Schwarzer Mittwoch
Detective im ersten Moment aber gar nicht wiederzuerkennen.
»Ich bin gekommen, um Sie nach Hause zu bringen«, erklärte Karlsson, während er sich auf dem Stuhl gegenüber niederließ. »Ihnen ist aber schon klar, dass Sie wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung oder was auch immer angezeigt werden könnten?«
»Das ist mir egal.«
»Glauben Sie, Ihren Kindern wäre damit geholfen?«
Lennox starrte wortlos auf die Tischplatte hinunter.
»Sie sind also noch einmal zurück zu Burgess and Son?«
Lennox nickte kaum merklich.
»Das Ganze ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Außerdem, was soll ich denn sonst mit meiner Zeit anfangen? Ruths Schwester Louise kümmert sich um die Kinder. Nach allem, was die drei durchgemacht haben, brauchen sie nicht auch noch mich in diesem aufgelösten Zustand zu sehen. Deswegen bin ich losmarschiert, um noch einmal einen Blick in den Laden zu werfen. Da habe ich die Gabel entdeckt.«
»Eine einzelne Gabel?«, fragte Karlsson skeptisch.
»Ruths Großmutter hat uns das Tafelsilber zur Hochzeit geschenkt. Mir bedeutet so etwas nicht viel, deswegen habe ich es mir wahrscheinlich auch nie genau angesehen, aber bei dieser einen Gabel war ein Zinken verbogen, daran habe ich sie wiedererkannt. Judith wurde immer wütend, wenn sie die Gabel beim Essen erwischte. Angeblich stach sie sich damit in den Gaumen. Ich bin in den Laden gegangen und habe gefragt, ob ich mir die Gabel genauer ansehen kann. Dann ist die Situation irgendwie eskaliert.« Er blickte zu Karlsson hoch. »Ich bin kein gewalttätiger Mann.«
»Darüber lässt sich vermutlich streiten«, antwortete Karlsson.
Jeremy Burgess, der Besitzer von Burgess and Son, war klein und mager. Er hatte die wachsame Art eines halbseidenen Geschäftsmanns, der es schon seit Jahren fertigbrachte, dass man ihm nie wirklich etwas nachweisen konnte. Karlsson beugte sich über die Glastheke, die vollgestopft war mit Medaillen, alten Ketten, Zigarettenetuis, verbeulten Tabakdosen, Fingerhüten und kleinen Silberdosen, glitzernden Ohrclips und überdimensionalen Manschettenknöpfen. Er griff nach der Gabel mit der verbogenen Spitze und legte sie auf das Glas.
»Woher stammt die?«, fragte er.
Burgess zuckte ratlos mit den Achseln.
»Für solche Kleinigkeiten zahle ich bar.«
»Ich muss es wissen, Mister Burgess.«
»Immerhin bin ich derjenige, der angegriffen wurde! Was gedenken Sie denn deswegen zu unternehmen? Ich versuche doch nur, einen Laden zu betreiben.«
»Hören Sie mir bloß damit auf!«, konterte Karlsson. »Über Ihre Geschäftspraktiken brauchen Sie mir nichts zu erzählen, da kenne ich mich aus. Wenn die örtliche Polizei damit kein Problem hat, dann ist das deren Sache, aber bei diesem Ding hier handelt es sich um ein Beweisstück in einem Mordfall. Sollten Sie nicht mit uns zusammenarbeiten, sorge ich dafür, dass Sie große Schwierigkeiten bekommen, das dürfen Sie mir glauben!«
Mit sichtlichem Unbehagen blickte Burgess zu den beiden Frauen hinüber, die am anderen Ende des Ladens gerade ein Tablett mit Ringen betrachteten.
»Ich bin doch bloß ein Geschäftsmann«, erklärte er, wobei er sich vorbeugte und um einen leiseren Ton bemühte.
»Nennen Sie mir einfach einen Namen, dann verschwinde ich. Ansonsten schicke ich Ihnen ein paar Beamte vorbei, die diesen Laden Stück für Stück auseinandernehmen werden.«
Burgess überlegte einen Moment.
»Billy.«
»Billy wer?«
»Billy. Jung, dunkelhaarig, dünn. Mehr weiß ich nicht.«
Curzons Stimme war zeitweise kaum zu hören. Er erklärte, dass er dort draußen am Fluss einen schlechten Empfang habe.
»Hunt«, sagte er, »Billy Hunt.«
»Sie kennen ihn?«
»Den kennen wir alle.«
»Hat er ein Vorstrafenregister?«
»Raubüberfall, Drogenbesitz, dies und das.«
»Schätzen Sie ihn als gewalttätig ein?«
»Unser Billy ist eher ein Weichei«, erwiderte Curzon. »Aber vielleicht ist es mit ihm bergab gegangen – noch weiter bergab, meine ich.«
Karlsson setzte Riley darauf an. Curzon kannte weder die Adresse noch die Telefonnummer von Billy Hunt, meinte jedoch, ein paar jüngere Kollegen hätten sich besonders mit der örtlichen Drogenszene beschäftigt und wüssten wahrscheinlich mehr. Wie sich herausstellte, hatten die betreffenden Beamten Hunt schon eine Weile nicht mehr zu Gesicht bekommen. Einer von ihnen erinnerte sich daran, dass der Mann mal an einem Marktstand in Camden Lock irgendwelchen aus Draht hergestellten Krimskrams veräußert hatte,
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