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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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war es Zach, der da vor ihr am Fußende seines Bettes lag, aber von dem schmalen Gesicht mit dem Schmollmund und den goldbraunen Augen, die sie so unheimlich gefunden hatte, war nichts mehr übrig – es war zu Brei geschlagen. Yvette zwang sich, richtig hinzusehen und nicht vor Entsetzen die Augen zu schließen. Auch wenn sein Gesicht zerstört war, die filigranen Ohrläppchen konnte sie noch erkennen. Ansonsten befand sich überall Blut. Den meisten Menschen war gar nicht klar, wie viel Blut durch ihre Adern floss – warm und schnell. Das wurde einem erst bewusst, wenn man es als Lache rund um eine Leiche sah. Jede Menge dunkles, süßlich riechendes Blut, das langsam gerann. Vorsichtig befühlte sie mit der Rückseite eines Fingers seinen Rücken, schob den Finger unter das violette Hemd. Die Haut war weiß, hart und kalt.
    Während sie sich wieder aufrichtete, musste sie daran denken, was Karlsson immer machte, wenn er an einem Tatort eintraf. Seinem Beispiel folgend, versuchte sie, sich in eine Kamera zu verwandeln, die jedes Detail festhielt: das aufgebrochene Schloss, die Schmutzspuren im Durchgang, das schief hängende Bild über dem Bett, das gerinnende Blut, den steifen Körper, die Art, wie Zach die Arme zur Seite ausgestreckt hatte, als befände er sich im freien Fall. Sie erinnerte sich daran, dass die Frau oben gesagt hatte, sie habe am Vorabend Lärm gehört.
    Schließlich griff sie nach dem Telefon. Von oben drang die Stimme des Babys herunter, das immer noch schrie.
    Ehe sie es sich versah, trafen die Ambulanzen und Streifenwagen ein. Es schien nur wenige Minuten zu dauern, bis sich die Wohnung in ein provisorisches Labor verwandelte und sich grelle Scheinwerfer auf Zachs Leiche richteten, die das Zentrum des Ganzen bildete. Rundherum sah man Überschuhe, Plastikhandschuhe, Pinsel zum Aufspüren der Fingerabdrücke, Flaschen mit Chemikalien, Pinzetten und Beweismittelbeutel, Maßbänder, Thermometer. Riley sprach gerade mit der Frau von oben. Munster hatte sich vor die Tür begeben, um zu telefonieren und gleichzeitig frische Luft zu schnappen. Zach war jetzt nur noch ein Objekt, ein Gegenstand der Untersuchung.
    Über das ganze Gewusel hinweg sagte Karlsson zu Yvette: »Chris spricht mit seinen Eltern. Glauben Sie, Sie schaffen es, Judith Lennox die Nachricht mitzuteilen?«
    Sie spürte, wie ihr beim Gedanken an die wilde, verzweifelte Lennox-Tochter der Schweiß ausbrach.
    »Klar.«
    »Danke. Am besten so schnell wie möglich, schätze ich.«
    Yvette wusste, dass es schlimm werden würde, und so war es dann auch. Sie stand da, hörte sich selbst die Worte sagen und beobachtete, wie Judith Lennox das noch so junge, verletzliche Gesicht verzog. Dann begann sie sich in dem kleinen Raum zu drehen, ihre schlanke Gestalt zuckte, und plötzlich schienen all die Einzelteile nicht mehr zusammenzugehören: Die Hände flogen hin und her, das Gesicht verzerrte sich zu seltsamen Grimassen, der Kopf schwankte, als wäre er zu schwer geworden für den dünnen Hals, und die Füße stolperten über den Boden, getrieben von dem hektischen Drang, sich zu bewegen. Die Direktorin hatte sie in einen freien Raum geführt. Neben dem Bleiglasfenster stand ein Schreibtisch, flankiert von Regalen voller Ordner in unterschiedlichen Farben. Draußen gingen gerade zwei Teenager vorbei – ein Junge und ein Mädchen – und warfen einen Blick durch das große Fenster, wenn auch allem Anschein nach ohne besonderes Interesse.
    Yvette fühlte sich völlig hilflos. Sollte sie hingehen und die Arme um den fragilen Körper des Mädchens schlingen, damit es einen Augenblick zur Ruhe kam? Doch in dem Moment stieß Judith einen Schrei aus, der bestimmt bis in den letzten Winkel des Schulgebäudes zu hören war, so dass wahrscheinlich gleich sämtliche Lehrer angelaufen kommen würden. Sie prallte gegen den Schreibtisch und von dort in eine andere Richtung. Yvette fühlte sich an eine Motte erinnert, die mit ihren weichen, pudrigen Flügeln gegen harte Oberflächen stieß.
    Zögernd streckte Yvette eine Hand aus und erwischte Judith am Saum ihres Shirts, das dabei ein wenig einriss. Das Mädchen blieb stehen und bedachte sie mit einem wilden Blick. Sie trug immer noch ihren orangeroten Lippenstift, doch der Rest ihres Gesichts sah aus wie das eines kleinen Mädchens. Plötzlich sackte sie in sich zusammen – nicht auf dem Stuhl, sondern auf dem blanken Boden.
    »Was ist passiert?«, flüsterte sie.
    »Das versuchen wir gerade

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