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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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so seltsam. Da holte ich plötzlich mit dem Ding aus, das ich in der Hand hielt, und traf sie direkt an der Schläfe. Ich kann noch genau das Geräusch hören. Laut und dumpf. Einen Moment lang schien es, als wäre gar nichts passiert. Wir schauten einander immer noch an, und da war dieses seltsame Lächeln auf ihrem Gesicht, aber dann … dann war es, als würde sie vor meinen Augen explodieren. Überall war Blut, und sie sah gar nicht mehr aus wie meine Mutter. Sie lag auf dem Boden, das Gesicht zu Brei geschlagen, und ich hielt immer noch das Zahnrad in der Hand, und es war ganz voller …«
    »Da bist du weggelaufen.«
    »Ich rannte in den Park. Dort musste ich mich übergeben. Mir war so schrecklich übel, und daran hat sich nichts geändert. Mir ist seitdem die ganze Zeit schlecht. Nichts kann diesen Geschmack in meinem Mund vertreiben.«
    »Und dann hat Judith dir ein Alibi gegeben?«
    »Ich wollte eigentlich alles gestehen. Was hätte ich denn sonst tun sollen? Aber in der Zwischenzeit war die Mordwaffe verschwunden, und alle gingen von einem missglückten Einbruch aus. Judith hat mich bekniet, ich solle sagen, ich sei an dem Nachmittag mit ihr zusammen gewesen. Also habe ich mitgespielt. Ich hatte mir da vorher nichts überlegt.«
    »Dir ist aber schon klar, dass dein Vater den Mord an Zach geplant hat, oder? Es war kein Totschlag, sondern Mord. Nachdem Judith ihm von ihrer Beziehung erzählt hatte und dass sie an dem Tag, als eure Mutter starb, mit Zach zusammen gewesen war, wusste euer Vater, dass dein Alibi platzen würde. Zach würde aussagen, dass er den Nachmittag mit Judith verbracht hatte.«
    »Er hat Zach getötet, um mich zu schützen«, stellte Ted leise fest.
    »Sollte ihm niemand auf die Schliche kommen, dann war dein Alibi sicher, und wenn doch, konnte er immer noch behaupten, sie seien in Streit geraten und er habe im Affekt gehandelt.«
    »Was wird jetzt mit ihm passieren?«
    »Das weiß ich nicht, Ted.«
    »Wird er nun auch noch behaupten, dass er Mum getötet hat, um mich zu schützen?«
    »Ich glaube, wenn er sich dazu gezwungen sieht, wird er es tun. Im Moment herrscht ein ziemliches Durcheinander, weil Elaine Kerrigan ins Spiel gekommen ist.«
    »Wirst du es der Polizei sagen?«
    »Nein«, antwortete Frieda nachdenklich, »ich glaube nicht.«
    »Warum nicht?«
    Frieda blieb stehen und schaute ihn mit ihren dunklen Augen an.
    »Weil du es tun wirst.«
    »Nein«, flüsterte er, »das kann ich nicht. Ich wollte sie doch gar nicht … ich kann nicht.«
    »Wie waren denn die letzten Wochen für dich?«, fragte Frieda.
    »Als wäre ich in der Hölle«, antwortet er kaum hörbar.
    »In dieser Hölle wirst du nun für immer bleiben, es sei denn, du sagst die Wahrheit.«
    »Wie kann ich das denn? Meine Mutter! Ich habe meine Mutter getötet!« Mit einer heftigen Bewegung brach er ab, stieß die Worte dann aber gleich noch einmal hervor: »Ich habe meine Mutter getötet. Ich sehe ihr Gesicht noch genau vor mir.« Ein wilder Ausdruck trat in seine Augen, während er auch diese Worte wiederholte: »Ich sehe ihr Gesicht noch genau vor mir. Ihr eingeschlagenes Gesicht. Die ganze Zeit.«
    »Dir bleibt keine andere Wahl, auch wenn es davon nicht besser wird: Du wirst immer der Mensch sein, der seine Mutter getötet hat. Das wirst du mit dir herumtragen, bis du stirbst. Aber du musst zu dem stehen, was du getan hast.«
    »Muss ich dann ins Gefängnis?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Ich wünschte, ich könnte ihr sagen …«
    »Was würdest du ihr denn gerne sagen?«
    »Dass ich sie liebe. Dass es mir leidtut.«
    »Das kannst du ihr doch trotzdem sagen.«
    Der Weg verlief halbmondförmig, so dass sie nun zurück auf die Straße kamen, in der Louise Weller lebte. Ted blieb stehen und rang nach Luft.
    »Wir müssen nicht wieder hinein«, erklärte Frieda. »Wir können auch gleich zum Präsidium gehen.«
    Er starrte sie an. Sein junges Gesicht war von Angst erfüllt.
    »Begleitest du mich?«
    »Ja.«
    »Weil ich nämlich nicht glaube, dass ich das allein schaffe.«
    Frieda war schon viele Male durch London gewandert, aber an einen so gespenstischen, seltsamen Fußmarsch konnte sie sich nicht erinnern. Es war, als wichen die Menschen vor ihnen zurück, und in dem schwachen grauen Licht klangen ihre Schritte eigenartig hallend. Nach einer Weile hakte sie sich bei Ted unter, und er schmiegte sich an sie wie ein kleines Kind an seine Mutter. Frieda dachte an Judith und Dora, die in dem dunklen, ordentlichen,

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