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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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sind, oder so was in der Art. Jedenfalls bin ich zu ihr hin und habe ihr vorgeflunkert, ich sei als Kind grausam zu Tieren gewesen und hätte jetzt Gewaltfantasien in Bezug auf Frauen. Bald darauf hat sie sich mit mir in Verbindung gesetzt und wollte so einiges von mir wissen: wer mein Hausarzt sei und andere solche Sachen.«
    »Was haben Sie ihr gesagt?«
    »Professor Bradshaw hatte uns für diesen Fall klare Anweisungen gegeben: Sollte jemand tatsächlich hellhörig werden und die von einem Psychopathen ausgehende Gefahr erkennen, dann sollten wir die betreffende Person an den Professor verweisen, damit er sie über das Experiment aufklären konnte – um zu verhindern, dass jemand von uns verhaftet wurde.«
    »Weswegen hätte man Sie denn verhaften sollen?«, fragte Frieda.
    »Schon gut, schon gut«, antwortete Singh gereizt. »Ihre Kollegin hat es nun mal richtig gemacht, und Sie haben es versiebt. Deswegen geht die Welt nicht unter. Vergessen Sie es einfach.«
    »Aber ich interessiere mich für die Geschichte, die Sie alle zum Besten gegeben haben. Wie ist die zustande gekommen?«
    »Auf keine allzu raffinierte Weise. Bradshaw hat uns die Punkte genannt, an denen man einen Psychopathen erkennt, so eine Art Checkliste. Anschließend mussten wir uns nur auf eine Geschichte einigen, das Ganze auswendig lernen, ein paarmal proben und dann präsentieren.«
    »Über die Checkliste brauchen Sie mir nichts zu erzählen«, erklärte Frieda, »mich interessieren mehr die anderen Details. Woher stammten all die kleinen Elemente, die nichts mit der dämlichen Checkliste zu tun hatten? Zum Beispiel die Geschichte über das Haareschneiden? Um wen ging es da?«
    »Was spielt das für eine Rolle?«
    Frieda überlegte einen Moment. Dabei ließ sie den Blick durch den Raum schweifen, der nicht nur kalt war, sondern auch ein wenig modrig roch. Alles, was sich in dem Zimmer befand, sah aus, als stammte es vom Vermieter. Es handelte sich dabei um lauter altes Gerümpel – übrig gebliebenes, ungeliebtes Zeug –, wie man es auf dem Flohmarkt oder bei einer Hausentrümpelung billig erstehen konnte.
    »Ich glaube, es ist ziemlich schwierig, einen Patienten zu spielen«, sagte Frieda. »Den meisten Leuten fällt es schon schwer, überhaupt um Hilfe zu bitten. Wenn sie erst einmal mit mir in einem Raum sitzen, haben sie bereits eine schmerzhafte Entscheidung getroffen. Ich schätze, es ist genauso schwer, nur so zu tun, als müsste man um Hilfe bitten.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
    Frieda hatte sich weiter im Raum umgeblickt, doch nun schaute sie Singh direkt ins Gesicht. Er erwiderte ihren Blick.
    »Als ich hereingekommen bin, haben Sie sich wegen des Hauses entschuldigt.«
    »Ich habe mich deswegen nicht entschuldigt. Ich habe nur festgestellt, was für ein Glück ich hatte, es zu bekommen.«
    »Sie haben gesagt, als Sie noch ein einfacher Student waren, wurde alles für Sie geregelt, während Sie sich jetzt allein durchschlagen müssen. Außerdem haben Sie gesagt, dass Sie Ihre Mitbewohner nie zu Gesicht bekommen.«
    »Damit habe ich gemeint, dass ich das als Vorteil empfinde.«
    »Sie wollen das jetzt wahrscheinlich nicht hören …«
    »Irgendwie habe ich den Verdacht, dass Sie gleich etwas über mich sagen werden, das nicht als Kompliment gedacht ist.«
    »Da täuschen Sie sich. Ich frage mich nur, ob es nicht sein kann, dass Sie durch die freiwillige Teilnahme an diesem Experiment – also durch die Möglichkeit, zu einem Therapeuten zu gehen, ohne wirklich die Hilfe eines Therapeuten in Anspruch zu nehmen – die Chance bekamen, etwas zum Ausdruck zu bringen, das Ihnen zu schaffen macht: eine gewisse Traurigkeit, weil Sie das Gefühl haben, dass sich niemand um Sie kümmert.«
    »Das ist doch völliger Schwachsinn. Genau mit dieser Masche arbeiten Therapeuten wie Sie: Sie interpretieren in das, was man Ihnen sagt, irgendetwas hinein, um auf diese Weise Macht über Ihre Gesprächspartner zu gewinnen. Und wenn man dann widerspricht, wird einem das als Schwäche ausgelegt. In Wirklichkeit kommen Sie nur nicht damit klar, dass Sie im Rahmen eines Experiments als Versuchskaninchen herhalten mussten und dabei schlecht abgeschnitten haben. Nach allem, was ich gehört habe, sind Sie und Professor Bradshaw nicht gut aufeinander zu sprechen. Falls ich da irgendwie zwischen die Fronten geraten bin, tut mir das leid. Aber ziehen Sie mich bitte nicht in Ihre Psychospielchen mit hinein.«
    »Man hat gar nicht den Eindruck,

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