Schwarzer Engel
diese Frau verschwendet, als ich meine Pläne machte.
»Leider hat es einen Notfall gegeben, so daß Tom mit seinem Vater fort mußte«, erklärte sie atemlos und war jetzt dabei, sich umzusehen, ob das Haus aufgeräumt wäre. Aus der Eingangsdiele ging sie in ein großes, gemütliches Wohnzimmer voraus. »Ich habe am Morgen bemerkt, daß Tom einige Male kurz davor war, mir etwas zu beichten, aber sein Vater trieb ihn zur Eile an, so daß ihm keine Zeit blieb. Ich bin sicher, dein Besuch war sein Geheimnis. Bitte, setz dich und mach dir’s bequem, Heaven. Kann ich irgend etwas für dich tun? Bald werde ich das Mittagessen für mich und Drake vorbereiten, und du mußt natürlich bleiben. Aber darf ich dir jetzt etwas Kaltes anbieten? Es ist so ein heißer Tag.«
»Eine Cola wäre sehr nett«, gestand ich. Meine Kehle war vor Beklemmung und vor Durst gleichermaßen ausgetrocknet.
Ich konnte es nicht glauben, daß Tom nicht auf mich gewartet hatte. War ich denn auch für ihn nicht mehr wichtig? Bald war die Frau aus der Küche mit zwei Gläsern zurück. Der scheue kleine Junge – ungefähr ein Jahr alt – blickte mich unverwandt aus braunen Kulleraugen an, die von langen schwarzen Wimpern eingerahmt waren. O ja, er war der Sohn, um den Sarah gebetet hatte, als ihr fünftes Kind deformiert und tot zur Welt gekommen war. Arme Sarah! Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, wo Sarah jetzt wohl wäre und was sie tat.
Ich schlüpfte aus meiner viel zu warmen Jacke und fühlte mich ganz schön lächerlich. Ich wünschte, ein sensibleres Gefühl gehabt zu haben, anstatt so angeberisch aufzutreten.
Stacie Casteel lächelte mich so strahlend an, wie ich es noch selten gesehen hatte. »Du bist so hübsch, Heaven, genau wie dich Tom schon viele, viele Male beschrieben hat. Du hast Glück, einen Bruder zu besitzen, der dich so sehr bewundert.
Ich selbst habe mir immer Geschwister gewünscht, aber meine Eltern waren der Meinung, ein Kind würde genügen. Sie leben ungefähr zwei Straßen von hier entfernt, so daß ich sie oft sehe, und sie sind wunderbare Babysitter. Dein Großvater ist gerade mit meinem Vater draußen beim Fischen auf einem nahe gelegenen See.«
Großpapa. Ich hatte Großpapa völlig vergessen.
Sie fuhr fort, als ob sie unbedingt jemanden brauchte, um über ihre Familie zu sprechen. »Luke hätte gerne, daß wir nach Florida umsiedeln, um näher an seiner Arbeitsstelle zu sein, aber ich bringe es nicht übers Herz, so weit von meinen Eltern wegzuziehen. Ich weiß, sie möchten ihren Lebensstil nicht mehr ändern, wo sie jetzt so alt und zufrieden sind. Sie sind völlig verliebt in Drake.«
Sie saß mir jetzt gegenüber und erlaubte ihrem kleinen, sehr braven Sohn, ein-, zweimal an ihrem kalten Getränk zu nippen.
»Drake, Schatz, das ist deine Halbschwester Heaven. Ist das nicht ein passender Name für eine so reizende junge Dame?«
Trotz meines Entschlusses, gerade dieses Kind nicht zu mögen, fand ich mich selbst auf den Knien wieder, um so auf einer Augenhöhe mit ihm zu sein. Ich brachte ein Lächeln fertig. »Hallo Drake. Dein Onkel Tom hat mir von dir erzählt.
Er sagte, du magst gern Eisenbahnen, Boote und Flugzeuge.
Irgendwann in Kürze werde ich dir einen riesigen Karton voller Eisenbahnen, Boote und Flugzeuge schicken.«
Etwas verlegen sah ich aus den Augenwinkeln zu Stacie hinüber. »Die Tattertons sind seit Jahrhunderten Spielzeugmacher. Sie fertigen solches Spielzeug, das man nicht in normalen Spielwarenläden kaufen kann. Wenn ich wieder zurückfahre, schicke ich Drake alles, womit er spielen kann.«
»Das wäre ganz reizend von dir«, sagte sie, wieder mit einem einnehmenden, netten Lächeln, das mir direkt durchs Herz fuhr. Denn ich hätte schon vor langer Zeit Drake eine Menge zum Spielen schicken können, aber nicht einmal hatte ich an so etwas gedacht.
Während die Minuten vergingen und sie neben den Vorbereitungen fürs Mittagessen weiterplauderte, entdeckte ich bald, daß sie den Mann, den ich haßte, liebte, sehr sogar.
»Er ist der freundlichste, tollste Ehemann«, meinte sie begeistert, »und immer versucht er sein Bestes, um darauf zu schauen, daß seine Familie alles Nötige hat.« Sie warf mir einen bittenden Blick zu. »Ich begreife, Heaven, daß du ihn vielleicht nicht so siehst, aber dein Vater hat ein sehr schwieriges Leben hinter sich. Um zu sich selbst zu finden, mußte er weg von diesen Bergen und dem Erbe der Casteels.
Er ist kein fauler, träger Mensch. Er nahm
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