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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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nicht nachlässt. Aber was ist mit dir, geht es dir wirklich gut?«
    »Ja. Ich brauche nur noch ein bisschen Zeit.«
    »Ich meinte das nicht nur körperlich.« Seine verlegene Miene amüsierte Frieda ein wenig.
    »Du möchtest wissen, ob ich traumatisiert bin?«
    »Du bist immerhin mit einem Messer angegriffen worden.«
    »Manchmal träume ich davon.« Frieda überlegte kurz. »Außerdem muss ich dir sagen, dass ich auch oft an Dean Reeve denke. Vor ein paar Tagen ist etwas vorgefallen, das du wissen solltest. Deswegen brauchst du aber kein so ängstliches Gesicht zu machen, ich möchte jetzt sowieso nicht darüber sprechen.«
    Frieda betrachtete Karlsson, der aussah, als wollte er gerade eine Entscheidung fällen – als würde er mit sich ringen, ob er etwas sagen sollte oder nicht.
    »Hör mal«, brach er schließlich das Schweigen, »dieser Junge, Ted …«
    »Tut mir leid, dass ich euch da über den Weg gelaufen bin.«
    »Darauf wollte ich gar nicht hinaus. Weißt du über den Fall Bescheid?«
    »Ich weiß, dass seine Mutter ermordet wurde.«
    »Sie war eine nette Frau mit einem anständigen Mann, engen Familienbanden, guten Freunden und Nachbarn, die sie mochten. Wir waren der Meinung, den Täter bereits geschnappt zu haben. Es sah nach einem einfachen, klaren Fall aus. Wie sich nun herausstellt, kann es der Betreffende nicht gewesen sein, und wir stehen wieder da, wo wir angefangen haben, nur dass nun alles immer weniger Sinn ergibt.«
    »Das tut mir leid«, antwortete Frieda in neutralem Ton.
    »Doktor Bradshaw hat eine Theorie.«
    »Ich möchte sie nicht hören«, sagte Frieda schnell. »Es hat auch seine Vorteile, wenn man ausgebootet wird.«
    Karlsson musterte sie argwöhnisch.
    »Gibt es ein Problem mit Bradshaw?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    Mehr sagte Frieda dazu nicht. Sie wartete auf seine Reaktion.
    »Du wärst nicht bereit, zusammen mit mir einen Blick in das Haus zu werfen, oder? Nur ein einziges Mal? Ich würde gern die Meinung von jemandem hören, dem ich vertraue.«
    »Was ist mit Yvette?«, fragte Frieda, obwohl sie bereits beschlossen hatte, ihm den Gefallen zu tun.
    »Yvette ist großartig – natürlich abgesehen von der Tatsache, dass du durch ihre Nachlässigkeit beinahe ermordet worden wärst. Sie ist eine liebe Kollegin, der ich voll und ganz vertraue, und außerdem mein Kampfhund. Aber wenn ich überlege, wer dafür geeignet wäre, einen Blick in das Haus zu werfen, nur um ein Gefühl für die Atmosphäre dort zu bekommen und sich ein paar Gedanken darüber zu machen, dann würde ich dich fragen – was ich hiermit tue.«
    »Weil wir befreundet sind.«
    »Ja. Weil wir befreundet sind.«
    »Wann?«
    »Morgen früh, wenn das Haus leer ist?«
    »Da würde es mir passen.«
    »Ist das dein Ernst? Ich meine, großartig. Soll ich dir einen Wagen vorbeischicken?«
    »Ich komme zu Fuß.«
    Heute habe ich eine Neurobiologin namens Gloria kennengelernt, die dir bestimmt gefallen würde (wie du siehst, schließe ich hier drüben schon Freundschaften für dich). Wir haben über freien Willen gesprochen – existiert so etwas überhaupt etc.? Sie hat argumentiert, dass es mit unserem ganzen heutigen Wissen über das menschliche Gehirn im Grunde unmöglich ist, an freien Willen zu glauben, gleichzeitig aber auch unmöglich, nicht daran zu glauben. Schließlich leben wir alle unser Leben, als hätten wir Wahlmöglichkeiten. Eine unverzichtbare Selbsttäuschung.
    Heute ist ein schöner Abend, mit Vollmond über dem Fluss. Ich frage mich, wie es wohl in London ist – wobei bei dir ja fast schon der Morgen graut. Bestimmt schläfst du noch, zumindest hoffe ich das. Sandy xxxx

16
    S o kam es, dass Frieda gleich am nächsten Tag ein weiteres Mal am Roundhouse und dem kleinen Café vorbeiging, in dem Ted und Chloë am Vorabend heiße Schokolade getrunken hatten, und auch an dem größeren, wo ein Flugzeug mit der Nase nach unten an der Wand hing und laute Musik lief, bis sie schließlich in die Margaretting Road einbog. Karlsson wartete schon vor der Tür und trank Kaffee aus einem Pappbecher, den er zur Begrüßung hochhob, während Frieda auf ihn zusteuerte. Ihm fiel auf, dass sie langsamer ging als früher und leicht hinkte.
    »Du bist gekommen.«
    »Das habe ich doch gesagt.«
    »Ich freue mich.«
    »Bist du sicher, dass niemand da ist?«
    »Ganz sicher. Die Familie wohnt vorübergehend bei Nachbarn. Offiziell gilt das Haus immer noch als Tatort.«
    »Und Hal Bradshaw …?«
    »Der kann mich mal!«

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