Schwarzer Mittwoch
angeschlagen hatte? Der Polizeibeamte blickte wieder in sein Notizbuch.
»Angezeigt wurden Sie von Mister Ian Yardley, dem Besitzer der Wohnung, und von Polly Welsh. An dieser Stelle muss ich Sie darauf hinweisen, dass Sie nicht unter Arrest stehen und die Befragung jederzeit abbrechen können. Ich muss Sie außerdem darauf hinweisen, dass Sie das Recht haben zu schweigen, dass es sich jedoch nachteilig für Ihre Verteidigung auswirken könnte, wenn Sie bei dieser Befragung etwas verschweigen, was Sie später vor Gericht zu Ihrer Verteidigung vorbringen. Alles, was Sie sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden.« Nachdem er seine kleine Rede beendet hatte, lief das blasse Gesicht des Beamten rot an. Er erinnerte Frieda an einen kleinen Jungen, der bei einer Schulversammlung etwas vortrug. »Wir müssen das immer sagen«, fügte er entschuldigend hinzu.
»Und dass ich ein Recht auf einen Anwalt habe.«
»Wir haben Sie nicht verhaftet, Frau Doktor Klein.«
»Worum handelt es sich denn bei der ›Körperverletzung‹?«, hakte Frieda erneut nach. »Hat die Frau tatsächlich eine Verletzung davongetragen?«
»Ich glaube, sie hatte Blutergüsse und musste medizinisch behandelt werden.«
»Zählt das schon als Körperverletzung?«, fragte Frieda.
»Es heißt«, meldete sich die Frau zu Wort, »der Vorfall habe auch psychische Folgen gehabt, Schlafstörungen und Depressionen.«
»Psychische Folgen«, wiederholte Frieda. »Kann es sein, dass Doktor Hal Bradshaw mit dieser Einschätzung zu tun hatte?«
»Dazu kann ich nichts sagen«, erwiderte der Mann. »Aber Sie geben zu, dass Sie bei dem Vorfall anwesend waren?«
»Ja«, antwortete Frieda. »Haben sich die beiden mit ihrer Anzeige nicht ziemlich lange Zeit gelassen?«
»Nach allem, was ich gehört habe«, antwortete der Mann, »war Miss Welsh anfangs zu traumatisiert, um darüber zu sprechen. Sie brauchte erst Zuspruch und fachmännische Behandlung, bevor sie damit zur Polizei gehen konnte. Wir versuchen inzwischen, sensibler auf Frauen zu reagieren, die Opfer von Gewalt geworden sind.«
»Tja, das ist ja sehr lobenswert«, meinte Frieda. »Sie wollen von mir also hören, wie das Ganze abgelaufen ist?«
»Wir wären an Ihrer Version der Geschichte sehr interessiert, ja«, antwortete der Mann.
»Ich hatte einen Termin mit Ian Yardley vereinbart, um ihm ein paar Fragen zu stellen«, begann Frieda.
»Wenn ich richtig informiert bin«, unterbrach sie der Mann, »waren Sie wütend auf ihn, weil Sie sich von ihm gedemütigt fühlten.«
»Hat er das so formuliert?«
»Unsere Ermittlungen deuten darauf hin.«
»Ich war nicht wütend auf ihn. Aber seine Freundin …«
»Miss Welsh.«
»Sie verhielt sich mir gegenüber von Anfang an sehr aggressiv. Sie hat mich geschubst und versucht, mich aus der Wohnung zu drängen. Ich habe mich dagegengestemmt und sie zurückgeschoben. Als sie daraufhin auf mich losgehen wollte, ist sie über einen Stuhl gefallen. Das ging alles ganz schnell. Anschließend habe ich die Wohnung verlassen. Ende der Geschichte.«
Der Mann blickte auf sein Notizbuch hinunter.
»In einer Aussage der Gegenseite wird behauptet, Sie hätten Miss Welsh gegen eine Wand geschoben und dort festgehalten. Ist das korrekt?«
Frieda überlegte einen Moment.
»Ja, das stimmt. Sie fing an, mich zu schubsen. Ich forderte sie auf, das sein zu lassen. Als sie nicht aufhörte, schob ich sie gegen die Wand, aber nicht fest. Es ging mir nur darum, dass sie aufhörte. Danach ließ ich sie gleich wieder los. Sie wollte sich auf mich stürzen und ist dabei über den Stuhl gefallen. Ich habe sie in dem Moment nicht mal berührt.«
»Sie ist einfach hingefallen«, wiederholte die Frau.
»Genau.«
Der Mann blickte wieder in sein Notizbuch.
»Waren Sie schon häufiger in öffentliche Schlägereien verwickelt?«
»Wie meinen Sie das?«
Der Mann blätterte um.
»Kennen Sie einen Mann namens James Rundell?«, fragte er. »Uns ist etwas über eine Schlägerei in einem Restaurant zu Ohren gekommen, bei der es beträchtliche Schäden gegeben hat. Das Ganze endete mit Ihrer Verhaftung.«
»Woher wissen Sie das?«
»Es handelt sich dabei um Informationen, die uns zugetragen wurden.«
»Inwiefern ist das hierfür relevant?«
»Wir versuchen lediglich, ein Verhaltensmuster aufzudecken. Ist James Rundell nicht auch in diesen Fall verwickelt?«
»Das stimmt«, bestätigte Frieda, »Rundell ist einer der anderen Therapeuten, die von Bradshaw ins Visier genommen
Weitere Kostenlose Bücher