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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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wurden, im Rahmen dieses ganzen …«, sie suchte nach dem richtigen Wort, »… Projekts«, sagte sie schließlich.
    »›Ins Visier genommen‹. Das klingt, als wären Sie deswegen sehr wohl wütend.«
    »Nein, da täuschen Sie sich«, entgegnete Frieda.
    Der Mann schrieb etwas in sein Notizbuch, ehe er fortfuhr.
    »Sie sind wütend auf Rundell, stellen ihn in einem Restaurant zur Rede und gehen auf ihn los. Sie sind wütend auf Ian Yardley, stellen ihn in seiner Wohnung zur Rede, und es kommt zu einem Kampf. Sehen Sie da kein Muster?«
    »Die beiden Fälle haben nicht das Geringste miteinander gemein«, widersprach Frieda, »und in Ian Yardleys Wohnung gab es keinen Kampf.«
    Plötzlich blickte der Mann sich um wie ein Spürhund, der etwas gewittert hatte.
    »Was ist das?«, fragte er.
    Er meinte das Geklopfe, das aus dem Badezimmer drang. Der Lärm gehörte inzwischen schon so zu Friedas Leben, dass sie ihn fast nicht mehr wahrnahm.
    »Müssen Sie das wirklich wissen?«, erwiderte sie. »Schließlich habe ich ein Alibi. Ich sitze hier unten bei Ihnen.«
    Die Frau musterte Frieda mit gerunzelter Stirn.
    »Gewalt gegen Frauen ist nicht lustig«, verkündete sie.
    »Das reicht jetzt«, antwortete Frieda. »Wenn Sie Anklage gegen mich erheben wollen, dann tun Sie das. Ansonsten gibt es nichts mehr zu besprechen.«
    Mit hochkonzentrierter Miene schrieb der Mann mehrere Zeilen in sein Notizbuch. Dann klappte er es zu und erhob sich.
    »Unter uns gesagt«, erklärte er, »würde ich mir einen Anwalt nehmen, wenn ich Sie wäre. Wir haben schon ganz andere Fälle als diesen vor Gericht gebracht. Aber selbst wenn wir darauf verzichten, könnten Sie es mit einer Zivilklage zu tun bekommen.«
    »Wie erreiche ich Sie?«, fragte Frieda.
    »Das wollte ich gerade erwähnen«, antwortete der Mann. Er schrieb etwas in sein Notizbuch, riss die Seite heraus und reichte sie Frieda. »Falls Ihnen noch etwas einfällt. Aber wir melden uns sowieso bei Ihnen.«
    Nachdem die beiden gegangen waren, ließ Frieda sich wieder auf ihren Platz sinken und starrte minutenlang vor sich hin. Schließlich griff sie nach ihrem Notizbuch, blätterte einen Moment darin und tippte dann eine Nummer.
    »Yvette«, sagte sie, »entschuldigen Sie die Störung. Haben Sie einen Augenblick für mich Zeit?«
    Danke für deinen Brief. Ich trage ihn die ganze Zeit mit mir herum. Das ist so typisch für dich, dass du einen richtigen Brief schreibst – auf hochwertigem Papier, mit Tinte, korrekter Grammatik und ohne Abkürzungen. Ich weiß gar nicht mehr, wann mir jemand das letzte Mal einen solchen Brief geschickt hat. Vielleicht meine Mutter, vor Jahren. Sie hat mir immer auf ganz dünnem Luftpostpapier geschrieben. Ich konnte ihre winzige, krakelige Handschrift kaum entziffern. Meine Mutter, deine Mutter … Es gibt so vieles, worüber wir noch nicht miteinander gesprochen haben. Ich glaube, wir sollten mal einen Monat in einem Leuchtturm verbringen, umgeben von rauer See und mit so viel Essen und Getränken ausgestattet, dass wir nie wegmüssen. Dann könnten wir reden, lesen und schlafen und uns lieben und Geheimnisse austauschen – all die verlorene Zeit wieder aufholen. Sandy xxx

27
    Y vette und Karlsson gingen zusammen vom Haus der Familie Lennox zu dem der Kerrigans. Sie brauchten für die Strecke keine zehn Minuten. Karlsson legte mit seinen großen Schritten ein solches Tempo vor, dass Yvette, die stark erkältet war, kaum nachkam. Ihr Hals und ihre Lymphknoten schmerzten, ihr Kopf dröhnte. Ihre Kleidung fühlte sich eng und kratzig an.
    Das Haus war kleiner als das von Ruth und Russell, ein Reihenhaus aus roten Ziegeln, das in einer schmalen Seitenstraße lag. Der winzige Vorgarten war nicht bepflanzt, sondern gekiest. Noch bevor die Melodie der Klingel verstummte, ging die Tür auf, und Elaine Kerrigan stand vor ihnen: eine große Frau mit einem langen, bleichen Gesicht und bereits ergrauendem, zu einem lockeren Knoten geschlungenem Haar. Sie hatte eine Kette mit einer Brille umhängen. Bekleidet war sie mit einem übergroßen Karohemd und einer locker sitzenden Baumwollhose. Die Sonne schien ihr direkt ins Gesicht, so dass sie geblendet die Hand hob – an deren Ringfinger sie zusätzlich zu ihrem Ehering noch einen zweiten trug, vermutlich ihren Verlobungsring.
    Sie weiß Bescheid, schoss Yvette durch den Kopf, ihr Mann muss es ihr gesagt haben.
    Mrs. Kerrigan führte sie ins Wohnzimmer. Durch das große Fenster fiel Sonnenlicht auf den grünen

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