Schwarze Träume: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
nicht, er machte mir Angst. Ich hatte genug Probleme damit, mein eigenes Leben zu führen, ich wollte nicht noch für jemand anderen bestimmen. Doch ich behielt meine Zweifel für mich. Er hatte mit seinen eigenen genug zu tun. Da brauchte er nicht auch noch meine.
»Versprich es mir«, flüsterte er. »Versprich mir, dass du mich heute Nacht beißt.«
Er wollte ein Versprechen. Scheiße. »Ich verspreche es«, flüsterte ich in seine vanilleduftenden Haare.
Er holte tief Luft, sodass ich die Dehnung seiner nackten Brust an meiner spürte. Mein Körper reagierte darauf, ob ich wollte oder nicht. Meine Brustwarzen wurden steif.
Er sah mich an, und sein Blick war vollkommen männlich und trieb mir die Röte ins Gesicht, beschleunigte meinen Puls, machte mir Herzklopfen. Er war submissiv, aber unter der Oberfläche war etwas, das sehr gefährlich werden konnte, und das sah ich jetzt in seinen Augen, da lauerte die Katastrophe.
»Komm heute Abend in den Club und sieh dir meinen Auftritt an, bitte.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich arbeite heute Abend.«
»Bitte.« Es war mehr als ein höfliches Wort. Er blickte mich drängend an. Er wollte, dass ich ihn auf der Bühne sah, umgeben von kreischenden Fans. Vielleicht wollte er mir zeigen, dass er von anderen begehrt wurde. Vermutlich hatte ich es verdient, dass er es mir so unter die Nase rieb.
»Wann bist du dran?«
Er nannte mir die Uhrzeit.
»Vielleicht kann ich mir einen Teil davon ansehen, aber sicher nicht den ganzen Auftritt.«
Er küsste mich fest und seltsam keusch, dann lief er beschwingt zur Tür. »Ich muss nachsehen, ob mein Kostüm in Ordnung ist.« Bevor er ins Wohnzimmer verschwand, drehte er sich noch mal um. Der begierige Gesichtsausdruck war noch da. »Was ist, wenn ich mich bis dahin verwandle? Wirst du mich trotzdem beißen?«
»Ich mach’s nicht mit Fellträgern.«
Er schob die Unterlippe vor wie ein trotziges Kind.
»Du bist verdammt penetrant, das weißt du genau, oder?«
Er lächelte.
»Ich mach’s nicht mit Fellträgern.«
»Aber wenn ich nicht im Fell bin, tust du es dann?« Irgendetwas an seinem Ton ließ mich aufhorchen, aber ich nickte. »Ja.«
Er verschwand ins Halbdunkel des Wohnzimmers. »Dann bis heute Abend.«
Ich rief hinter ihm her: »Wenn es einen neuen Mordfall gibt, kann ich gar nichts versprechen. Ermittlungsarbeit ist wichtiger, als seinem Freund beim Strippen zuzusehen.« Da, ich hatte es wieder gesagt: mein Freund.
Ich hörte Nathaniel auf der Treppe lachen. Das erinnerte mich an einen anderen Mann in meinem Leben, der sich heute Morgen auch mit einem Lachen verabschiedet hatte. Offenbar war ich heute mächtig amüsant.
27
M icahs Kuss war noch warm auf meinen Lippen, als Ronnie an der Tür klingelte. Inzwischen lag er in seinem Bett, da er die ganze Nacht nicht zum Schlafen gekommen war. Außerdem würde Ronnie keine weiteren Zuhörer wollen.
Beim Hereinkommen beäugte sie die Tür. »Was ist denn hier passiert?«
Ich versuchte, mir eine Kurzversion zurechtzulegen, kam aber nicht zurande und sagte: »Lass uns erst mal einen Kaffee trinken.«
Ihre Brauen gingen in die Höhe, aber von ihren Augen sah ich durch die dunkle Sonnenbrille nichts. Sie zuckte die Achseln. Sie trug die braune Lederjacke, die zu ihrem Lieblingsstück avanciert war. Der Reißverschluss war mehr als halb zugezogen, darunter guckte ein Zopfpullover hervor.
Ich ließ mir meine Verwunderung nicht anmerken. Draußen war es einundzwanzig Grad warm. Ich schob die Terrassentür zu. »Hat es sich so stark abgekühlt, oder was ist los?«
Sie zog die Schultern hoch. »Ich friere, seit ich von der Hochzeitsfeier weggefahren bin. Mir wird einfach nicht warm.«
Ich verkniff mir die Bemerkung, dass Gestaltwandler eine etwas höhere Körpertemperatur haben als Menschen und dass die Wärme, die ihr fehlte, möglicherweise Louie hieß. Ich sagte es nicht, weil es zu offensichtlich war und auch grausam gewesen wäre.
Sie ging durch das abgedunkelte Wohnzimmer in die helle Küche. Ich hatte die Vorhänge wieder aufgezogen, nachdem Damian in den Keller verschwunden war. In der Tür blieb sie stehen. »Wo sind denn alle?«
»Micah ist endlich schlafen gegangen. Gregory und Nathaniel sind oben mit einem Kostüm beschäftigt, das heute Abend für den Auftritt gebraucht wird. Da sind wohl ein paar Riemen gerissen.«
Sie setzte sich auf den Stuhl, wo Richard gesessen hatte, sodass sie die Türen im Blick haben und gleichzeitig nach draußen sehen
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