Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
etwas ausrichte, und immer irgendwas Blödes wie: Mir geht’s gut, ich bin glücklich, macht euch keine Sorgen. Wie soll man mit so einer Nachricht an einer Tür klingeln? Hallo, Sie kennen mich zwar nicht, aber Ihr toter Sohn hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass es ihm gut geht. Sonst nichts, nichts Dringendes, nur: Mir geht’s gut, macht euch keine Sorgen .« Ich schüttelte den Kopf. Es war Jahre her, seit ich zuletzt daran gedacht hatte. »Solange ich Tote erwecke, lassen sie mich in Ruhe.«
»Tatsächlich? Tun sie das wirklich, ma petite?« Da war ein Anflug von Belustigung zu hören, aber die klang ein bisschen unheilvoll.
»Du bist nicht tot, Jean-Claude. Ich weiß, wie Tote aussehen, selbst wenn sie herumlaufen. Du bist alles Mögliche, aber nicht tot.«
»Es gab eine Zeit, wo du das nicht glauben wolltest. Soweit ich weiß, hast du mich einmal als gut aussehende Leiche bezeichnet.«
»Da war ich noch jung und unwissend.«
»Und jetzt bist du sicher, dass ich nicht bloß ein hübscher toter Kerl bin, ma petite?« Noch so ein Zitat von mir.
»Ja, völlig.«
Darauf lachte er und es hatte diesen Gänsehaut erregenden Klang. »Da bin ich aber froh. Sprichst du eigentlich Italienisch, ma petite?«
»Nein, wieso?«
»Nur so«, sagte er. »Dann sehe ich dich also heute Abend, ma petite, dich und deine neuen Freunde.«
Ich wollte gerade widersprechen, sie seien keine neuen Freunde, doch er legte auf. Als ich ebenfalls auflegte, begriff ich, dass ich hätte lügen sollen. Aber so gut ich das inzwischen konnte, meine unwillkürliche Reaktion war noch immer, die Wahrheit zu sagen. Ich schätze, man kann nicht seine gesamte Erziehung ignorieren, egal wie sehr man sich bemüht.
24
W ir schickten Gregory in seinem Katzenfell zu Damian runter zum Aufpassen. Gregory war der Einzige im Haus, der nicht metaphysisch mit mir verbunden war. Na ja, Fredo und unsere Ärztin auch nicht, aber Fredo würde sie nicht aus den Augen lassen wollen, und Lillian sagte, sie sei noch nicht mit Richards Arm fertig. Folglich blieb nur Gregory übrig.
Während er mit seinem gefleckten Schwanz an seinem sehr menschlichen Hintern auf die Kellertür zutappte, informierte er mich noch kurz: »Ich soll heute Abend im Guilty Pleasures auf die Bühne. Ich kann so nicht weitermachen. Jean-Claude wird einen Sub brauchen.« Er grinste mich an und verschwand um die Ecke.
»Was heißt, er soll auf die Bühne?«, fragte Clair.
»Er arbeitet als Stripper«, erklärte ich.
Ihre Lippen bildeten ein kleines O. Warum, war mir nicht ganz klar, es sei denn, sie lebte in einer so behüteten Welt, dass es schon eine große Sache war, mit einem Stripper zusammen im Auto zu sitzen. Für ihre geistige Gesundheit hoffte ich, dass es anders war.
»Aber, das verstehe ich nicht, warum kann er nicht«, sie machte eine hilflose Handbewegung, »auftreten?«
Richard antwortete an meiner Stelle. »Weil man nach dem Gestaltwechsel sechs bis acht Stunden in der Tiergestalt bleiben muss, das weißt du doch schon.«
»Ich dachte, das gilt nur für die ganz Neuen wie mich.«
Richard schüttelte den Kopf und zuckte vor Schmerzen zusammen. »Nein, die meisten Gestaltwandler leben an diese Zeiten gebunden: sechs bis acht Stunden Tiergestalt, dann zwei bis vier Stunden Bewusstlosigkeit, nachdem sie sich in Menschen zurückverwandelt haben.«
»Setz dich hin«, sagte Lillian in einem Ton, der Gehorsam gewohnt war.
Behutsam ließ er sich wieder auf demselben Stuhl nieder. Er hatte diese Falten um die Augen und Mundwinkel, die man kriegt, wenn’s richtig wehtut. Wie schwer hatte Damian ihn wirklich verwundet?
Clair wollte ihm beim Hinsetzen helfen, wusste aber nicht, wo sie ihn anfassen sollte, da er seinen gesunden Arm benutzte, um sich auf dem Tisch aufzustützen. Unschlüssig stand sie dabei. »Aber du bleibst nicht acht Stunden lang in Tiergestalt und wirst auch nicht bewusstlos, wenn du dich zurückverwandelt hast.«
»Er ist dein Ulfric«, warf Fredo ein. »Kein König ist schwach.« Seine Stimme war tiefer als sein Brustkorb breit.
Clair sah nur kurz zu ihm hin, als machte er sie nervös. Vielleicht lag es an den Messern. »Wirst du dabei ohnmächtig?«, fragte sie ihn in einem Ton, der zu dem huschenden Blick passte.
»Nein.«
»Aber ich«, sagte Nathaniel und lächelte sie an. »Du brauchst die anderen nicht zu fragen, sonst fühlst du dich mies, denn sie werden auch nicht ohnmächtig.«
»Wie lange bist du schon …« Die Frage verebbte.
»Ein
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