Schwarzer Mond: Roman
Geheimgesellschaft hinter dir her -so eine Mischung aus Illuminatenorden, Rosenkreuzertum, CIA und Freimaurerei! Glaubst du wirklich, dass man dich einer Gehirnwäsche unterzogen hat?«
»Wenn du es so nennen willst. Was für ein traumatisches Erlebnis ich auch vergessen habe - ich habe es nicht von allein vergessen. Was immer ich auch gesehen oder erlebt habe, muss so erschreckend, so traumatisch gewesen sein, dass es wie ein Geschwür in meinem Unterbewusstsein arbeitet und versucht, mich - mein Bewusstsein - durch das Schlafwandeln und durch die Botschaften, die ich in den Computer eingebe, zu erreichen. Es muss etwas so Umwerfendes sein, dass nicht einmal eine Gehirnwäsche es völlig auslöschen konnte, etwas so Phänomenales, dass einer der Verschwörer seinen Kopf riskiert, um mir Hinweise zu geben.«
Parker las die beiden Briefe noch einmal, gab sie Dom zurück und leerte sein Punschglas.
»Scheiße! Ich glaube, du musst recht haben, und das bestürzt mich. Ich möchte es nämlich nicht glauben, weil es sich so anhört, als hättest du deiner Schriftstellerfantasie allzu freien Lauf gelassen, als wolltest du einen neuen Roman an mir testen, der etwas zu sehr an den Haaren herbeigezogen ist. Aber so verrückt sich die ganze Sache auch anhört, fällt mir doch keine andere Erklärung ein.«
Dom bemerkte, dass er sein Glas so fest umklammerte, dass es jeden Moment zerbrechen konnte. Er stellte es auf ein Tischchen und wischte seine feuchten Hände an der Hose ab.
»Mir auch nicht. Keine andere Theorie erklärt sowohl mein verdammtes Schlafwandeln als auch meine plötzliche Veränderung zwischen Portland und Mountainview als auch diese beiden Botschaften.«
Mit sorgenvoll gerunzelter Stirn sagte Parker: »Was könnte es nur gewesen sein, Dom? In was bist du hineingestolpert, als du damals unterwegs warst?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
»Hast du dir auch überlegt, dass es etwas so Schlimmes ... etwas so verdammt Gefährliches sein könnte, dass es besser für dich wäre, nichts davon zu wissen?«
Dom nickte. »Aber wenn ich die Wahrheit nicht herausfinde, werde ich mit dem Schlafwandeln nicht aufhören können. Im Schlaf renne ich vor der Erinnerung an das davon, was mir im vorletzten Sommer zugestoßen ist, was immer das auch gewesen sein mag; und um mit diesem Weglaufen aufhören zu können, muss ich erfahren, was es war, muss mich diesem Erlebnis stellen, bewusst stellen. Wenn das Schlafwandeln nämlich nicht aufhört, wird es mich schließlich in den Wahnsinn treiben. Das hört sich vielleicht melodramatisch an, aber es stimmt. Wenn ich die Wahrheit nicht herausfinde, wird das, wovor ich mich in meinen Alpträumen fürchte, mich auch im Wachen verfolgen, ich werde keinen Augenblick des Friedens mehr haben, und schließlich wird mir nur der Ausweg bleiben, mir eine Pistole in den Mund zu stecken und abzudrücken.«
»O Gott!«
»Es ist mein voller Ernst.«
»Das weiß ich. Gott steh dir bei, mein Freund, das weiß ich.«
Reno, Nevada
Eine Wolke rettete Zeb Lomack. Sie verhüllte den Mond, bevor Zeb seiner Macht wieder vollkommen ausgeliefert war. Als die Himmelslaterne für kurze Zeit abgeblendet wurde, bemerkte Zeb, dass er ohne Mantel in der eisigen Dezembernacht stand und zum Himmel emporblickte, hypnotisiert von den Strahlen des Mondes. Wenn die Wolke ihn nicht aus seiner Trance gerissen hätte, wäre er vielleicht bis zum Monduntergang dort stehengeblieben. Dann wäre er - völlig im Bann seiner Sucht - in eines der mit Bildern der antiken Göttin tapezierten Zimmer gegangen, jener antiken Göttin, die bei den Griechen Selene und bei den Römern Diana geheißen hatte. In diesem Raum wäre er stumpfsinnig gelegen, bis er schließlich -Tage später verhungert wäre.
Aus dem Bann erlöst, stieß Zeb einen gequälten Schrei aus und rannte aufs Haus zu. Er rutschte aus und fiel in den Schnee, stürzte auf den Verandastufen noch einmal, taumelte aber sogleich wieder auf die Beine und suchte verzweifelt Schutz in seinen vier Wänden, wo das Gesicht des Mondes ihn nicht betören konnte. Aber natürlich bot auch das Haus keine Sicherheit, keinen Schutz. Obwohl er sogleich mit geschlossenen Augen begann, die Mondfotos von den Wänden zu reißen und auf den schmutzstarrenden Boden zu werfen, drohte er erneut Opfer seiner Leidenschaft zu werden. Er konnte die Berge und Krater jetzt zwar nicht sehen, aber er fühlte sie. Er spürte das bleiche Licht von hundert Monden auf seinem Gesicht,
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