Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
nicht.«
Micah aß einfach weiter, ich glaube, er war ungehalten, weil ich nichts sagte, womit Nathaniel sich besser fühlen konnte. Das Problem war, dass mir nichts einfiel. Also ging ich ans Telefon.
»Anita, hier Ronnie.«
»Tag, Ronnie.« Ich überlegte fieberhaft. Ach ja, ich war ja nicht die Einzige, die persönliche Probleme hatte. Ich konnte noch immer nicht glauben, dass sie Louies Antrag abgewiesen hatte. Laut sagte ich: »Wie geht’s denn?«
»Louie hat mir auf den AB gesprochen. Ich weiß also, dass du es weißt.« Sie klang defensiv.
»Aha. Möchtest du darüber reden?« Ich fühlte mich nicht angegriffen. Sie war ja nicht auf mich wütend.
Sie stieß hörbar den Atem zwischen den Lippen hervor. »Ja … nein … ich weiß nicht.«
»Du kannst herkommen, oder wir treffen uns irgendwo.« Ich redete in dem vorsichtigen Ton, den Micah bei mir häufig benutzte.
»Ich bringe Bagel mit«, sagte sie.
»Hier gibt’s selbst gebackene Milchbrötchen.«
»Selbst gebackene? Aber nicht von dir, oder?«
»Nein, von Nathaniel.«
»Kann er kochen?«
»Oh ja.«
Fast fühlte ich ihren Zweifel herüberwehen.
»Ehrlich, vor allem bäckt er sehr gut.«
»Wenn du es sagst.«
»Na ja, wir würden glatt verhungern, wenn wir darauf angewiesen wären, dass ich koche.«
Da musste sie lachen. »Das ist wohl wahr. Na gut, dann komme ich gleich mal vorbei. Heb mir welche auf.«
»Geht klar.«
Ich blieb nach dem Auflegen ein, zwei Augenblicke am Telefon stehen und betrachtete Nathaniels zornigen Rücken über dem Abfalleimer, wo er die Scherben und die nicht mehr verwendbare Butter hineinkehrte. Mir fiel zum ersten Mal auf, dass Pferdeschwänze auch wütend hüpfen können.
Micah sah mich eindringlich an, und sein Blick sagte: Bring das ja in Ordnung, sonst werde ich auch sauer auf dich. Zwei Männer auf einmal zu haben hat Nachteile. Zum Beispiel, dass sie beide gleichzeitig sauer sein können.
Nathaniel blieb am Küchenschrank stehen, eine Hand auf der Kante; seine ganze Körperhaltung verströmte Wut. Ich hatte ihn noch nie so wütend gesehen. Normalerweise wäre ich ebenfalls wütend geworden, doch diesmal nicht. Vielleicht gestand ich es ihm zu; er konnte schließlich wütend werden, wann er wollte.
Ich überlegte, was ich Nützliches sagen könnte. Eben hatte er noch im häuslichen Glück geschwelgt, jetzt war er so sauer wie noch nie. Das Einzige, was sich geändert hatte, war das Aussehen von Micahs Hals. Er hatte es ertragen, dass Micah Geschlechtsverkehr und Orgasmen bekam, er selbst dagegen fast nichts. Wieso war dann dieser eine übertriebene Knutschfleck der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte? Ich dachte angestrengt darüber nach und spürte, wie zwischen meinen Augen Kopfschmerzen keimten. Dann kam mir ein guter Gedanke, beinahe eine Erkenntnis. Normalerweise passiert mir das nicht von allein, nur wenn ich mit Freunden spreche, die intelligenter und weiser sind als ich. Doch plötzlich sah ich sie, die Wahrheit.
Ich ging zu ihm und berührte ihn an der Schulter. Er fuhr vor mir zurück. Das hatte er noch nie getan. Es erschreckte mich. Ich wollte nicht, dass er so wütend auf mich war, niemals. Micah hatte recht. Ich musste das in Ordnung bringen. Aber wie?
»Nathaniel …« Es war, als ob bei seinem Namen die Dämme brächen.
»Ich kann so nicht leben. Du gibst mir einen Zentimeter nach, dann nimmst du ihn wieder zurück. Heute ein Orgasmus, aber nur wegen irgendeinem metaphysischen Scheiß. Du wirst einen Vorwand finden, es nicht wieder zu tun. Das machst du immer. Er hat Geschlechtsverkehr und Orgasmen mit dir, ich überhaupt nichts. Ich habe nur ein Bissmal von dir. Aber immerhin, und das hatte er bisher nicht!« Er starrte auf den Küchenschrank, während er immer lauter wurde. »Das war alles, was ich hatte! Nur das!« Er musste Luft holen, und ich stürmte in die Bresche.
»Es tut mir leid.« Ich sagte es sehr schnell, damit es nicht in seinem nächsten Satz unterginge.
»Ich weiß nicht, warum ich immer wieder hoffe –« Er stockte, dann drehte er sich langsam zu mir um. »Was hast du gesagt?«
»Ich sagte, es tut mir leid.«
Für eine Sekunde wurde sein Gesicht weich, dann verhärtete es sich wieder, und er blickte mich aus schmalen Augen an. Eindeutig misstrauisch. »Was genau tut dir leid?«
»Dass du wütend bist.«
»Ach so.« Und dann wütete er weiter.
Ich berührte ihn am Arm, und diesmal fuhr er nicht davor zurück, zählte aber weiter alles auf, was ich
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