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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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empfinden wie er in der Wohnung von George Conley, so etwas wie Schamröte ins Gesicht. Während der nächsten Stunde hob er Klamotten auf, spülte Gläser und Teller, wischte Arbeitsflächen sauber und saugte den Boden. Am Ende sah der Raum beinahe schon wieder normal aus. Doch das reichte nicht, so viel war ihm inzwischen klar. Er würde ein Bild kaufen. Er konnte eine Vase mit Blumen auf den Tisch stellen. Vielleicht würde er sogar die Wände frisch streichen.
    Er nahm eine Lasagne aus dem Gefrierfach, schob sie in den Ofen und warf einen Blick auf die Rückseite der Verpackung. Fünfzig Minuten. Das hieß, ihm blieb noch ein bisschen Zeit. Er ging in sein Arbeitszimmer. Dieser Raum war der einzige Teil der Wohnung, der immer ordentlich, sauber und strukturiert gewesen war. Er griff nach der Landkarte, die auf dem Schreibtisch lag, faltete sie auseinander und breitete sie auf dem Boden aus. Dann nahm er eine mit roten Klebepunkten bedeckte Karte aus der obersten Schreibtischschublade. Er zog einen der Aufkleber ab und platzierte ihn vorsichtig auf dem Ort Denham, gleich südlich von Oxford. Anschließend trat er einen Schritt zurück, um sein Werk kritisch zu begutachten. Inzwischen waren es sieben rote Punkte, und es kristallisierte sich ein deutliches Muster heraus.
    Fearby nahm einen Schluck Whisky und stellte sich dieselbe Frage, die er sich schon so viele Male gestellt hatte: Trickste er sich womöglich selber aus? Er hatte viel über Mörder und deren Angewohnheiten gelesen. Dass sie sich wie Raubtiere verhielten, die in Revieren jagten, in denen sie sich auskannten. Aber er hatte auch einiges über die Gefahr gelesen, in willkürlich zusammengestellten Datensammlungen Muster zu erkennen. Man feuert aufs Geratewohl ein paar Schüsse auf eine Wand ab, dachte er, zeichnet dann eine Zielscheibe rund um die Einschüsse, die am engsten beieinanderliegen, und schon sieht es aus, als hätte man darauf gezielt. Wieder betrachtete er die Landkarte. Vier der markierten Orte lagen nahe an der M40, drei an der M1, jeweils nicht weiter als zwanzig Fahrminuten von einer Autobahnausfahrt entfernt. Seiner Meinung nach war das Muster nicht zu übersehen und ließ gar keinen anderen Schluss zu. Es gab da nur ein Problem. Wenn er in Zeitungen und online nach vermissten Mädchen im Teenageralter suchte, siebte er vorab schon stark aus, und sein Hauptkriterium bei dieser Vorauswahl bestand darin, dass er nach Familien Ausschau hielt, die in Autobahnnähe lebten. Es konnte also sein, dass er das Muster selbst kreierte. Dann aber dachte er wieder an die Gesichter der Mädchen, an ihre Geschichten. Er hatte das Gefühl, dass er richtiglag. Er besaß einfach einen Riecher für so etwas. Aber was brachte ihm das in diesem Fall?

45
    K arlsson setzte sich gegenüber Russell Lennox. Yvette schaltete das Aufnahmegerät ein und nahm dann an der Seite Platz.
    »Sie wurden ja bereits über Ihre Rechte informiert«, begann Karlsson. »Sie wissen, dass Sie ein Recht auf juristischen Beistand haben.« Lennox nickte nur leicht, ansonsten zeigte er keine Reaktion. Er machte einen benommenen Eindruck. »Sie müssen sagen, dass Sie mich verstanden haben. Für das Band oder den Chip, oder was immer es ist«, fügte Karlsson hinzu.
    »Ja«, antwortete Lennox, »ich habe verstanden.«
    »Sie sind mir vielleicht eine Familie«, erklärte Karlsson unvermittelt. Lennox starrte ihn verständnislos an. »Wie es aussieht, fügen Sie jedem, mit dem Sie in Kontakt treten, Schaden zu.«
    »Wir sind eine Familie, in der die Ehefrau und Mutter ermordet wurde«, stellte Lennox mit heiserer Stimme richtig. »Ist es das, was Sie damit sagen wollen?«
    »Und jetzt auch noch der Freund Ihrer Tochter.«
    »Davon habe ich erst erfahren, als ich von seinem Tod hörte.«
    »Seiner Ermordung. Zach Greene wurde mit einem stumpfen Gegenstand erschlagen. Genau wie Ihre Frau.« Er legte eine Pause ein. »Welche Gefühle hat das bei Ihnen ausgelöst?«
    »Was meinen Sie jetzt genau?«
    »Die Tatsache, dass Ihre fünfzehnjährige Tochter eine Beziehung mit einem Achtundzwanzigjährigen hatte.«
    »Wie gesagt, ich wusste nichts davon. Nun, da ich es weiß, mache ich mir Sorgen um meine Tochter. Um ihr Wohlergehen.«
    »Mister Greene ist irgendwann im Verlauf des gestrigen Tages gestorben. Können Sie uns sagen, wo Sie gestern waren?«
    »Zu Hause. Ich bin in letzter Zeit viel zu Hause.«
    »War jemand bei Ihnen?«
    »Die Kinder befanden sich in der Schule. Ich war da, als

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