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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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worden war, hatte er wohl erst so richtig zu trinken begonnen – fast als hätte er sich nun, da sein Geheimnis gelüftet war, die Erlaubnis dazu erteilt.
    »Es wäre ja nur verständlich, wenn …«
    »Ich habe nichts getan. Ich war hier. Allein.«
    »Kann das jemand bestätigen?«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich hier war.«
    »Sie scheinen schon so einiges intus zu haben.«
    »Ist das verboten?«
    »Der Mann, der ein Verhältnis mit Ihrer Frau hatte, wurde keine zehn Minuten von Ihrem Haus entfernt übel zusammengeschlagen.«
    »Damit musste er rechnen. Aber ich war es nicht. Ich war es nicht.«
    Letzteres wiederholte er immer wieder, während Dora, deren Gesicht in der Dunkelheit klein und bleich wirkte, durchs Treppengeländer zu ihm hinunterspähte.
    Frieda lag im Bett und versuchte zu schlafen. Eine Weile lag sie ganz gerade auf dem Rücken und starrte zur Decke empor, dann drehte sie sich auf die Seite, legte ihr Kissen anders hin und schloss die Augen. Der Kater schlief unten bei ihren Füßen. Sie stellte sich eine friedliche Landschaft vor, einen Fluss, der flach über Kieselsteine dahinströmte, aber das Wasser schlug Blasen, und vom Boden stiegen die vertrauten Gesichter auf. In den schlammigen Tiefen ihres Geistes regten sich unruhige Gedanken. Ihr Körper schmerzte.
    Es hatte keinen Sinn. Unten hörte sie Chloë, die per Skype mit jemandem sprach, und zwar schon seit einer Ewigkeit, noch dazu phasenweise sehr laut und lebhaft. Hin und wieder bekam sie einen Lachanfall. Oder weinte sie etwa? Frieda sah auf ihre Uhr. Es war fast schon eins, Chloë musste morgen in die Schule, und sie selbst hatte auch einen ganzen Tag durchzustehen. Seufzend stand sie auf, schob einen Moment die Vorhänge zur Seite, um einen Blick auf den Halbmond zu werfen, und stieg dann die Treppe hinunter.
    Schuldbewusst blickte Chloë von ihrem Computer auf. Vom Bildschirm starrte Frieda das spitze Jungengesicht von Ted Lennox entgegen. Sie trat einen Schritt zurück, außer Sichtweite. »Ich wusste nicht, dass du noch wach bist«, meinte Chloë.
    »Ich würde lieber schlafen.«
    »Ich muss unbedingt noch mit Ted reden.«
    »Du hast ziemlich laut gesprochen. Außerdem glaube ich, dass es für dich Zeit ist, ins Bett zu gehen.«
    »Ich bin noch gar nicht müde.«
    »Geh ins Bett, Chloë. Du hast morgen Schule.« Frieda trat wieder vor, so dass sie Ted sehen konnte, und er sie. »Du auch, Ted.«
    »Kann ich vorher noch eine Tasse Tee haben? Mit ganz wenig Milch.«
    »Das ist hier kein Hotel.«
    »Tut mir leid.« Chloë klang aber nicht so, als täte es ihr leid. Sie schnitt eine Grimasse in Teds Richtung und hob dabei übertrieben die Augenbrauen.
    »Nimm deine Sachen mit nach oben, und fass in meinem Arbeitszimmer nur ja nichts an.«
    Frieda kehrte in ihr Zimmer zurück, legte sich aber noch eine ganz Weile nicht ins Bett. Stattdessen stand sie am Fenster und blickte in die Nacht hinaus.

32
    A ls Karlsson aufwachte, wusste er erst nicht so recht, wo er war. Er drehte sich um, spürte die Wärme, sah ein Stück von einer Schulter und dachte einen Moment lang: Sie ist zurückgekommen. Dann fiel es ihm wieder ein, gleichzeitig wurde ihm ganz flau im Magen, und es war, als wäre jede Farbe aus der Welt gewichen. Benommen tastete er nach seiner Uhr, bis er schließlich feststellte, dass sie sich noch an seinem Handgelenk befand. Es war zwanzig vor sechs. Er ließ sich zurück ins Bett sinken. Neben ihm murmelte Sadie irgendetwas, das er nicht verstand. War es nicht genau das, was er sich gewünscht hatte? Etwas Unkompliziertes, Liebevolles, Wohltuendes? Ausgehend von seinem Kopf, breitete sich ein schmerzhaftes Ziehen durch seinen ganzen Körper aus. Er verspürte eine ungeheure, lähmende Müdigkeit. Ganz behutsam schob er sich aus dem Bett und begann sich anzuziehen.
    »Du brauchst nicht wegzulaufen«, sagte Sadie hinter ihm.
    Er drehte sich um. Sie hatte sich ihm zugewandt und auf einen Ellbogen gestützt. Ihr Gesicht sah noch ein bisschen verschlafen aus.
    »Ich könnte dir ein Frühstück machen«, bot sie an.
    Ihr Blick wirkte liebevoll, aber auch ein wenig besorgt.
    »Ich muss echt los«, erklärte Karlsson, »zuerst zu mir nach Hause, mich umziehen, und dann in die Arbeit. Ich muss mich wirklich sputen.«
    »Wenigstens einen Tee oder Kaffee kann ich dir doch machen.«
    »Das ist schon in Ordnung.«
    Karlsson empfand plötzlich solche Panik, dass ihm fast die Luft wegblieb. Rasch schlüpfte er in seine Hose, hatte dabei

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