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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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bin immer vor ihr eingetroffen. Ich hatte ein bisschen Brot und Käse für unser Mittagessen besorgt und ein paar Blumen für die Vase, die sie letztes Jahr gekauft hatte. Außerdem habe ich die Heizung eingeschaltet, weil es mir in der Wohnung ein bisschen kühl erschien, obwohl eigentlich ein warmer Tag war.«
    »Sprechen Sie weiter.«
    »Tja.« Offenbar fiel es ihm schwer, den Rest zu erzählen. »Kurz darauf kam sie und … müssen Sie alle Einzelheiten wissen?«
    »Vorerst nur die schlichten Fakten. Sie hatten Sex, nehme ich an.« Yvette hörte selbst, wie barsch sie klang.
    »Wir haben uns geliebt, ja. Anschließend haben wir gemeinsam gebadet und dann noch zusammen gegessen. Danach ist sie gegangen, und ich habe alles wieder dichtgemacht und bin etwa eine halbe Stunde nach ihr aufgebrochen.«
    »Um welche Zeit war das?«
    »Sie ist gegen drei gegangen, vielleicht auch ein bisschen eher, um zehn vor oder so. Wie immer. Ich habe dann wohl so zwischen halb und Viertel vor vier das Haus verlassen.«
    »Hat Sie jemand gesehen?«
    »Ich glaube nicht. Wir haben die anderen Leute in dem Haus nie zu Gesicht bekommen.«
    »Wissen Sie, wo Misses Lennox hinwollte?«
    »Ruth ist immer gleich nach Hause.«
    »Und Sie?«
    »Manchmal fahre ich zurück zur Baustelle, aber an dem Tag bin ich auch heim.«
    »War Ihre Frau zu Hause?«
    »Nein. Sie ist gegen sechs gekommen, glaube ich.«
    »Nachdem Sie aus der Shawcross Street aufgebrochen waren, haben Sie also niemanden mehr getroffen, bis rund zwei Stunden später Ihre Frau nach Hause kam.«
    »Zumindest kann ich mich an niemanden erinnern.«
    »Wann haben Sie von Ruth Lennox’ Tod erfahren?«, fragte Karlsson.
    »Es stand am nächsten Tag in der Zeitung. Elaine – meine Frau – hat mir den Bericht gezeigt. Es war ein Foto von Ruth abgedruckt, auf dem sie lächelte. Zuerst dachte ich … mir schoss der blöde Gedanke durch den Kopf, dass der Bericht etwas mit uns zu tun hatte – dass uns jemand auf die Schliche gekommen war und es in die Zeitung gesetzt hatte. Ich brachte kein Wort heraus. Elaine sagte: ›Ist das nicht schrecklich? Sind wir ihr mal begegnet?‹«
    »Was haben Sie ihr zur Antwort gegeben?«
    »Keine Ahnung. Elaine fragte mich, ob ich nicht auch fände, dass die Frau nett aussehe, und machte noch eine Bemerkung über die armen Kinder. Was ich ihr geantwortet habe, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich an das alles nur ganz verschwommen erinnern. Keine Ahnung, wie ich den Abend überstanden habe. Die Jungs waren auch da, und es ging ziemlich laut und hektisch zu. Sie hatten noch Hausaufgaben zu machen, und Elaine kochte. Es gab an dem Abend Shepherd’s Pie und als Nachspeise Pudding, das weiß ich noch. Ich schob mir einen Bissen nach dem anderen in den Mund, kaute darauf herum und schluckte alles hinunter, ohne irgendetwas zu schmecken. Danach bin ich duschen gegangen. Ich stand eine Ewigkeit unter dem Wasserstrahl und konnte es einfach nicht fassen.«
    »Haben Sie sich schuldig gefühlt?«
    »Weswegen?«
    »Weil Sie zehn Jahre lang eine Affäre hatten.«
    »Nein.«
    »Obwohl Sie verheiratet sind.«
    »Ich habe mich deswegen nie schuldig gefühlt«, wiederholte er. »Ich war mir sicher, dass Elaine und die Jungs nie davon erfahren würden. Ich tat niemandem weh.«
    »Hat Ruth sich schuldig gefühlt?«
    »Das weiß ich nicht. Sie hat zumindest nie etwas in dieser Hinsicht gesagt.«
    »Sind Sie sicher, dass Ihre Frau keine Ahnung hatte?«
    »Ja.«
    »Und Ruths Ehemann, Russell Lennox? Wusste er etwas, oder hatte er einen Verdacht?«
    »Nein.«
    »Hat Ruth Lennox Ihnen das gesagt?«
    »Sie hätte es mir gesagt, wenn er einen Verdacht gehabt hätte, da bin ich mir sicher.« Allerdings klang er alles andere als sicher.
    »Hat sie an dem Tag irgendwie anders gewirkt als sonst?«
    »Nein, sie war wie immer.«
    »Nämlich?«
    »Gelassen. Fröhlich. Nett.«
    »Sie war immer gelassen, fröhlich und nett? Zehn Jahre lang?«
    »Ja! Natürlich hatte sie ihre guten und schlechten Tage, wie jeder andere Mensch auch.«
    »Und jener Mittwoch, war das ein guter oder ein schlechter?«
    »Weder noch.«
    »Sie wollen damit sagen, dass es ihr mittelmäßig ging?«
    »Ich will damit sagen, dass es ihr gut ging.«
    Yvette warf einen fragenden Blick zu Karlsson hinüber.
    »Mister Kerrigan«, ergriff er das Wort, »seltsamerweise klingt Ihre Beziehung zu Ruth Lennox für mich mehr nach einer Ehe als einer Affäre: häuslich, ruhig und verlässlich.« Beschaulich, dachte er, auch wenn

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