Schwarze Verführung: Die Herren der Unterwelt 9 (German Edition)
konnte sie noch ertragen? Wie lange noch, bis sie zerbrach?
Für Skye würde sie so ziemlich alles tun, und Cronus wusste das. Skye war alles, was ihr noch geblieben war, war in ihren Gedanken irgendwie zu einer Mischung aus Schwester und Tochter geworden. Wie sollte es auch anders sein. Ihre Schwester hatte sie nur als kleines Mädchen gekannt, und dem Baby, das sie verloren hatte, war nie die Chance gewährt worden, groß zu werden. Und dann die Hoffnung auf eine Nichte oder einen Neffen? Oh ja, dafür würde sie alles tun.
Kein Wunder, dass Cronus sich gezügelt hatte. Er musste ihr nicht körperlich wehtun, um zu bekommen, was er wollte. Kein Wunder, dass er sich für seine Spielchen gerade Sienna ausgesucht hatte. Sie war noch immer eine Marionette. Die Fäden, von denen sie gedacht hatte, sie wären durchtrennt, lagen bloß in der Hand eines anderen Meisters.
Und das Schlimmste: Bei diesem gab es keine Möglichkeit des Widerstands.
6. KAPITEL
P aris lag auf einem fremden Bett ausgestreckt, eine Hand mit dem kristallenen Dolch an seiner Seite, die andere über die Augen gelegt. Nach einigen Tagen Reise befand er sich in einem weiteren Motel in Titania und war seinem Ziel näher denn je. Zacharel war … irgendwo, und William döste friedlich auf dem Bett neben seinem.
In stillen Momenten wie diesem machten Paris’ Gedanken immer einen Abstecher in die Vergangenheit, brachten ihn zurück zu dem Tag, als er Sienna das erste Mal getroffen hatte. Heute war es nicht anders. Er erinnerte sich, wie er durch die Straßen von Rom gestreift war, verzweifelt auf der Suche nach einer Liebhaberin, während jede Frau, der er begegnete, ihn fortscheuchte, als wäre er abstoßend. Dann hatte ihn jemand von hinten angerempelt, und schwach, wie er durch den Mangel an Sex war, hatte er nur mit Müh und Not verhindern können hinzufallen.
„Oh, das tut mir so leid.“ Die sinnliche Heiserkeit der weiblichen Stimme hatte ihn sofort gefesselt.
Er hatte sich ganz langsam umgedreht, aus Angst, sie würde weglaufen, wenn er sich zu schnell bewegte. Lose Blätter lagen um sie herum verstreut, und sie ging in die Knie, um sie aufzusammeln. Das Erste, was er von ihr sah, waren ihre dunklen Haare, die wie ein Vorhang über ihr Gesicht fielen.
„Das wird mir eine Lehre sein, nicht noch mal im Gehen zu lesen“, murmelte sie.
„Ich bin froh, dass Sie gelesen haben“, entgegnete er und beugte sich hinunter, um ihr zu helfen. „Ich bin froh, dass wir ineinandergelaufen sind.“ Froher, als sie jemals ahnen würde.
Daraufhin sah sie ihn unter ihren dichten Wimpern hervor an, und ihre Blicke trafen sich. Sie keuchte. Er schwankte. Vom Aussehen her war sie eher unspektakulär, die Augen undLippen zu groß für ihr mit Sommersprossen übersätes Gesicht. Doch sie besaß eine Anmut und Präsenz, auf die nur wenige Sterbliche je hoffen konnten.
„Ihr Name fängt nicht mit einem A an, oder?“, fragte er plötzlich, argwöhnisch und voller Gedanken an Schicksal und Masterpläne. Vor Kurzem war Maddox einer Frau namens Ashlyn verfallen. Lucien hatte sich für Anya von seiner Männlichkeit verabschiedet. Paris weigerte sich, für irgendjemanden dasselbe zu tun.
Verwirrt runzelte sie die Stirn und schüttelte den Kopf, wobei ihr das üppige braune Haar um die zarten Schultern schwang. „Nein. Mein Name ist Sienna. Nicht, dass Sie das interessiert, und nicht, dass Sie tatsächlich danach gefragt hätten. Tut mir leid. Ich wollte damit nicht so herausplatzen.“
„Es interessiert mich“, erwiderte er mit dunkler Stimme, während er sich ausmalte, wie er es genießen würde, sie auszuziehen. Ihre Kleider hingen wie ein Sack an ihrem Körper und verbargen die Geheimnisse ihrer Weiblichkeit vor jeglichen Blicken. Dazu war sie scheu und unberechenbar, ihr Geplapper bezaubernd, und er rechnete mit einer ganz ähnlichen Reaktion, wenn sie erst im Bett wären. „Sie sind … Amerikanerin?“
„Genau. Ich mache hier Urlaub, um an meinem Manuskript zu arbeiten. Ich weiß, danach haben Sie auch nicht gefragt … Aber Ihren Akzent kann ich nicht einordnen.“
„Ungarisch“, erwiderte er der Einfachheit halber. Die Herren lebten seit einiger Zeit in Budapest, und es bestand keine Chance, ihr – ohne verrückt zu klingen – zu erklären, dass er Sprachen kannte, von denen sie noch nie gehört hatte. „Sie sind also Schriftstellerin?“
„Ja. Na ja, ich hoffe, ich werde eine. Moment, das stimmt auch wieder nicht. Ich bin
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