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Schwarzer Kuss Der Nacht

Titel: Schwarzer Kuss Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin T. Popp
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dann sprach Will weiter. »Was hast du eigentlich mit ihr vor?«
    »Weiß ich noch nicht.«
    »Ich erlaube nicht, dass du ihr etwas tust. Ich wünsche, dass du sie freilässt – sofort!«
    »Nein.«
    »Dschinn, ich befehle es dir!«, schrie Will, außer sich vor Wut. »Lass das Mädchen frei!«
    Der Dschinn kicherte. »Du ahnst gar nicht, wie mir deine lächerlichen Befehle zum Hals heraushängen. Mach mich schön!«, äffte er Will nach. »Mach mich reich! Mach mich … liebenswert!«
    Bei dem letzten Wort brach der Dschinn in schallendes Gelächter aus, das durch die dunklen Gänge hallte, während Sarah sich unbemerkt wegschlich.
    Diese Dimension erinnerte sie an ein altes verfallenes Haus ohne Strom. Die Flure zogen sich unendlich in die Länge, und zu beiden Seiten gingen Türen ab, die wer weiß wohin führten. Gelbliche Rauchfahnen waberten wie Geister unter der Decke und boten knapp genügend unheimliches Licht, dass Sarah sehen konnte. Wie sie inzwischen erfahren hatte, handelte es sich bei ihnen um Überreste unerfüllter Wünsche. Irgendwo dort oben schwebte ihr eigener nach Freiheit zwischen den anderen.
    Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren und konnte unmöglich sagen, ob sie seit Minuten oder seit Tagen hier war.
    Wie mochte es ihrer Schwester ergehen? Dachte Jenna womöglich, sie wäre weggelaufen? Nein, gewiss nicht. Sie hatte Jenna nie Grund gegeben, das zu befürchten. Aber würde sie darauf kommen, dass etwas nicht stimmte? Selbst wenn, konnte Jenna unmöglich von dem Dschinn wissen, dachte Sarah resigniert.
    Sie hatte sich inzwischen so weit fortbewegt, dass die Stimmen von Will und dem Dschinn kaum noch zu hören waren. Nun wagte sie, anzuhalten und sich umzusehen. Sie wollte sichergehen, dass der Dschinn noch nichts bemerkt hatte. Dann lief sie weiter, so leise wie möglich.
    Vor ihr gabelte sich der Flur. Sie hatte keinen Schimmer, wie sie hier herauskommen wollte, also wählte sie willkürlicheine Richtung und rannte in der Hoffnung los, dieser Weg würde sie in die Freiheit führen.
    Sie lief, bis sie außer Atem war und nicht mehr konnte. Tränen schossen ihr in die Augen, als sie sich umschaute. Der Flurteil, in dem sie sich befand, sah genauso aus wie der, aus dem sie gekommen war. In der Ferne hörte sie sogar noch leise Männerstimmen.
    Ihr Fluchtversuch hatte rein gar nichts gebracht.
    Aber sie weigerte sich, aufzugeben, und öffnete eine der zahlreichen Türen. Auf der gegenüberliegenden Seite war ein Licht, auf das Sarah zuging. Dann stand sie vor einem Fenster.
    Durch das Glas zu sehen ähnelte dem Blick in einen Zerrspiegel. Neigte sie sich zu der einen oder anderen Seite, verschob das Bild sich. Schaute sie dagegen genau geradeaus …
    Vage machte sie die Umrisse einer Couch und einiger Stühle aus; seitlich flackerten farbige Bilder. Es erschien ihr wie ein Wohnzimmer, und die Lichter kamen allem Anschein nach von einem Fernseher. Saß dort jemand? Wenn ja, könnte sie denjenigen vielleicht auf sich aufmerksam machen.
    Sie blickte sich um und entdeckte Beine, die hinter einem Sessel hervorragten. Als sie den Konturen folgte, erkannte sie einen Jungen, der mit dem Rücken an die Couch gelehnt auf dem Fußboden saß. Er musste ungefähr zehn oder elf Jahre alt sein.
    Sarah klopfte gegen das Glas, und tatsächlich drehte der Junge sich nach dem zweiten Klopfen zu ihr um.
    Nun traute sie sich, noch lauter an das Glas zu hämmern. Der Junge sprang auf und schaute sich panisch in dem Zimmer um.
    »Hilfe!«, rief Sarah. »Bitte, hilf mir!«
    »Mom!« Schreiend rannte er aus dem Zimmer. Als er wiederkam, stand er hinter einer Frau, die einen Baseballschläger in der Hand hatte. Sie näherten sich langsam dem Fenster, blieben stehen und sahen sich um.
    Nach einem Moment fiel der Blick der Frau auf den Fernseher. »Kamen die Geräusche auch bestimmt nicht aus dem Fernseher?«, hörte Sarah sie fragen.
    »Nein, Mom, ganz bestimmt nicht. Das war ein Geist!«
    »Also, ich hör nix.« Sie sah auf ihre Uhr. »Wir sind spät dran. Bist du so weit?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Okay. Hol deine Sachen!«
    »Aber, Mom, was ist mit dem Geist?«
    Die Frau schaute sich abermals um. »Wenn der Geist halbwegs bei Verstand ist, haut er ab, bevor wir wiederkommen.« Dann lächelte sie und wuschelte dem Jungen durch das Haar.
    Sarah sah, wie sie sich entfernten, und überlegte, ob sie noch einmal klopfen oder rufen sollte. Aber sie fürchtete, dass die Frau sie mit ihrem Baseballschläger bewusstlos

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