte er auf die Kirche zu, an deren Haupteingang sie ein Angestellter freundlich darauf hinwies, dass das Gebäude in fünfzehn Minuten geschlossen werde. Abraham nickte, und sie betraten das von roten Pfeilern getragene Mittelschiff des Gotteshauses. Die unzähligen Sitzbänke unter der kreuzgewölbten Basilika reichten bis weit hinüber zum Chor, und die Stille, die hier herrschte, bildete einen angenehmen Kontrast zu dem Trubel auf dem Marktplatz. Lediglich das Gemurmel einiger unüberhörbar amerikanischer Touristen in einem der mit bunten Glasfenstern ausgestatteten Seitenschiffe hallte durch den Saal.
    Lukas sah zu der großen Orgel auf und fasste die umlaufende Empore gute acht Meter über ihnen ins Auge. »Und was jetzt?«, wollte er leise wissen. »Ich habe keine Ahnung, wie wir da raufkommen sollen.«
    »Mir erscheint es klüger, wenn wir uns hier irgendwo verbergen und abwarten, bis wir ungestört sind«, wisperte Millepertia. »Wenn unsere Suche Erfolg haben soll, brauchen wir mehr Zeit.«
    Lukas suchte bereits nach einem Versteck, als er plötzlich einen Ruf vernahm. »Lukas?«
    Überrascht wandte er sich um und wurde blass. »Viola?« Sie war es. Mit ihren feuerroten Haaren und den vielen Sommersprossen würde er sie vermutlich unter Hunderten von Frauen wiedererkennen. Was tat die denn hier? Seine einstige Kommilitonin löste sich von der Gruppe amerikanischer Touristen und kam verärgert auf ihn zu. »Bist du es wirklich?«
    Lukas sah sich mit leichtem Unbehagen zu Millepertia und Abraham um, die seiner Ex interessiert entgegenblickten.
    »Hi, was machst du denn hier?«, gab er sich jovial. »Jobbst du jetzt als Touristenführerin?«
    »Ja, tue ich.« Viola steckte die Hände kämpferisch in die Taschen ihrer Jacke und warf auch Abraham und Millepertia einen knappen Blick zu. »Ich habe dauernd versucht, dich zu erreichen. Aber du hast nie zurückgerufen.«
    »Na ja.« Er räusperte sich unangenehm berührt und hielt wider besseres Wissen nach Mephisto Ausschau. Einen solch bösen Scherz traute er eigentlich nur ihm zu. Doch sein Blick streifte lediglich die Abbildungen von Heiligen, die ihm eine Spur zu leutselig lächelten. »Das mit dem Studium hier war ’ne blöde Idee. Ich bin dann weg nach Berlin«, nuschelte er.
    »Ohne mir irgendwas zu sagen?«
    »Ey, tut mir leid. Ich weiß, das alles kam etwas überstürzt.«
    »
Überstürzt?
Du Arsch hast mich ausgenutzt und bist feige abgehauen, bevor ich dir die Meinung geigen konnte.« Ihre Augen schimmerten feucht vor unterdrückter Wut. »Du wolltest bloß in dem Varieté meines Vaters auftreten, stimmt’s?«
    »Das ist doch Unsinn.«
    »Spar dir deine verdammten Lügen. Nur damit du es weißt: deine Miriam habe ich inzwischen

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