Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
Helligkeit etwas erkennen konnte, dachte ich verwundert: Wo bin ich? Warum liege ich auf dem Boden? Wieso bin ich nackt? Ohne den Kopf zu drehen, erkannte ich Stuhlbeine und die Bodenstufe meiner Frühstücksnische. Okay, ich lag also nackt in meiner Küche. Warum?
Ich hörte leise Bewegungsgeräusche, dann streifte mich eine Hand. Es kostete mich große Anstrengung, nach rechts an mir hinabzuschauen. Dort lag Nathaniel, noch nackter als ich. An einem meiner Knöchel hing noch ein Fetzen von meinem Smoking. Der erinnerte mich an die Hochzeit. Mir fiel ein, dass ich mit Micah gesprochen hatte, nachdem wir nach Hause gekommen waren, und dass er hatte gehen müssen, um einen von Richards Wölfen zu retten. Ich erinnerte mich, dass die Ardeur uns überwältigt hatte und etwas Sonderbares vor sich gegangen war. Und Damian war dabei gewesen. Er musste vor uns aufgewacht und schon in den Keller gegangen sein. Glauben Sie mir, die Untoten erholen sich immer am schnellsten.
Jemand stöhnte, und es war nicht Nathaniel. Ich ebenfalls nicht.
Plötzlich konnte ich den Kopf viel schneller drehen als eben noch. Der Segen des Adrenalins.
Damian lag bei uns, mit dem Oberkörper in der goldenen Morgensonne. Seine weiße Haut sah aus wie mit Honig überzogen. Im Hinterkopf registrierte ich, wie schön er mit den blutroten Haaren in der goldenen Sonne aussah, davon abgesehen war ich tief erschrocken. Ehe mein Körper sich beschweren konnte, war ich auf allen vieren und packte Damian am Bein. Nathaniel war sofort neben mir, und gemeinsam zogen wir Damian aus der Sonne.
Der wurde dabei wach und schrie. Er lag nicht mehr in der prallen Sonne, aber die Küche ging nach Nordosten und war morgens lichtdurchflutet. Damian wich bis an die Küchenzeile zurück, presste den Rücken dagegen, als wollte er mit der Tür verschmelzend in den Schrank eindringen, um in der Dunkelheit Schutz zu suchen. Ich griff nach seinem Arm, um ihn auf die Beine zu ziehen und aus dem hellen Raum hinauszubringen, doch er wehrte mich ab. Dann schlug er sich am ganzen Körper, als würden überall Spinnen auf ihm krabbeln. Doch Sonnenlicht krabbelt nicht, und man kann es nicht wegschlagen.
Ich fing ein Handgelenk und hielt es fest. »Nathaniel, hilf mir!«, schrie ich.
Nathaniel bekam den anderen Arm zu fassen. Wir zogen den Vampir in das von Vorhängen verdunkelte Wohnzimmer. Er hörte nicht auf zu schreien. Auch als wir ihn absetzten und an die Wand lehnten, schrie er weiter. Sowie wir seine Hände losließen, schlug er sich wieder, als müsste er unsichtbare Flammen löschen.
Doch würde er brennen, wären die Flammen nicht unsichtbar. Ich hatte Vampire in der Sonne verbrennen sehen. Sie gingen plötzlich in Flammen auf und brannten grell wie Magnesium. Von etwas Unsichtbarem konnte keine Rede sein. Sie brannten, und wenn sie nicht aus dem Licht gelangten, schmolzen sie. Knochen schmelzen erst bei sehr großer Hitze, doch Vampire brennen im Sonnenlicht gut.
Nathaniel kniete neben Damian und versuchte, ihn zu beruhigen, ihn festzuhalten, damit er nicht mehr auf sich einschlug. Ich starrte Damian an und versuchte, an der Angst vorbeizudenken, die mir fast die Luft abschnürte. Ich erstickte fast an seiner Angst. Aber ich konnte nicht denken; ich konnte ja kaum atmen. Ich bildete einen Schutzschild, indem ich mir Metall vorstellte, und versuchte noch einmal, zu denken. Auf Damians weißer Haut war nicht eine Blase zu sehen, nicht ein roter Fleck. Er war nirgendwo verbrannt. Er brannte nicht. Wieso, wusste ich nicht. Er hätte in dem Moment, als ihn der erste Sonnenstrahl traf, in Flammen aufgehen müssen, aber das war nicht passiert. Also würde er im halbdunklen Wohnzimmer erst recht nicht verbrennen.
Nebenan klingelte das Telefon, von Damians Geschrei weitgehend übertönt. Ausnahmsweise ließ ich es klingeln. Wenn es die Polizei war, würden sie später wieder anrufen. Wenn es ein Freund war, würde er sich ebenfalls noch mal melden. Wenn es ein weiterer Notfall war, konnte der warten. Immer eine Katastrophe nach der andern.
Ich kniete mich vor ihn und versuchte zu ihm durchzudringen. »Damian, Damian, du bist in Sicherheit. Dir passiert nichts. Du brennst nicht.« Ich fasste ihm an beide Wangen und schrie: »Du bist unverletzt!«
Seine Augen blieben angstgeweitet, die Pupillen klein wie Stecknadelköpfe. Er hörte mich gar nicht. Es war ein Schockzustand, nur schlimmer. In alten Filmen wurde den Leuten immer ins Gesicht geschlagen, aber ich glaubte
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