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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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zwar nicht vor, auch nur einem einzigen in meiner Familie die Wahrheit über meine Eltern zu verraten, aber trotzdem war ich jetzt dazu bereit, mich mit dem Mann auseinanderzusetzen, dessen Liebe ich als Kind so bitter gebraucht hätte. Er aber hatte mich unbarmherzig und brutal abgelehnt. Jetzt allerdings war ich in keiner Hinsicht mehr auf ihn angewiesen, trotzdem wollte ich, daß er, und nur er, ganz genau erfuhr, wer ich war.
    Für meine Fahrt nach Winnerow brauchte ich drei Tage.
    Unterwegs hielt ich in New York City bei einem der besten Friseure. Dann tat ich etwas, was ich schon jahrelang wollte: Mein ganzes Leben hatte ich mir die silberblonde Haarfarbe meiner Mutter gewünscht. Mein ganzes Leben war ich der schwarze Engel gewesen, war von etwas betrogen worden, das ich für meine Casteelschen Indianerhaare gehalten hatte. Jetzt würde ich der echte, strahlende Engel, das reiche Mädchen aus Boston sein… auf das keiner mehr herabsah. Ich kam als eine andere Frau aus dem Salon, eine Frau mit schimmernden, silberblonden Haaren. Nein, jetzt war ich keine Casteel mehr, sondern die echte Tochter meiner Mutter. Mir war klar, daß ich jetzt wenigstens einem Mann nicht mehr wie die Heaven Leigh Casteel vorkommen würde, die er haßte. Nein, er würde merken, wie ähnlich ich Leigh war, und endlich würde er begreifen, wie sehr er mich mochte, denn in mir würde er wenigstens seinen geliebten Engel wiedersehen.
    Als ich zuerst bei der neuen Hütte in den Bergen ankam, hätte mich Großpapa fast nicht erkannt. Beim ersten Hinsehen fürchtete er sich beinahe so, als ob wirklich ein Geist von den Toten auferstanden wäre. Da begriff ich, daß er vermutlich einen Herzschlag bekäme, sollte er seine »Annie« je wieder in echt sehen. »Großpapa«, sagte ich und umarmte seinen vor Angst starren Körper, »ich bin’s, Heaven. Gefallen dir meine Haare?«
    »Ach, Heaven-Mädel, ich dacht’, du wärst ’n Geist!«
    Erleichtert seufzte er auf. Als ich ihm dann erzählte, ich wäre gekommen, um bei ihm zu leben, war er überglücklich. »Ach, Heaven-Mädel, auf einmal kommen alle heim. Weißte, nächste Woche kommt auch Lukes Zirkus in die Stadt. Alle Casteels kommen zurück nach Winnerow. Ist doch großartig!«
    So, ich war also nicht die einzige Casteel, die zurückkam, um zu demonstrieren, wer ich jetzt war. Dann konnte ich ja meine Pläne viel früher als erwartet in die Tat umsetzen, denn inzwischen war mir klar, was ich tun mußte.
    Der Zirkus war das einzige Gesprächsthema in ganz Winnerow, so daß sich kaum Zeit fand, über mich und meinen weißen Jaguar zu klatschen. In der Woche, bevor der Zirkus erwartet wurde, hatte ich viel zu tun: Ich gestaltete die Hütte so gemütlich und hübsch wie nur möglich und war beschäftigt, ein altes Kleid zu waschen und sorgfältig zu bleichen, damit es wieder wirklich weiß wurde. Dann müßte es noch gebügelt werden, aber im Umgang mit Bügeleisen hatte ich keine Erfahrung, nicht einmal mit dem teuersten auf dem Markt. So passierte es, daß ich eines Tages gerade dabei war, eine Erfindung namens Bügelbrett aufzubauen, da kam Logan vorbei und brachte Großpapa seine Wochenration an Medikamenten. Bei meinem Anblick zog er die Luft ein.
    »Oh«, meinte er und fühlte sich dabei anscheinend unbehaglich. »Ich hätte fast nicht gewußt, wer du bist.«
    »Gefällt’s dir nicht?« Das fragte ich ganz nebenbei, um ja auf Distanz zu bleiben.
    »Du siehst wunderschön aus, aber mit deinen eigenen schwarzen Haaren hast du noch schöner ausgesehen.«
    »Natürlich mußtest du das sagen, denn du magst ja alles so, wie’s vom lieben Gott kam. Aber ich weiß, daß man die Natur verbessern kann.«
    »Fangen wir schon wieder zu streiten an, noch dazu über so etwas Albernes wie deine Haarfarbe? Ehrlicherweise interessiert’s mich ganz und gar nicht, was du mit deinen Haaren machst.«
    »Das hätte ich auch gar nicht erwartet.«
    Er stellte sein Päckchen in die Mitte des Küchentisches und sah sich um. »Wo ist denn dein Großvater?«
    »Drunten im Tal, er muß doch mit Pa und dem Zirkus angeben. Man könnte meinen, Pa wäre Präsident der Vereinigten Staaten geworden, so benimmt er sich.«
    Logan stand unschlüssig mitten in der Küche und hatte offensichtlich keine Lust, schon zu gehen. »Mir gefällt’s, was du aus dieser Hütte gemacht hast. Es wirkt so gemütlich.«
    »Danke.«
    »Hast du denn vor, eine Weile zu bleiben?«
    »Vielleicht, aber ich bin mir noch nicht sicher. Ich habe

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