Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
immer mit einer Antwort rechnen, ich weiß.« Jack wich ihrem Blick aus. »Ich frage ja auch nur, weil die anderen sich nicht trauen, und …«
    »Welche anderen?«, unterbrach ihn Frieda.
    »Ach, du weißt schon. Die üblichen Verdächtigen.«
    »Bin ich wirklich so Furcht einflößend? Los, raus damit!«
    »Geht es dir gut?«
    »Das ist es, was dich – euch – interessiert?«
    »Ja.«
    »Die Arbeit, die du angeblich geschrieben hast, war nur ein Vorwand?«
    »Na ja, irgendwie schon … obwohl ich sie tatsächlich geschrieben habe und schon gern hätte, dass du sie dir ansiehst, wenn du Zeit hast.«
    »Und ich gehe mal davon aus, dass du mir diese Frage stellst, weil ihr befürchtet, dass es mir nicht gut geht.«
    »Nein … ich meine, ja. Du wirkst so …« Er hielt inne.
    »Sprich weiter.«
    »So zerbrechlich, wie eine Eierschale. Außerdem bist du noch unberechenbarer als sonst. Entschuldige, ich wollte dich nicht beleidigen, aber vielleicht nimmst du deine Genesung nicht ernst genug.«
    »Dieser Meinung seid ihr also?«
    »Ja.«
    »Alle?«
    »Also … ja.«
    »Sag allen – allen, die glauben, sich meinetwegen den Kopf zerbrechen zu müssen –, dass es mir gut geht.«
    »Jetzt bist du sauer.«
    »Mir gefällt nur die Vorstellung nicht, dass ihr hinter meinem Rücken über mich gesprochen habt.«
    »Nur weil wir uns um dich sorgen.«
    »Danke, dass ihr euch meinetwegen Gedanken macht, aber es geht mir wirklich gut.«
    Später an diesem Nachmittag bekam Frieda einen Besuch, mit dem sie nicht gerechnet hatte und der bewirkte, dass schlimme Erinnerungen an Ereignisse, die noch nicht lange zurücklagen, schlagartig wieder hochkamen. Vor der Tür stand Lorna Kersey, und ehe Frieda etwas sagen konnte, war sie auch schon in der Diele und knallte die Haustür hinter sich zu.
    »Es dauert nicht lange«, verkündete sie mit schriller, vor Wut brüchiger Stimme.
    »Ich werde nicht so tun, als wüsste ich nicht, warum Sie hier sind.«
    »Gut.«
    »Es tut mir sehr leid, dass Sie Ihre Tochter verloren haben, Misses Kersey.«
    »Sie haben meine Tochter getötet, und jetzt behaupten Sie, es tue Ihnen leid.«
    Lorna Kerseys Tochter Beth war eine unglückliche, gestörte junge Frau gewesen, die an paranoiden Wahnvorstellungen gelitten und Mary Orton in deren Haus ermordet hatte. Frieda war nicht mehr rechtzeitig gekommen, um sie aufzuhalten. Sie erinnerte sich lebhaft daran, wie Beth mit einem Messer über ihr stand und was für ein Gefühl es war, als die Klinge in ihren Körper drang. Die Erinnerung daran ließ sie nachts immer noch schweißgebadet aufwachen. In jenen Minuten hatte sie gespürt, dass sie bereits im Sterben lag und langsam in Dunkelheit und Vergessen hinüberglitt – trotzdem hatte sie überlebt, Beth Kersey jedoch nicht. Die Polizei sprach von Notwehr, und nicht einmal Karlsson glaubte Frieda, als diese darauf beharrte, dass Dean Reeve Beth getötet und ihr das Leben gerettet hatte.
    »Ja, es tut mir leid«, bekräftigte Frieda nun in ruhigem Ton. Es brachte nichts, wenn sie Lorna Kersey erklärte, dass nicht sie ihre Tochter getötet hatte. Sie würde ihr nicht glauben, und selbst wenn, was spielte das für eine Rolle? Die arme, einsame Beth war tot, und in Lorna Kerseys Gesicht hatte sich der Kummer einer trauernden Mutter eingegraben.
    »Sie sind zu mir gekommen und haben mich dazu gebracht, Ihnen Dinge über Beth zu verraten, die wir vorher noch nie jemandem erzählt hatten. Ich habe Ihnen vertraut. Sie sagten, Sie würden mithelfen, sie zu finden. Sie haben mir ein Versprechen gegeben, und dann haben Sie sie getötet. Wissen Sie, wie es sich anfühlt, ein Kind zu Grabe zu tragen?«
    »Nein.«
    »Nein, natürlich nicht. Wie schaffen Sie es, morgens aufzustehen?«
    Frieda überlegte, ob sie ihr zur Antwort geben sollte, dass Beth so krank gewesen war, dass sie in ihrer Raserei eine alte Frau abgeschlachtet hatte und auch sie, Frieda, beinahe umgebracht hätte. Aber natürlich wusste Lorna Kersey das alles schon. Sie brauchte einen Sündenbock, und wer lag da näher als Frieda?
    »Ich wünschte, ich könnte etwas sagen oder tun, das …«
    »Aber das können Sie nicht. Es gibt nichts zu sagen oder zu tun. Meine Tochter ist tot. Sie hat keine Chance mehr, gesund zu werden, und daran sind Sie schuld. Unter dem Vorwand, den Menschen helfen zu wollen, zerstören Sie sie. Ich werde Ihnen das nie verzeihen. Nie.«
    Frieda – du hast heute ein bisschen abwesend geklungen. Ich weiß, dass dich etwas beunruhigt,

Weitere Kostenlose Bücher