Schwarzer Mond: Roman
diplomatischem Weg erreicht werden.
Deshalb hatten sie also vergeblich auf ihre Befreiung gewartet. Ihr Land hatte sie im Stich gelassen. Anfangs fiel es Jack sehr schwer, das zu glauben. Und als er sich dann mit dieser Realität abfinden musste, versetzte ihm das den zweitschlimmsten Schock seines Lebens.
Er wurde in seinem Heimatland unablässig von Journalisten bedrängt, die ihm feindlich gesonnen waren, und er wurde bei Strafandrohung vorgeladen, um vor einem Kongresskomitee über seine Beteiligung an der Befreiungsaktion für die Indianer auszusagen. Er rechnete damals noch damit, dass man ihm die Chance geben würde, den wahren Sachverhalt darzustellen, aber er musste rasch feststellen, dass man an seinem Standpunkt nicht interessiert war, dass das ganze - vom Fernsehen übertragene Hearing für die Politiker nur eine günstige Plattform war, um in der berüchtigten Tradition von Joe McCarthy propagandistische Reden zu schwingen.
Nach einigen Monaten geriet die Sache in Vergessenheit, und als er nicht mehr so ausgemergelt aussah wie bei seiner Heimkehr, erkannten die Leute den angeblichen Kriegsverbrecher, den sie im Fernsehen vorgeführt bekommen hatten, nicht mehr wieder. Aber das schmerzliche Gefühl, betrogen und verraten worden zu sein, brannte weiter in ihm.
Die Erfahrung, von seinem Land im Stich gelassen worden zu sein, war -wie gesagt -der zweitschlimmste Schock seines Lebens. Den allerschlimmsten Schock versetzte ihm jedoch das, was mit Jenny geschehen war, während er in jenem mittelamerikanischen Gefängnis gesessen hatte. Ein Verbrecher hatte ihr, als sie von der Arbeit nach Hause kam, im Hausflur aufgelauert, sie mit vorgehaltener Waffe in ihre Wohnung gestoßen, vergewaltigt, mit der Pistole brutal zusammengeschlagen und sich in dem Glauben, sie sei tot, aus dem Staub gemacht.
Als Jack nach Hause kam, lag Jenny im Koma in einer staatlichen Anstalt, wo die Pflege geradezu katastrophal war.
Norman Hazzurt, der Mann, der Jenny auf dem Gewissen hatte, war mit Hilfe von Zeugenaussagen und Fingerabdrücken gefasst worden, aber ein gerissener Anwalt hatte einen Prozessaufschub erwirken können. Jack stellte auf eigene Faust Nachforschungen an, um sich zu vergewissern, dass Hazzurt - auf dessen Konto mehrere brutale sexuelle Überfälle gingen -wirklich der Schuldige war. Er gelangte zu der Überzeugung, dass der Mann dank seinem raffinierten Anwalt mit einem Freispruch aus formaljuristischen Gründen rechnen konnte.
Während die Hetzkampagne von Presse und Politikern gegen ihn noch lief, schmiedete Jack Zukunftspläne. Zwei wichtige Aufgaben lagen vor ihm: Erstens würde er Norman Hazzurt auf eine Art und Weise liquidieren, dass auf ihn kein Verdacht fallen konnte; und zweitens würde er genügend Geld aufbringen, um Jenny in ein Privatsanatorium verlegen lassen zu können. Ihm war klar, dass er nur durch Diebstahl in kurzer Zeit an eine so hohe Summe herankommen konnte. Als Elite-Ranger kannte er sich mit den meisten Waffen, Sprengstoffen, Kriegslisten und Überlebenstaktiken hervorragend aus. Seine Gesellschaft hatte ihn im Stich gelassen, aber zuvor hatte sie ihn zumindest mit den Kenntnissen und Mitteln ausgestattet, die ihm eine Rache ermöglichten; und sie hatte ihn gelehrt, wie man Gesetze brechen konnte, ohne bestraft zu werden.
Norman Hazzurt starb >durch Unfall< bei einer Gasexplosion zwei Monate nach Jacks Rückkehr in die Staaten. Und zwei Wochen später finanzierte er Jennys Überführung in ein Privatsanatorium mit der Beute aus einem mit militärischer Präzision durchgeführten raffinierten Bankraub.
Hazzurts Ermordung verschaffte Jack keine Befriedigung, sondern deprimierte ihn im Gegenteil. Im Krieg zu töten war eben doch etwas anderes, als im Privatleben zu morden. Es war ihm höchst zuwider, Menschen umzubringen, wenn es nicht dem reinen Selbstschutz diente.
Raub und Diebstahl waren hingegen eine sehr befriedigende Beschäftigung. Nach dem erfolgreichen Bankraub war er in Hochstimmung gewesen. Riskante Überfälle hatten für ihn eine therapeutische Wirkung. Verbrechen gaben seinem Leben einen neuen Sinn. Jedenfalls bis vor kurzem.
Während er an Jennys Bett saß, fragte sich Jack, was ihn wohl Tag für Tag am Leben halten würde, wenn nicht Diebstahl großen Stils. Das einzige, was er sonst noch hatte, war Jenny. Aber ihre bestmögliche Betreuung auf Lebenszeit war schon längst gesichert. Geld besaß er inzwischen in Hülle und Fülle. Sein einziger Lebenssinn war
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