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Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Schwarze Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Schwarze Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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kratzbürstigen Art zum Bad. »Abraham hat das Gift überwunden. Er hat gerade die Dusche ausprobiert.«
    Offenbar hatte der Zauberer seinen Namen gehört, denn er trat in diesem Moment aus dem Badezimmer. Seine Schläfenlocken und sein langes, schlohweißes Haar waren frisch frisiert, aber er wirkte noch immer etwas blass. »Ah, ich sehe, Ihr habt Euch nützlich gemacht und etwas zu essen besorgt. Ich sterbe vor Hunger.«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an.« Lukas sah auf die Uhr. »Allerdings brauchen wir von hier bis zur Bibliothek mindestens eine halbe Stunde. Das sollten wir mit einplanen.«
    Abraham setzte sich und griff zu den mitgebrachten Leckereien. »Mille hat mir bereits von Euren Bemühungen berichtet«, sagte er, während er kräftig zulangte. »Nur ist Euch da ein kleiner Denkfehler unterlaufen. Die Ruprecht-Karls-Universität von vor fünfhundert Jahren ist nicht mit der heutigen Universität vergleichbar. Die heutige Bibliothek gab es damals noch gar nicht.«
    »Was?« Lukas starrte ihn überrumpelt an. »Wissen Sie, was das für ein Akt war, an die beiden CampusCards zu kommen?«
    »Was auch immer das ist, wir brauchen sie nicht.«
    »Und wo befand sich die Bibliothek dann?« Lukas sah Millepertia hinterher, die mit ihren neuen Kleidungsstücken an ihm vorbei ins Bad ging.
    »Ich brauchte selbst eine Weile, bis ich wieder darauf kam«, schmatzte der Zauberer. »Mir als Juden war der Besuch der Universität damals schließlich nicht gestattet. Von allen Zunftkollegen habe ich von dieser Lehreinrichtung also am wenigsten profitiert. Doch soweit ich mich erinnere, gab es hier damals gleich vier Bibliotheken: die Büchersammlung der Artistenfakultät, die der höheren Fakultäten und die der Stiftskirche. Außerdem die Schlossbibliothek, die nach Fausts Tod mit jener der Kirche vereint wurde und so den Grundstock für die berühmte
Bibliotheca Palatina
bildete.«
    »Na ja, das Heidelberger Schloss ist heute bloß noch eine Ruine.«
    »Ich weiß.« Abraham vertilgte Käse und Brot in einer Geschwindigkeit, dass Lukas allein vom Hinsehen schwindelig wurde. »Während Mille vorhin im Garten ihre Kräfte aufgefrischt hat«, fuhr er fort, »habe ich mich an einer eidetischen Meditation versucht, um so meine Erinnerungen an die damalige Zeit aufzufrischen. Mit Erfolg. Ich erinnere mich wieder daran, dass das Gerücht vom entrückten Bibliothekstrakt kurz nach der Walpurgisnacht des Jahres 1537 die Runde machte. Dass Johann Faust damit in Verbindung gebracht wurde, liegt daran, dass ihn damals einer der Kollegen in der Stadt gesehen hat. Insbesondere fiel mir jedoch wieder ein, dass in jener Nacht ein kleines Mädchen ermordet aufgefunden wurde. Und zwar im Altarraum der Stiftskirche.«
    »Was Sie für keinen Zufall halten?«
    »Natürlich nicht. Jemand, der Räume ausgerechnet an einem geweihten Ort entrücken will, kann dies nur mit Blutmagie bewerkstelligen.« Abraham machte sich jetzt über die Studentenküsse her, die ihm einen verzückten Gesichtsausdruck entlockten. »Ich bin daher davon überzeugt, dass wir genau dort suchen müssen.«
    »Und welche der Kirchen war die Stiftskirche?«
    »Na, die berühmte Heiliggeistkirche im Stadtzentrum«, antwortete Abraham, der sich gesättigt zurücklehnte und allmählich wieder Farbe bekam. »Die Bibliothek befand sich damals auf den Emporen, wo die Lichtverhältnisse zum Lesen am besten waren. Und dort sollten wir auch mit der Suche beginnen.«
    Die Tür zum Bad öffnete sich, und heraus trat Millepertia in ihren neuen Kleidungsstücken. Bluse und Jacke verliehen ihr ein sportliches Aussehen.
    Selbst Abraham hob eine Augenbraue. »Habt Ihr das gekauft?«, fragte er.
    Lukas nickte.
    Der Zauberer maß ihn mit einem Blick, den Lukas von den Vätern seiner Exfreundinnen her kannte. Der Alte glaubte doch wohl nicht, dass er sich mit den Präsenten an Millepertia heranmachen wollte? Er stand auf Frauen mit deutlich mehr Figur! Frauen, die ihn nicht bei jeder Gelegenheit heruntermachten! Millepertia war überhaupt nicht sein Typ! Jedenfalls theoretisch.
    Eine Spur zu hastig zog er seine Jacke wieder an. »Da wir gerade über Ausgaben reden – allmählich herrscht Ebbe in unserer Reisekasse. Jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie vielleicht etwas von ihrem Vermögen lockermachen sollten.«
    »Ach, ist es schon so weit?« Abraham steckte sich einen weiteren der Studentenküsse in den Mund und leckte sich genießerisch die Finger. »Nun, heute wird das wohl nichts

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