Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
herauszufinden. Bisher kann ich dir nur sagen, dass er ermordet worden ist.« Sie musste an das zerschlagene Gesicht denken und schluckte. »In seiner Wohnung.«
    »Wann? Wann ?«
    »Über den genauen Todeszeitpunkt liegen uns noch keine Erkenntnisse vor.« Vor Verlegenheit drückte sie sich so steif und gestelzt aus, dass es ihr selbst peinlich war.
    »Aber es ist erst vor Kurzem passiert?«
    »Ja. Es tut mir leid, dass ich dich das fragen muss, aber ich bin sicher, du wirst es verstehen. Kannst du mir sagen, wann du ihn das letzte Mal gesehen hast?«
    »Gehen Sie.« Judith presste die Hände auf die Ohren und begann sich auf dem Boden vor und zurück zu wiegen. »Gehen Sie jetzt einfach.«
    »Ich weiß, dass das für dich sehr schmerzhaft ist.«
    »Gehen Sie, gehen Sie, gehen Sie! Lassen Sie mich in Ruhe. Lassen Sie uns alle in Ruhe. Verschwinden Sie endlich! Warum passiert das alles? Warum? Bitte, bitte, bitte, bitte!«
    Yvette war vorher noch nie bei Frieda in der Praxis gewesen und nur ein einziges Mal bei ihr zu Hause. Sie bemühte sich, den Blick nicht allzu neugierig schweifen zu lassen, wollte aber auch Frieda nicht zu eindringlich mustern – zum einen, weil sie sich selbst immer sehr unbehaglich fühlte, wenn Frieda sie so unverwandt anschaute, und zum anderen, weil sie über Friedas Aussehen erschrocken war. Vielleicht hatte sie abgenommen, Yvette konnte es nicht genau sagen, auf jeden Fall sah sie dünner aus und machte einen extrem angespannten Eindruck. Ihre Augenringe wirkten noch dunkler als sonst, fast violett. Außerdem war sie sehr blass, und ihre sonst so wach blitzenden Augen hatten etwas sehr Düsteres. Yvette kam zu dem Ergebnis, dass sie gar nicht gut aussah.
    Sie beobachtete, wie Frieda auf ihren roten Sessel zusteuerte und dabei vergeblich versuchte, ihr Hinken zu kaschieren. Das ist meine Schuld , schoss Yvette durch den Kopf. Sie konnte nicht anders, als sich einen Moment ins Gedächtnis zu rufen, wie Frieda damals in Mary Ortons Haus gelegen hatte, ohne sich zu rühren. Vor ihrem geistigen Auge sah sie wieder das viele Blut. Dann tauchte die junge Judith Lennox auf, wie sie, einem angeschlagenen Nachtfalter gleich, durch das Schulzimmer torkelte, und sie hörte sie schreien, sie solle doch endlich gehen und sie in Ruhe lassen. Die schlichte Wahrheit, dachte sie, ist vielleicht einfach, dass ich als Detective ein hoffnungsloser Fall bin. Sie hatte es ja nicht mal geschafft, von Zach Greene eine Auskunft über sein Alibi zu bekommen.
    Frieda forderte sie mit einer Handbewegung auf, ihr gegenüber Platz zu nehmen, und Yvette tat, wie ihr geheißen. Hier saßen also Friedas Patienten. Einen Moment stellte sie sich vor, wie es wäre, die Augen zu schließen und zu sagen: Bitte helfen Sie mir. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Bitte sagen Sie mir, was mit mir nicht in Ordnung ist …
    »Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben«, begann sie zögernd.
    »Ich bin Ihnen noch einen Gefallen schuldig.« Frieda lächelte sie an.
    »O nein! Ganz im Gegenteil, ich …«
    »Sie haben dafür gesorgt, dass die Anzeige kein Nachspiel hatte.«
    »Das war doch nur eine Lappalie. Diese Idioten.«
    »Trotzdem bin ich Ihnen dafür sehr dankbar.«
    »Ich wollte nicht, dass wir uns auf dem Präsidium treffen. Hier erschien es mir besser. Ich weiß nicht, ob Sie es schon gehört haben: Zach Greene ist ermordet worden. Der Freund von Judith Lennox.«
    Frieda, die ohnehin schon ganz still dagesessen hatte, schien für einen Moment zu erstarren. Dann schüttelte sie leicht den Kopf.
    »Nein, davon hatte ich noch nicht gehört. Es tut mir leid«, sagte sie leise, als spräche sie mehr zu sich selbst.
    »Sie ist in einem fürchterlichen Zustand«, fuhr Yvette fort. »Ich komme gerade von ihr. Die Schulpsychologin kümmert sich jetzt um sie, und auch die Direktorin. Trotzdem mache ich mir ihretwegen Sorgen.«
    »Warum erzählen Sie mir das?«
    »Sie kennen sie doch. Ich weiß, dass Sie hintenherum mit der Familie Lennox zu tun hatten.« Sie hob eine Hand. »Das ist jetzt falsch rübergekommen. Ich habe es nicht böse gemeint.«
    »Sprechen Sie weiter.«
    »Ich habe mich gefragt, ob es vielleicht möglich wäre, dass Sie mit ihr reden. Oder sie wenigstens mal anrufen, nur um zu hören, wie es ihr geht.«
    »Sie ist keine Patientin von mir.«
    »Das ist mir schon klar.«
    »Ich kenne sie kaum. Ihr Bruder ist ein Freund meiner Nichte, das ist die einzige Verbindung zwischen uns. Ich habe das arme Mädchen nur ein

Weitere Kostenlose Bücher