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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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was er wußte – denn aus seiner beschämten, verlegenen Miene entnahm ich schon jetzt, daß er eine Menge wußte.
    In meinem eigenen Schlafzimmer schrieb ich, um Tom alles davon zu erzählen. Bis jetzt hatte ich ihm drei Briefe geschrieben und hatte ihn gewarnt, nicht zu antworten, bis ich ihm eine »sichere« Adresse schicken konnte. (Die Vorstellung, was er davon denken mochte, tat mir weh.) In diesen Briefen beschrieb ich Farthinggale Manor, Jillian und Tony, aber über Troy verlor ich kein Wort. Troy ging mir nicht aus dem Kopf, schwirrte mir dauernd im Kopf herum. Ich wollte ihn wiedersehen und hatte Angst davor. Tausend Fragen wollte ich Troy über seinen Bruder stellen, aber jedesmal sah Tony finster drein, wenn ich das Gespräch auf den Mann brachte, der in der Hütte hinter dem Labyrinth lebte. Zweimal versuchte ich, mit Jillian über Troy zu sprechen, die nur den Kopf wegdrehte, mit der Hand wedelte und somit das Thema beendete. »Ach, Troy! Er ist uninteressant, vergiß ihn. Er weiß zuviel von allem übrigen, um Frauen zu schätzen.« Während ich aber intensiv über Troy nachdachte, fand ich, es wäre Zeit, den schwierigsten Brief zu schreiben. Einen Brief an denjenigen, der tatsächlich zu meiner Zukunft gehören würde, einen Brief, um herauszufinden, ob er mich an seiner Zukunft wieder teilnehmen lassen würde.
    Wie aber konnte ich jemandem schreiben, der mich einmal geliebt und mir vertraut hatte, aber jetzt nicht mehr? Sollte ich die Dinge, die unsere Beziehung beendet hatten, einfach ignorieren? Sollte ich offen darüber sprechen? Nein, nein, beschloß ich. Erst mußte ich Logan sehen und seine Reaktion beobachten, ehe ich über Cal Dennison ausführlicher sprach.
    Schließlich brachte ich ein paar Sätze heraus, die gar nicht zu passen schienen:
    Lieber Logan,
    endlich lebe ich bei der Familie meiner Mutter, wie ich es immer gehofft hatte. Bald werde ich ein privates Mädcheninternat besuchen. Es heißt Winterhaven. Wenn du noch irgendwelche Gefühle für mich übrig hast – ich hoffe und bete, daß es so ist – , dann versuch bitte, mir zu vergeben. Und vielleicht können wir von vorne anfangen.
    Herzlich, Heaven.
    Meine Antwortadresse war das Postschließfach, das ich gestern heimlich eröffnet hatte. Tony kaufte inzwischen im Geschäft weiter unten Kleidung für sich selbst ein. Gedankenverloren kaute ich am Ende meines Füllers, bevor ich mit einem Stoßgebet das einzelne kleine Blatt endlich in seinen Umschlag schob. Mit seiner ganzen Energie und seiner zuverlässigen Art könnte mich Logan vor so vielem retten, wenn er nur wollte und wenn ihm noch genug daran lag.
    Gleich am Tag darauf hatte ich eine Chance, meinen Brief aufzugeben. Tony erzählte ich, ich müßte auf die Toilette, und dann rannte ich zum Seiteneingang des Geschäfts hinaus, um meinen Brief in einen Briefkasten zu stecken. Endlich –
    erleichtert seufzte ich auf. Ich hatte endlich Kontakt zu meiner Vergangenheit aufgenommen, zu meiner verbotenen Vergangenheit.
    Und dann wieder zurück nach Farthy, das allmählich wie ein Zuhause wirkte. Denn jetzt besaß ich Dinge, die mir selbst gehörten. Früh am Morgen stand ich auf, um mit Tony im Hallenbad zu schwimmen. Nach dem Abtrocknen und Kleiderwechseln frühstückte ich mit ihm. An Curtis, den Butler, hatte ich mich bereits zu gewöhnen begonnen, und so konnte ich seine Anwesenheit schon fast so gut wie Tony ignorieren – außer ich brauchte etwas. Von Jillian sah ich wenig. Sie vergeudete den halben Tag in ihrem Zimmer, bevor sie – atemberaubend hübsch – herauseilte, auf dem Weg zu ihrem Friseur oder irgendeiner Lunch-Party. (Ich hoffte nur, daß sie dort Gehaltvolleres als kleine Sandwiches mit Champagner aß.)
    Und Tony, er fuhr kurz nach dem Frühstück nach Boston, um seinen Pflichten in der Tatterton Toy Corporation nachzugehen. Manchmal rief er aus seinem Stadtbüro an, um mich zum Mittagessen in ein elegantes Restaurant einzuladen, wo ich mich wie eine Prinzessin fühlte. Ich liebte es, wenn sich die Leute nach uns umdrehten, als ob wir Vater und Tochter wären. O Pa, wenn du nur die Hälfte der Manieren besessen hättest, die Tony wie seine zweite Natur zur Schau stellte.
    Dann kamen die harten Tage, die überraschenden Tage, an denen ich früh am Morgen mit Tony wegfahren mußte. Auf seinem Weg zur Arbeit ließ er mich vor einem riesigen, einschüchternden Bürohaus heraus. Dort mußte ich mich Prüfungen unterziehen, die ich bestehen mußte, um überhaupt

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