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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Sohn und ihr Gesicht blickte noch trauriger.
    »Ist schon gut, wenn du ihm heute nicht verzeihen kannst. Ich hoffe nur, du wirst eines Tages, in naher Zukunft dazu fähig sein. Denk darüber nach, Heaven. Das Leben gibt uns nicht viele Chancen zum Verzeihen. Die Gelegenheiten kommen und gehen vorüber, die Zeit verrinnt und dann ist’s zu spät.«
    Ich sprang auf. »Ich dachte, Tom würde hier sein, um mich zu treffen. Wo kann ich ihn finden?«
    »Tom bat mich, dich hier festzuhalten, bis er gegen vier Uhr dreißig zurückkäme. Dein Vater wird erst wesentlich später nach Hause kommen.«
    »Ich habe keine Zeit, bis um vier Uhr dreißig zu warten.« Ich hatte Angst zu bleiben, Angst, sie würde mich davon überzeugen, dem Mann zu vergeben, den ich haßte. »Von hier aus fliege ich nach Nashville, um meine Schwester Fanny zu sehen. Also bitte, verrate mir, wo ich Tom finden kann.«
    Zögernd gab sie mir eine Adresse, ihre Augen baten mich immer noch um Güte und Verständnis, auch wenn ich nicht verzeihen konnte. Aber ich verabschiedete mich höflich, küßte Drake auf die Wangen und machte dann, daß ich von der jungen Frau mit den Scheuklappen fortkam.
    Ich hatte Mitleid mit einer solch naiven Frau, die eigentlich unter die Oberfläche eines hübschen, ziemlich ungebildeten Mannes hätte schauen können, der Frauen gebrauchte und sie ab und zu auch zerstörte. Ich kannte eine ganze Reihe abgelegter Frauen hinter ihm, Leigh Tatterton, Kitty Dennison, und weiß Gott, was Sarah zustieß, nachdem sie von ihren vier Kindern und mir fortging. Erst als ich in dem Leihwagen saß und auf die Grenze von Florida losbrauste, dachte ich daran, daß ich eigentlich von meiner Fahrt hätte abbiegen sollen, um Großpapa zu begrüßen.
    Eine Stunde später erreichte ich das Provinzstädtchen, in dem Tom jeden Tag während seiner Ferien arbeitete, zumindest hatte es Stacie mir so erzählt. Mißbilligend sah ich rings auf die kleinen Häuser, auf das unpassende Einkaufszentrum mit dem Parkplatz, auf dem eine Menge uralter Autos herumstand.
    Was war das nur für ein Ort für Tom und seine hochgesteckten Ziele? Wildentschlossen, mein Möglichstes zu tun, um Luke Casteels Pläne für seinen Ältesten zu zerschlagen, lenkte ich wie ein Racheengel mein luxuriöses Auto in die Außenbezirke dieser unbedeutenden Stadt und fand die hohe Mauer, von der mir Stacie erzählt hatte. Niemand hinderte mich am Betreten einer riesigen grasbewachsenen Arena, in der viele ausgetretene Pfade die Wiesen durchkreuzten. Was war das nur für ein Ort, dachte ich mit rasendem Herzschlag, enttäuscht von dem Gedanken, mein Bruder Tom würde sich für… für…
    entscheiden. Und dann war mir plötzlich klar, was für eine Zukunft Tom für sich selbst geplant hatte, um Pa zu gefallen!
    Tränen quollen mir aus den Augen. Ein Zirkusgelände! Ein kleiner, billiger, ordinärer, unwichtiger Zirkus, der ums Überleben kämpfte. Tränen begannen mir über die Wangen zu laufen. Tom, armer Tom!
    Häufig hatte Tom in seinen Briefen angedeutet, Pa würde etwas Zauberhaftes tun, von dem er sein ganzes Leben lang geträumt hatte. Zirkusarbeit? Ein kleiner, zweitklassiger Zirkus?
    Fast betäubt vor Verzweiflung bewegte ich mich vorwärts und starrte in Käfige, wo Löwen, Leoparden, Tiger und andere große Raubkatzen eingesperrt waren und anscheinend auf den Transport in eine andere Gegend warteten. Vor einem der alten Tierkäfige hielt ich inne und starrte auf das Tigerposter, das an der Seite, wo rote Farbe abblätterte, angeklebt worden war.
    Ein Zeitstrom riß mich zurück in die Baracke. Es hätte das Original des Tiger-Posters sein können, das mir Granny so oft beschrieben hatte. Das Poster, das ihr Jüngster, Luke, von einer Wand in Atlanta geklaut hatte, als er damals im Alter von zwölf Jahren dorthin gereist war, und sein Onkel aus Atlanta das Versprechen, seinen Hillbilly-Neffen in den Zirkus mitzunehmen, vergessen hatte.
    Und Luke Casteel, zwölf Jahre alt, war fünfzehn Meilen zum Zirkusgelände außerhalb der Stadtgrenzen gelaufen und war ohne Bezahlung ins Zirkuszelt geschlüpft.
    Fast blind vor Tränen senkte ich jetzt meinen Kopf und benutzte ein Taschentuch, um mir das Gesicht abzutupfen. Als ich wieder den Kopf hob, sah ich als erstes einen großen, jungen Mann in meine Richtung kommen. Er trug etwas, das einer Mistgabel glich und hatte unter den linken Arm eine riesige Schüssel mit rohem Fleisch geklemmt. Für die großen Katzen war Futterzeit, und als

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