Schwarzer Kuss Der Nacht
Dämonen?«
»Die Todesmagie, die sie freigesetzt hatten, wurde eingefangen und die Dämonen zerstört.«
Mai wusste aus dem Artikel, dass der Zwischenfall ein bisschen komplizierter gewesen war, als er ihn darstellte. »Also, dieses Geistwandern, benutzen Sie das auch, um in die Träume von Leuten zu gelangen, denen Sie helfen?« Als sie seinen verwirrten Gesichtsausdruck sah, erläuterte sieihre Frage eilig. »Ich habe einen anderen Artikel gelesen, in dem stand, dass Sie auch in Träume eindringen, um anderen bei ihren Problemen zu helfen, bei Alpträumen etwa oder«, sie zuckte mit den Schultern, »Halluzinationen.«
Er schüttelte den Kopf. »Traumheilung praktiziert nur der Schamane unseres Stammes.«
Mai hielt beim Schreiben lange genug inne, um aufzusehen. »Ich dachte, Sie
sind
der Schamane.«
»Nein, das ist mein Vater, Nicolas Blackhawk senior.«
Mist! Sie hatte den falschen Nick Blackhawk! »Ich danke Ihnen, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben, Mr. Blackhawk«, sagte sie und steckte ihr Notizbuch wieder ein.
»Das war’s? Keine weiteren Fragen?«
»Das war’s.« Sie stand auf. »Ich weiß, dass Sie sehr beschäftigt sind, und möchte Sie nicht aufhalten.«
»Jederzeit, Miss Groves.« Er zog eine Schublade auf und nahm eine Visitenkarte heraus. »Sie dürfen mich gern anrufen. Meine Durchwahl steht auf der Vorderseite«, erklärte er, drehte die Karte um und notierte eine andere Nummer auf der Rückseite. »Und das hier ist meine Handynummer, nur für den Fall, dass Sie doch noch weitere Fragen haben.«
Die würde sie ganz gewiss nicht anrufen. Aber sie steckte die Karte trotzdem ein. Er stand ebenfalls auf und begleitete sie zur Tür. Dort ergriff er noch einmal ihre Hand. »Ich möchte mich nochmals für das Missverständnis entschuldigen.«
Seine Haut zu fühlen war genauso köstlich verstörend wie vorher. Mai murmelte etwas Unzusammenhängendes vor sich hin und floh aus seinem Büro so schnell sie konnte. Lange nachdem sie gegangen war, spürte sie seine Berührung noch.
Bis sie allerdings eine Stunde später mit einer Tüte voller Lebensmittel nach Hause kam, hatte sie Nick Blackhawk so gut wie vergessen.
Der Gang zur Bäckerei und zum Metzger war nicht bloß nötig gewesen, um Essbares im Haus zu haben, sondern sie hoffte, dass sie sich dabei etwas beruhigen würde. Das war auch geschehen, bis sie für das Fleisch bezahlen musste. In jenem Moment hatte sie in das Gesicht der Kassiererin gesehen und festgestellt, dass sie einem Dämon gegenüberstand.
Niemand sonst reagierte annähernd ängstlich, woran sie erkannte, dass sie schon wieder bloß halluzinierte. Sie schaffte es, die Frau zu bezahlen, ohne eine Szene zu machen, aber seither zitterte sie innerlich. Noch ein Erlebnis, das ihr zeigte, wie wenig sie über ihr posttraumatisches Stresssyndrom hinweg war.
In ihrer Wohnung stellte sie die Einkäufe auf den Esstisch und wollte sie gerade auspacken, als sie ein sehr deutliches Klicken hörte, das aus dem Schlafzimmerflur kam.
Jemand war in ihrer Wohnung.
Sie umklammerte den Blitz an ihrem Hals, bereit, ihn sich jederzeit abzureißen, und ging langsam auf ihre Wohnungstür zu. Was, wenn das auch nicht echt war? Wie versteinert horchte sie, während das Geräusch lauter wurde.
»Wer ist da?«, rief sie. Sie war nicht sicher, ob sie eine Antwort hören wollte oder nicht.
»Mai? Bist du das?« Will kam aus dem Flur. Er trocknete sich die Hände an einem ihrer Handtücher ab und lächelte, als er sie sah. »Ich dachte doch gleich, dass ich die Tür gehört habe.«
»Was machst du hier?«, fragte Mai, deren Angst in Wut umschlug.
Er zeigte ins Bad. »Mir ist eingefallen, dass einer derHähne tropft und ich ihn vor deinem Einzug nicht repariert hatte. Also bin ich her und habe es schnell nachgeholt.«
Mai versuchte, sich zu erinnern, ob ihr ein Tropfen aufgefallen war. »Das ist ja nett, aber ich möchte nicht, dass du hier etwas reparierst, wenn ich nicht zu Hause bin.«
»Ach so, ja, klar, verstehe.«
Das schien ein bisschen zu einfach. »Bist du dann fertig?«
»Ja, ich muss nur noch mein Werkzeug einpacken.« Will konnte nicht aufhören, zu lächeln, als er sich umdrehte und wieder ins Bad ging. Ihm gefiel, dass sie bei ihm sein wollte, wenn er arbeitete. Sehr gut, so hatte er mehr Gelegenheit, sie zu beeindrucken.
Er warf ihr Handtuch in den Wäschekorb, nahm seinen Werkzeugkasten in die Hand und ging hinaus, um mit ihr zu plaudern. Sie stand am Tisch, den Rücken
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