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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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genug hatte. Aber er verglich ja auch meine Kleiderschränke mit denen von Jillian.
    Jillians Art, mich entweder völlig zu ignorieren oder enthusiastisch zu beturteln, tat oft sehr weh. In ihrer Gegenwart fühlte ich mich nie wohl, und oft hatte ich den Eindruck, sie wünschte, ich wäre nicht aufgetaucht. Einmal bemerkte ich, wie sie ruhig auf ihrer Schlafzimmercouch saß und eines ihrer ewigen Solitär-Spiele spielte. Von Zeit zu Zeit sah sie in meine Richtung: »Spielst du Karten, Heaven?«
    Begeistert nahm ich die Aufforderung an und war glücklich, daß sie die Zeit mit mir verbringen wollte. »Ja, vor langer Zeit hat mir ein Freund Gin-Rommé beigebracht.« Dieser Freund hatte mir auch ein nagelneues Päckchen Karten geschenkt, das er aus dem Laden seines Vaters »geborgt« hatte.
    »Gin-Rommé?« fragte sie merkwürdig, als ob sie nie von diesem Spiel gehört hätte. »Das ist das einzige, was du spielst?«
    »Ich lerne rasch!«
    Noch am selben Tag zeigte sie mir, wie man Bridge spielt, ihr Lieblingsspiel. Sie erklärte den Wert der Trumpfkarten, gab mir ausführliche Anweisungen, wie viele Punkte für eine Eröffnung nötig waren und wie viele, um auf das erste Gebot des Spielpartners zu antworten. Es dauerte nicht lange, bis ich begriff, ich würde ein Buch über Bridge kaufen und es für mich durcharbeiten müssen, denn Jillian ging viel zu schnell voran. Aber sie hatte Spaß daran, mich zu unterrichten, und eine ganze Woche lang freute sie sich jedesmal, wenn ich verlor. Dann kam jener denkwürdige Tag, an dem wir hinter unserem kleinen, computergesteuerten Spieltisch saßen, der mit einem, zwei oder drei Spielern spielen konnte (sogar mit gar keinem – dann spielte er mit sich selbst). Und zu Jillians großem Verdruß gewann ich. »Oh, du hattest nur Glück!«
    platzte sie heraus, worauf sie mit beiden Händen ihre Wangen zusammenpreßte. »Nach dem Mittagessen werden wir noch ein Spiel machen und sehen, wer dann gewinnt.«
    Jillian fing an, mich zu brauchen, zu wollen, zu mögen. Es war das erste Mal, daß ich mit Jillian irgendeine andere Mahlzeit außer dem Abendessen einnahm, das stets im Speisezimmer serviert wurde. Hier war eine der reichsten Frauen in der Welt und sicher eine der schönsten – und sie aß zu Mittag kleine Sandwiches mit Gurken und Wasserkresse belegt und nippte Champagner dazu.
    »Jillian, das ist aber kein gesundes, nahrhaftes Mittagessen, geschweige, daß es satt macht!« platzte ich nach unserem dritten gemeinsamen Mittagessen heraus. »Ehrlich, sogar nach sechs Stück von deinen kleinen Sandwiches habe ich immer noch Hunger. Und aus Champagner mache ich mir wirklich nichts.«
    Wie erbittert gingen ihre zierlichen Augenbrauen nach oben.
    »Wenn Tony und du zusammen Mittagessen geht, was eßt ihr beide dann?«
    »Ach, ich kann alles aus der Speisekarte auswählen. Er ermuntert mich sogar noch, Gerichte zu nehmen, die ich noch nie zuvor probiert habe.«
    »Er verzieht dich genauso, wie er Leigh verzogen hat.«
    Lange Augenblicke saß sie da, senkte den Kopf über ihr winziges Essen und dann winkte sie, wie zur Entlassung, mit der Hand. »Wenn es etwas gibt, das ich absolut nicht ausstehen kann, dann ist’s, ein junges Mädchen zu beobachten, das heißhungrig ißt. Weißt du übrigens, Heaven, daß du nur so essen kannst? Bis du dein Bedürfnis nach so viel Essen unter Kontrolle hast, halte ich es für das Beste, wenn du und ich nicht mehr zusammen Mittag essen. Und wenn wir im Speisezimmer sind, werde ich mich bemühen, deine Eßgewohnheiten so wenig wie möglich zu beachten.«
    Jetzt war ich ständig hungrig und fing an, mich in die riesige Küche zu stehlen, wo mich Ryse Williams, der dicke schwarze Koch, in seinem Reich willkommen hieß.
    »Also, Mädchen, du siehst genau wie deine Mutter aus, heiliger Jesus, ich habe nie ein Mädchen gesehen, das seiner Mutter so sehr ähnelt – obwohl deine Haare schwarz sind.«
    In dieser glänzenden Küche mit Kupferpfannen und Tausenden von Küchengeräten, die ich nie zuvor gesehen hatte, verbrachte ich viele Stunden und lauschte Rye Whiskey und seinen Geschichten über die Tattertons. Aber obwohl ich ihn oft zu zwingen versuchte, über meine Mutter zu sprechen, wirkte er dann immer ungehalten und beschäftigte sich auf meine Fragen hin mit seinem Kochen. Sein glattes braunes Gesicht wurde ausdruckslos und sehr schnell wechselte er das Thema. Aber eines Tages, eines nicht allzu fernen Tages, würde mir Rye Whiskey alles erzählen,

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